3K – Massenmedien am Montag

Måns_Zelmerlöw,_Stockholm_Pride_2007Von der Polis, dem Mammon und dem Pöbel

Die vergangene Woche war recht politisch. Das liegt beispielsweise an den ÖH-Wahlen, welche von Dienstag bis Donnerstag über die Bühne gingen und wenig am Status Quo änderten: die AG gewann, die linke Mehrheit hält sich trotz Verlusten, die Wahlbeteiligung nahm erneut ab. Aus Graz wurde eine ungewohnt lange Sonderausgabe von 60 Minuten Politik mit den Spitzenkandidaten und der Spitzenkandidatin zur Landtagswahl gesendet. Die anschließende JournalistInnenrunde lobte Claudia Klimt-Weithalers Auftritt. Doch nicht allein Wahlen oder der Abschuss von Booten sorgten für Debatten. Im Fokus stand natürlich die trashigste HQ-Fernsehsendung der Welt, der 60. Eurovision Song Contest (ESC) in der Wiener Stadthalle.

Dafür, dass man in Wien – abseits des Rathauses, des Roland-Rainer-Platzes sowie diverser Clubs und Öffis – wenig vom ESC-Trubel mitbekam, war das Event recht teuer. Die Tiroler Tageszeitung nannte in einer Beilage vom Dienstag die Summe von 25-27 Millionen Euro. Dem stehen laut IHS Bruttoeinnahmen von 38,1 Millionen gegenüber – und unbezahlbare, doch kostenlose ausländische Berichterstattung. Ein Teil wird allein durch fette Sponsoren – etwa die Post oder die Österreich-Werbung – und Tickets rasch wieder reinkommen. Eine vergleichsweise billige PR-Aktion, welche sicher auch TouristInnen (und damit Geld) nach Wien locken wird, sind die Ampelpärchen. Umso unverständlicher ist es, dass ausgerechnet der Gastgeber des Wettbewerbs die Final-Übertragung mehrmals durch Spots unterbrach. So wurde etwa der Pausen-Auftritt der Wurst – welche „uns den Schaß“ (Andi Knoll) 2014 gewann – erst online und dann in der TV-Wiederholung am Sonntag gezeigt, jedoch nicht live. Der ORF begründete diese undankbare Geste durch die „außerordentliche finanzielle Belastung“ des Events. Im betreffenden Block wurde aber weniger Reklame als ein fast überflüssiger ZIB-Flash mit Roman Rafreider gezeigt. Völlig zurecht zog daraufhin ein Shitstorm in sozialen Medien auf.

Ein ähnlich beschämendes Bild gab der kleine, doch anwesende russophobe Pöbel in der Stadthalle ab, welcher Polina Gagarina bei jeder Gelegenheit ausbuhte (Peinlicher war nur Kati Bellowitsch, welche vom überfüllten Rathausplatz aus 1,6 Millionen Landsleuten und der restlichen TV-Welt mitteilte, sie stehe „in the middle of 25 fans“. Und sie vergab „ten PINTS“. Prost, Kati!). Hier ist wieder mal Conchita zu loben, welche die Russin offensiv verteidigte. Gagarina verdiene es nicht nur, unter den Top 3 zu sein, sondern auch einen Applaus. Im vermeintlich toleranten ESC-Publikum entblösten die HeuchlerInnen ihre rassistischen Fratzen, wie die Wissenschaftlerin Sarah Kerton feststellt.

Der heurige Gewinner Måns Zelmerlöw ist übrigens nicht homophob. Queere Medien sind im Vorfeld für ihn in die Bresche gesprungen und sicherten ihm Unterstützung zu. Das fügt sich in seine Siegesrede: „It’s all about respecting people.“ So sollte es zumindest sein.

PS: Politisch war der ESC so oder so.

 

Beitragsbild: Sascha Schneider – Der Mammon und sein Sklave, ca. 1896. (Quelle: wiki commons)

Foto: Mattias Olsson – Måns Zelmerlöw during Stockholm Pride 2007. (Lizenz: CC BY 2.0; Quelle: wiki commons)

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1 Kommentar

  1. Diesen, meiner Ansicht nach unnötigen Event, hätts auch einfacher und bescheidener geben können. Aber aus Mücken Elefanten zu machen, darauf verstehen Sich unsere Oberwursteln sehr gut. Daß der traditionelle „Russenhass“ schon vor hundert Jahren Uns in den Abgrund führte, vergessen diese Wursteler leider allzuoft. Der Auslandsraport über Homophobie in Russland hätte viel einfacher zuhause, produziert werden können. Denn der Umgang mit HOSI bei Uns ist mindestens so extrem.

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