Eine Randsportart, die keine sein sollte

„Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut…“, begründete der DFB 1955 das Verbot von Frauenfußball. Heute erlaubt fristet er dennoch ein mediales Schattendasein. Unsere Zeitung will das ändern. – Von Moritz Ettlinger

Vom 16. Juli bis zum 7. August 2017 findet in den Niederlanden die zwölfte Fußball-Europameisterschaft statt. Moment, war die nicht erst vor knapp einem Jahr in Frankreich? Ja, die der Männer. Hier geht es um die Fußball-EM der Frauen. Aber Sie haben’s gemerkt, oder? Wenn man das Anhängsel „der Frauen“ weglässt, wird eine „Fußball-Europameisterschaft“ sofort automatisch zu einem Männer-Event.

Carina Wenninger im Spiel Österreich gegen Frankreich, FIFA Women’s World Cup 2015, Qualifying (Ailura ; Lizenz: CC BY-SA 3.0 AT)

Irgendwie auch wenig verwunderlich, ist der Frauenfußball doch in Europa vor allem in Sachen medialer Aufmerksamkeit, Sponsoring und Zuschauerinteresse (noch) nicht mit dem Männerfußball zu vergleichen. Zu Unrecht, findet Unsere Zeitung und will deshalb in den nächsten Wochen im Vorfeld der Fußball Europameisterschaft der Frauen den Frauenfußball aus dem medialen Schatten herausholen und ihn ein Stück weit dorthin bringen, wo er hingehört: ins Rampenlicht der Fußballwelt, auf eine Ebene mit dem Männersport.

Das klingt vielleicht ein wenig illusorisch, ist aber keinesfalls abwegig. Um zu sehen, dass die Frauen durchaus mit ihren männlichen Kollegen mithalten können, braucht man nur über den Atlantik hinüber in die USA zu schauen. Dort haben die Sportlerinnen die Männer sogar überflügelt, Frauenfußball ist so beliebt, dass Fußball regelrecht eine Frauensportart ist. Wird im Land der unbegrenzten Möglichkeiten also von Fußball gesprochen, sind meist die Frauen gemeint. Ganz im Gegensatz zu Europa.

Lange Zeit galt Frauenfußball als moralisch verwerflich und rang vor allem zu seinen Anfängen um Anerkennung und Akzeptanz. Ausgerechnet in England, dem Mutterland des Fußballs, wurde 1921 Fußball für Frauen von der FA (Football Association) als „nicht geeignet“ abgestempelt und sei deshalb auch nicht förderungswürdig. Auch in Deutschland, mittlerweile mit den USA das erfolgreichste Frauenteam der Welt, beschloss der DFB 1955, kurz nach dem WM-Gewinn der Männer 1954, Frauenfußball zu unterbinden. Mannschaften, die dem DFB angehörten, wurde untersagt, Frauenteams zu gründen oder diesen in irgendeiner Weise zu fördern. Die Begründung war damals so abstrus wie bezeichnend: „Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand.“ Der ÖFB kann sich hierbei genauso wenig mit Ruhm bekleckern, auch er verbot 1957 Damenabteilungen. Erst 1982 wurde die zehn Jahre zuvor gegründete Damenliga offiziell anerkannt, in Deutschland nahm die Frauen-Bundesliga übrigens noch später, nämlich zur Saison 1990/91 ihren Betrieb auf.

Heute ist der Fußball der Frauen theoretisch dem der Männer gleichgestellt, es finden genauso Europa- und Weltmeisterschaften statt, es gibt eine Champions-League, Jugendabteilungen in den Klubs, Akademien und auch das Regelwerk ist mittlerweile dasselbe, was allerdings nicht immer so war.
In der Praxis kämpft der Frauenfußball noch immer darum, von der patriarchalischen „Fußball-Gesellschaft“ ernst genommen zu werden, genauso viel Aufmerksamkeit zu erhalten wie der Männerfußball und nicht mehr als Fußball zweiter Klasse gebrandmarkt zu werden.

Bei der zwölften Fußball-Europameisterschaft der Frauen 2017 wird im kommenden Sommer in 31 Spielen der Sieger aus 16 Mannschaften ermittelt. Welche 16 Teams das sind, wie ihre Chancen stehen, ihre Stars und alles Wissenswerte rund um das Turnier gibt’s in den nächsten Wochen auf Unsere Zeitung.

Titelbild: Sarah Puntigam, Österreich, FIFA Women’s World Cup 2015, Qualifying (Ailura ; Lizenz: CC BY-SA 3.0 AT)

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