„Sie werden sich wundern, was alles gehen wird“

fpoe_aemter…diese Worte stammen aus dem Mund von Norbert Hofer, dem Bundespräsidentschaftskandidaten der FPÖ, der den ersten Wahlgang deutlich für sich entscheiden konnte. Wenig überraschend bleibe ich der festen Überzeugung, dass ein deutschnationaler Burschenschafter im höchsten Amt der Republik Österreich nichts verloren hat. Das ist eine prinzipielle Frage, aber auch eine von akuter Tragweite: Allen Umfragen nach ist die FPÖ gegenwärtig die mit Abstand stärkste Partei. Mit einem Bundespräsidenten Hofer könnte es noch in diesem Jahr zu Neuwahlen kommen, in deren Folge vermutlich die drei höchsten Ämter der Republik – Bundespräsident, Bundeskanzler, Erster Nationalratspräsident – in den Händen der FPÖ wären. Also in den Händen einer Partei, die in Sachen Abkassieren, Freunderlwirtschaft und Regieren gegen die sozialen Interessen der Menschen den heutigen Regierungsparteien um nichts nachsteht. Einer Partei, in deren Verantwortung mit der HYPO Alpe Adria knapp 20 Milliarden Euro an Steuergeldern versenkt wurden. Einer Partei, die ein mehr als zweideutiges Verhältnis zur braunen Vergangenheit hat und in deren Reihen sich haufenweise Ewiggestrige und Unverbesserliche tummeln. Einer Partei, die seit Jahrzehnten das gesellschaftliche Klima in unserem Land vergiftet, Sündenböcke vorführt, Menschen spaltet und gegeneinander ausspielt.

Wie vergiftet das gesellschaftliche Klima in Österreich gegenwärtig ist, wurde mir vergangene Woche wieder einmal schmerzlich bewusst, als ich mit einem 11-jährigen (!) Schüler ein Gespräch hatte, das sich in etwa so zugetragen hat:

„Herr Krotzer, wenn Sie Gemeinderat sind, kennen Sie sicher den Bürgermeister!?“
„Ja, sicher.“
„Und den Herrn Strach auch?“
„Du meinst den Strache?“
„Ja, den von der FPÖ.“
„Nein, den kenn ich zum Glück nicht persönlich.“
„Achso, Sie sagen ‚Zum Glück‘. Also mögen Sie den auch nicht? Ich mag ihn nämlich nicht. Der sagt, dass wir Ausländer an allen Problemen in Österreich Schuld sind…“

Es könnte einem das Herz zerreißen, in einer politischen Landschaft zu leben, in der man mit 11-jährigen Kindern, die für die Vertreter der FPÖ schlichtweg die „falsche“ Hautfarbe haben, solche Dialoge führen muss.

Ganz zu schweigen davon, welchen Auftrieb es Rechtsextremen und auch offenen Neonazis geben würde, an der Spitze des Staates einen zu sehen, der noch vor wenigen Jahren offen die Abschaffung des NS-Verbotsgesetzes forderte. Schon jetzt spricht die Verdoppelung rechtsextremer Straftaten im abgelaufenen Jahr Bände über das politische Klima in Österreich. In Anbetracht dessen ist es wohl keine besonders gewagte These, davon auszugehen, dass der Erblindungsprozess der staatlichen Organe (die wohlgemerkt auf eine antifaschistische Verfassung vereidigt sind!) am rechten Auge fortschreiten wird.

Ja, wir haben in Österreich gravierende Probleme: Die sozialen Abstiegsängste von Millionen Menschen, die höchste Arbeitslosigkeit der Zweiten Republik oder stagnierende Löhne bei empfindlichen Preissteigerungen von Gütern des täglichen Bedarfs, ganz zu schweigen von der immer krasseren Ungleichheit bei der Verteilung des (enormen) gesellschaftlichen Reichtums. Offen gesagt habe ich nicht die geringste Hoffnung, dass mit der Wahl Van der Bellens, dessen wirtschaftspolitische Vorstellungen eng mit dem Neoliberalismus verwoben sind, diese Probleme gelöst werden könnten. Hier gilt nach wie vor: „Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun!“. Aber natürlich löst auch ein Hofer keines dieser Probleme, schafft aber viele zusätzliche: Ein Vertreter einer stramm rechten Partei kann in den stürmischen Zeiten, denen wir zusteuern, mit den Befugnissen des Bundespräsidenten ausgestattet, durchaus eine Bedrohung für demokratische Errungenschaften werden. Jedenfalls aber wäre er Öl im Feuer autoritärer Entwicklungen. Und er wäre eine wichtige Stütze für einen möglichen Bundeskanzler Strache, der mit einem blauen Bundespräsidenten an der Seite wohl deutlich schwerer wieder aus diesem Amt wegzubekommen wäre.

Es bleibt dabei, dass wir greifbare fortschrittliche Kräfte brauchen, die ohne Wenn und Aber für die sozialen Interessen der breiten Mehrheit der Bevölkerung einstehen und eine wahrnehmbare, bodenständige Alternative zu neoliberalem Establishment und rechten Hetzern gleichermaßen bieten. Dafür braucht es jede helfende Hand und jeden denkenden Kopf, die Zeiten des Zurücklehnens sind vorbei – wie auch immer die Wahl am Sonntag ausgeht!

Morgen aber geht es erstmal darum, zu verhindern, dass wir in den kommenden Monaten und Jahren ein „blaues Wunder“ erleben und Hofer, der ein solches bereits im Wahlkampf als unverhohlene Drohung angekündigt hat, eine Abfuhr erteilen.

Robert Krotzer ist Gemeinderat der KPÖ in Graz

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1 Kommentar

  1. Ich lebe seit 34 Jahren in Frankreich und hoffe mich ab morgen nicht schämen zu müssen Österreicher zu sein

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