Gibt es überhaupt einen stichhaltigen Beweis gegen Dilma?
Nein, es gibt keinen. Sie wurde auf jede Kleinigkeit untersucht, oder besser gesagt, von oben bis unten durchleuchtet, es wurde jedoch nichts gegen sie gefunden. Ein Verbrechen ohne Beweise ist kein Verbrechen des Angeklagten, sondern ein Verbrechen der Ankläger. Die Brasilianische Verfassung beruht nach wie vor auf der Unschuldsvermutung.
Die Vorwürfe sind konstruiert, der Vorwurf der Budgettrickserei “Pedalada Fiscal” ist eine haltlose Anschuldigung. Das Haushaltsgesetz (Fiscal Responsibility Law) hatte niemals die Auslegung, die dem Gesetz hier im Anlassfall gegeben werden soll. Die Auslegung des Gesetzes wird vollkommen verdreht, denn die Ausrichtung geht in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit. Wenn man diese neue Interpretation nun auf alle anwenden würde, dann müsste auch der Vizepräsident Temer mit 16 weiteren Gouverneuren des Amtes enthoben werden.
Es gibt hier einen klar sichtbaren Doppelstandard mit einer selektiven Rechtsauslegung, um ans Ziel zu kommen. Daher ist ein Amtsenthebungsverfahren ohne tatsächlich begangene Straftat nichts anderes als ein Putsch. Es ist eine politische Kampagne von Mehrfachwahlverlierern die unfähig waren, Wahlen auf demokratische Art und Weise, mit ihrer Person und ihrem politischen Programm zu gewinnen. Es geht hier nur um die Erlangung der Macht, und mit diesem Kunstgriff fanden die Verschwörer einen Weg außerhalb regulärer Wahlen.
Und was gibt es über die Korruption der Putschisten zu sagen? Zuhause las ich von den Panama Papers, Geld auf Schweizer Konten, laufende Untersuchungen und so weiter?
Es würde den Rahmen dieses Interviews sprengen, jede belegte strafbare Handlung der involvierten Putschisten aufzulisten. Es stecken jedoch sehr viele dieser rechten Politiker in Untersuchungsverfahren.
Um eine Vorstellung von dem Korruptionsausmaß zu bekommen, kann ich folgendes zusammenfassen: Die Hälfte der Abgeordneten im Unterhaus haben einen Prozess gegen sich laufen, gegen den Präsidenten des Unterhauses, Eduardo Cunha (von der PMDB) wird mehrfach, auch international, ermittelt. Er gilt als der Mastermind des Komplotts, bei ihm laufen alle Fäden zusammen.
Paulo Maluf (85) ist auf der Fahndungsliste von Interpol und kann das Land nicht verlassen, denn ihm droht in 181 Ländern dieser Welt die Verhaftung. Durch seine Wiederwahl genießt er zum einen parlamentarische Immunität, zum anderen gilt in Brasilien die Regelung dass Personen über 70 Jahren keine Haftstrafe mehr antreten müssen.
Gegen 37 der 65 Mitglieder der Amtsenthebungskommission im Unterhaus wird wegen Korruption ermittelt. Und diese Leute sind es nun, die über den Verbleib der nachweislich nicht korrupten Rousseff entscheiden. Um das Sittenbild abzurunden gab es sogar Abgeordnete die selbst über die Amtsenthebung Rousseffs stimmten, und am gleichen Tag auf den Ausgang des Impeachments wetteten.
Bei der Abstimmung im Unterhaus fielen einige Abgeordnete mit ihrem überschwänglichen, „ja“ und besonders theatralischen Begründungen für die Enthebung auf. Die Abgeordnete Raquel Muniz (PSD – Partido Social Democrático) begründete ihr „JA“ zur Amtsenthebung mit den Worten: „Für die Ehre meines Mannes, gegen die Korruption und für ein besseres Brasilien“. Ihr Mann wurde keine 24 Stunden nach ihrer Stimmabgabe verhaftet. Ihm wird die Veruntreuung von Geldern aus dem öffentlichen Gesundheitswesen zur Last gelegt.
Was gibt es für diese Leute zu gewinnen, was erwarten sich die Unterstützer des Putsches?
Viele Mitglieder der Mittel- und Oberschicht brennen darauf, die Sozialen Errungenschaften und Programme zu revidieren, und schlimmer noch, einige Schritte weiter zu gehen.
Unverbesserliche sagen auch, dass sie gerne ihr altes Leben vor Lula und der PT zurück hätten. Das war ein feudales Leben mit billigen Haushaltshilfen, billigen Kindermädchen, billigen Hausmeistern und so weiter. Dieser Lebensstil funktioniert jedoch nur, wenn es ein Überangebot von wirklich sehr armen Menschen gibt, der Mindestlohn aufgehoben ist und das Sozialsystem vollkommen zerstört ist. Es geht ihnen um billige Sklaven, und weniger Steuern.
Seite 3: „Sie glauben an einen wirtschaftlichen Aufschwung durch die Ausbeutung der Armen„