…nachdem der gestrige Büchersonntag der Sonne im Stadtpark zum Opfer gefallen ist, folgt die Buchempfehlung heute. Diesmal an der Reihe ist Thomas Bernhards „Heldenplatz“, das man schlichtweg gelesen haben sollte, um die Verfasstheit Nachkriegsösterreichs besser zu verstehen.
Von Robert Krotzer
Als Auftragswerk für das Wiener Burgtheater verfasst und 1988 zum 50. Jahrestag des „Anschlusses“ Österreichs an Nazi-Deutschland uraufgeführt, löste es es zwei Jahre nach der Wahl des braun befleckten Kurt Waldheims zum Bundespräsidenten und der beginnenden Debatte über die österreichische Mitverantwortung an den Verbrechen des NS-Regimes einen breiten Skandal aus. Wie sehr die Wogen damals hochgingen, lässt sich auch auf Wikipedia nachlesen.
Nun, aus der Geschichte gelernt haben viele bis heute nicht, aber steter Tropfen höhlt den Stein und manch Sichtweise, die damals geradezu Staatsdoktrin war, ist heute unhaltbar geworden. Vielleicht kann man daraus für die heutigen Auseinandersetzungen etwas mitnehmen. Und auch von den großen Wahrheiten, wie jener:
„Die Industrie und die Kirche sind an dem österreichischen Unglück schuld, die Kirche und die Industrie sind schon immer am österreichischen Unglück schuld gewesen, die Regierungen hängen ja vollkommen von Industrie und Kirche, das ist immer so gewesen und in Österreich ist alles immer am schlimmsten gewesen.“ (Thomas Bernhard, Heldenplatz)
Und als Special gibt’s noch die großartige Landkarte mit Thomas Bernhards Städtebeschimpfungen. Über Graz heißt es in „Heldenplatz“ unter anderem:
„In Graz leben nur Alte und Dumme
hat der Professor immer gesagt
in Graz ist nur der Stumpfsinn zuhause
ich verstehe nicht
daß es Leute gibt
die von Graz begeistert sind“
Aber es gibt Städte, die kommen noch viel schlechter weg:
Bisher:
- „Kinder der Tage“ (Eduardo Galeano)
- „Familie Salzmann“ (Erich Hackl)
- „Deutsche Demokratische Rechnung. Eine Liebeserzählung“ (Dietmar Dath)
- Über Kurt Tucholsky
- „Lenin kam nur bis Lüdenscheid“ (Richard David Precht)
- „Der Aufstand des Gewissens“ (Jean Ziegler)
- „Superhenne Hanna“ (Felix Mitterer)
- „Die Diktatur des Kapitals“ (Hannes Hofbauer)
- „Die schützende Hand“ (Wolfgang Schorlau)
- „Hitler war kein Betriebsunfall“ (Emil Carlebach)
Fotos: Robert Krotzer (fb); Titelbild: Heldenplatz (Alexander Umbricht, gemeinfrei)