Die Linzer KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn im Gespräch über den „Tag der Arbeit“ in der oberösterreichischen Landeshauptstadt, linke Arbeit im Gemeinderat und Gegenmodelle zur rot-blauen Law-and-Order-Politik in Linz. Interview: Danijel Jamrič
Frau Grünn, Sie sind als einzige Mandatarin der KPÖ im Linzer Gemeinderat vertreten. Wie nehmen Sie die Entwicklung des 1. Mai als Kampftag der Arbeiterschaft persönlich wahr?
Da ich im linken Milieu aufgewachsen bin, habe ich den 1. Mai schon als Kind miterlebt – damals noch ganz traditionell mit vielen roten Fahnen, Transparenten und Reden. Nach meinem Studium der Geschichte in Graz und meiner Rückkehr nach Linz hat sich das Bild des Tages der Arbeit merklich geändert. Es ist nicht mehr ein Aufmarsch der Arbeiterbewegung im traditionellen Sinne, sondern umfasst eine breiteres Spektrum an politischen Themen wie etwa Migration oder die Prekarisierung weiter Teile der Gesellschaft.
Welche Aktivitäten wird es heuer in Linz neben dem traditionellen Aufmarsch der SPÖ geben?
Das Bündnis „Mayday“ veranstaltet auch heuer wieder eine alternative 1.-Mai-Demonstration mit den Schwerpunkten soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte und Arbeitszeitverkürzung. In diesem Bündnis sind neben der KPÖ auch grüne Gewerkschafter, der migrantische Verein maiz, der Gewerkschaftliche Linksblock und weitere Organisationen vertreten. Um 10:30 Uhr gibt es den Treffpunkt im Schillerpark, um 11:45 Uhr folgt die Demonstration auf der Landstraße und um 12 Uhr die Kundgebung am Hauptplatz.
Welche Themen beschäftigen Sie derzeit im Gemeinderat von Linz?
Wir KommunistInnen haben einen sozialen, verkehrspolitischen und einen antifaschistischen Schwerpunkt. Der erste betrifft die aktuelle stattfindende Kürzungspolitik der rot-blauen Koalition in Linz. Vor allem engagieren wir uns, dass der Linzer Aktivpass nicht wie vorgesehen gekürzt wird. In Linz haben rund 40.000 Menschen den Aktivpass, der als soziale Maßnahme den Zugang zum öffentlichen Verkehr sichern soll. Der nächste Schwerpunkt betrifft verkehrspolitische Themen. Linz ist nach wie vor eine klassische Autofahrerstadt, einhergehend mit Parkplatzproblemen, Umweltverschmutzung, der Vernachlässigung des öffentlichen Verkehrs und der FußgängerInnen und RadfahrerInnen. Diesem Status Quo wollen wir entgegen steuern. Der dritte Schwerpunkt ist klassische antifaschistische Arbeit, indem wir permanent auf rechtspopulistische und rechtsextreme Tendenzen aufmerksam machen.
Welche Entwicklungen beobachten Sie noch im sozialpolitischen Bereich?
Mir ist sehr wichtig, dass die Law-and-Order-Politik, die in den letzten Jahren völlig durchgebrochen ist, wieder zurückgebaut wird. Konkret bedeutet das für mich die Abschaffung der Stadtwache. Es muss sich eine Konfliktkultur entwickeln, die nicht in erster Linie auf Maßnahmen dieser Law-and-Order-Politik setzt, sondern auf Maßnahmen im Sozialen. Für diese Akzentverschiebung hin zum sozialpolitischen wäre die Stadt Linz verantwortlich. Es ist dies auch eine der Forderungen, die wir am 1. Mai auf der Straße zur Sprache bringen werden.
Und eine Woche später gibt es den nächsten wichtigen Termin für die Linke…
Richtig, für den Tag der Befreiung mobilisieren wir zur Befreiungsfeier nach Mauthausen, dem ehemaligen Konzentrationslager in der Nähe von Linz. Die Befreiungsfeiern zählen für mich schon seit Jahren zu den eindrucksvollsten antifaschistischen Veranstaltungen in unserer Gegend.
Foto: Gerlinde Grünn (privat); Titelbild: Linz (yeung ming/flickr.com; Lizenz: CC BY 2.0)
UZ-SERVICE – Veranstaltungen zum „Tag der Arbeit“ in Linz:
9.00 Uhr:
SPÖ Linz – Festzug über die Landstraße, ab 11 Uhr: Festreden am Hauptplatz
10.30 Uhr:
Mayday 2017: Alternative 1. Mai Demo, Treffpunkt: Schillerpark, anschließend Demonstration auf der Landstraße zum Hauptplatz, ab 14 Uhr: Mai- und Straßenfest in der Melicharstraße
11.30 Uhr:
Demo: Internationalistischer 1. Mai 2017, Auftakt: Musiktheater am Volksgarten, anschließend Demonstration in Richtung Hauptplatz