Rekordmeister und Reizfigur. Jahrzehntelang galt der EC KAC als Nonplusultra im österreichischen Eishockey. Das Goldene Zeitalter der Rotjacken aus Klagenfurt scheint nunmehr vorbei zu sein.Die Performance des Teams ist Resultat einer jahrelangen Fehlentwicklung.
Am 3. Jänner duellierten sich der KAC und Erzrivale Villacher SV vor fast 30.000 Zuschauern im Klagenfurter Wörthersee Stadion. Villach gewann das „Winter Classic“ souverän mit 4:1. Das Sportevent der Superlative wurde für die Gastgeber vom Highlight zum Tiefpunkt. Während Villach auch das dritte Duell der laufenden Saison für sich entscheiden konnte, muss der KAC nun im unteren Tabellendrittel um die Play-Off-Teilnahme zittern.
From Hero to Zero
Die vergangene Saison wurde für den KAC zum Debakel. Anstatt wie von Anhängern und Verantwortlichen gefordert um die Meisterschaft mitzuspielen, erreichte man gar nicht erst die Play-Offs. Während für andere Teams die heißeste Phase der Saison begann, konnte man in der Klagenfurter Messehalle das Eis abtauen. Eine wenig schmeichelhafte Saison für den Rekordmeister, wurde man noch ein Jahr zuvor nicht müde, sich im Zuge von Meisterschaft Nummer 30 im Glanz dieses Titels zu baden. Doch schon 2012/13 lief es nicht wirklich rund für die „Rotjacken“, mit dem Gewinn der Meisterschaft konnte allerdings noch kaschiert werden, was ein Jahr später zum Ausbruch kam. Nun droht dem KAC eine Wiederholung des Krisenjahres.
Dies kommt nicht von ungefähr. Fehler, die seit mehreren Saisonen mitgetragen wurden, haben sich zu einem Rucksack voller Probleme angehäuft.
Lähmende Langzeitverträge
Bereits einige Jahre vor dem letztmaligen Verpassen der Play-Offs (2013/14) gestaltete sich die Leistung der Klagenfurter als sportliche Berg- und Talfahrt. Als Reaktion avancierte KAC-Urgestein Manny Viveiros vom Spieler zum Trainer des Vereines. Der Austro-Kanadier, der schließlich mit einem komfortablen Vertrag bis 2015 ausgestattet wurde, konnte zwar einen Meistertitel holen, die Probleme in Klagenfurt konnte er aber nicht beheben. Er wurde schließlich auf den Posten des Sportdirektors abgeschoben, bevor man sich ganz von ihm trennte. Der Fall Viveiros ist symptomatisch für die Politik des KAC, Langzeitverträge auszuteilen, die sich oft rächen.
Neben Viveiros kam auch Verteidiger Mike Siklenka in die Gunst eines solchen „Rentenvertrages“. Bis 2016 läuft der Kontrakt des Kanadiers noch, der 2010 nach Klagenfurt zurückkehrte. Seine Leistung ist seitdem durchwachsen. Anstatt seinen Körper und seine Offensivstärke auszuspielen, wirkt Siklenka behäbig und lustlos. Neuzugang Jean-François Jacques wurde aus dem Stehgreif mit einem Zweijahresvertrag plus Option ausgestattet. Zwar ist der Stürmer aktuell zweitbester Torschütze seines Teams, mit seiner Spielweise konnte er bisher aber nicht überzeugen. Tatsächlich zeigte Jacques kaum etwas, dass seinen Vertrag rechtfertigen würde.
Eine Frage ohne Antwort: Die Trainerfrage
Viveiros, Weber, Olssen, Stloukal, Mason. Seit Many Viveiros konnte sich kein Trainer beim KAC etablieren. Mit dem Ausscheiden nach dem Grunddurchgang im vergangenen Jahr und dem damit verbundenen Willen zum Neustart trafen die Verantwortlichen in Klagenfurt auch am Trainersektor eine mutige Entscheidung – und scheiterten grandios. Der Tscheche Martin Stloukal wurde neuer Trainer – und nach einer 0:9 Heimniederlage gegen Linz nach nur vier Runden gefeuert. Taktisch konfus habe er agiert, mit den Spielern im Training zu forsch agiert – diese und andere Vorwürfe kursierten durch Medien und Fanlager. Unbestritten ist, dass Stloukal mit der Degradierung Dieter Kalts zum Jugendtrainer und dem Versuch, seinen Sohn als Spieler beim KAC unterzubringen, für einiges an Unverständnis gesorgt hat. Als Kalts Nachfolger beförderte Stloukal die KAC-Legende Gerald Ressmann hinter die Bande der Kampfmannschaft. Gemeinsam mit dem Tschechen musste auch Ressmann den Hut nehmen. Eine Geschichte, die ihre Fortsetzung mittlerweile vor dem Arbeitsgericht findet.
Die Nachfolge von Stloukal trat der erfahrene Trainer Doug Mason an. Während zu Beginn seiner Tätigkeit kleine Fortschritte erkennbar schienen, wirken Masons Diagnosen nunmehr wie reine Durchhalteparolen. Auch er kann der Mannschaft kein System aufzwingen. Zu lasch und nachsichtig sei er im Umgang mit den Spielern, heißt es. Liegt das Problem also woanders? Zuletzt entzündete sich der Unmut der Fans an durch die Medien kursierenden Aussagen von KAC-Manager Oliver Pilloni: Die Spieler hätten, anstatt vor dem „Winter Classic“ ernsthaft zu trainieren, lieber mit ihren Familien Runden am Eis gedreht. Zudem sei ihnen der Zugang zum VIP-Bereich im Stadion mehr am Herzen gelegen, als das Spiel selbst.
Krisenherd Kabine
Dass die Stimmung innerhalb der Mannschaft schon länger schlecht sei, ist ein Gerücht, das von Seiten der Fans ebenfalls am Köcheln gehalten wird und mittlerweile auch Einzug in die mediale Berichterstattung gehalten hat. Einige Starspieler verdienen angeblich ein Vielfaches ihrer Teamkollegen – bei kaum unterscheidbarer Leistung. Von Teamfeeling sei in der Kabine des KAC ebenfalls wenig zu merken. Ob man den Gerüchten Glauben schenkt oder nicht: Fakt ist, dass Hoffnungsträger wie Thomas Koch oder Thomas Pöck weit hinter den Erwartungen blieben und auch Jamie Lundmark, wenngleich heuer einer der wenigen Lichtblicke im Dress der Klagenfurter, nicht mehr an seine Debutsaison anschließen konnte. Einsatz und Leidenschaft vermisst man im Spiel des KAC. Wichtige Spiele, wie das Open-Air-Derby gegen den VSV, aus denen man Selbstvertrauen ziehen könnte, werden verloren.
Mangelware Identifikationsfiguren
Mit dem Auslassen der einheimischen Stars sinkt auch der Identifikationsfaktor des Teams. Aus dem Jugendbereich, einst das Herzstück des KAC, kommen zu wenige talentierte Spieler nach. Die, die in die erste Mannschaft aufrücken, werden nicht selten zu Bauernopfern und nach durch vermeintliche Leistungsträger verschuldeten Rückständen nicht mehr eingesetzt. Auch hier wurde es über die letzten Saisonen verabsäumt, Jugendspieler konsequent an die Kampfmannschaft heranzuführen. Dies mutet umso bitterer an, da ein Großteil der heuer verpflichteten Legionäre nicht mehr als mittelmäßige Leistungen zeigt.
Dies hat zur Folge, dass das Verständnis der Fans für die schwachen Leistungen ihres Teams schwindet. Im Heimspiel gegen Linz legten die Anhänger demonstrativ eine Phase des Schweigens ein. Auf wenig Anklang stieß zuletzt auch eine Stellungnahme des KAC zur aktuellen Situtation. Die Kommentare auf facebook fielen zu einem Großteil negativ aus: „leere Worte“ und „Lufblasen“ seien es, die man den Fans auftischt.
Quo vadis, KAC?
Ein Tabellenplatz unter den ersten sechs und die damit verbundene direkte Qualifikation für das Viertelfinale ist für den KAC in der laufenden Saison realistisch betrachtet nicht mehr möglich. Die schlimmsten Prognosen scheinen sich für die Klagenfurter nun zu bewahrheiten. Für die Verantwortlichen im Management des KAC wird ein Paradigmenwechsel nötig sein. Trennt man sich nicht von lustlosen Altstars und wagt man sich nicht an einen Neuaufbau, wird der KAC auch in der kommenden Saison einen Rucksack an Problemen mit sich tragen. Da ein solcher Neuaufbau aber Zeit braucht, werden auch die Anhänger des Rekordmeisters einen Paradigmenwechsel vollziehen müssen. Das Nonplusultra des österreichischen Eishockeys könnte in den kommenden Jahren des Öfteren als Underdog auflaufen, der sich über die kleinen Erfolge hin zu einem weiteren Meistertitel kämpfen muss.
Text: Alexander Melinz
Foto: Alex Micheu / Creative Commons 2.0
Siehe auch: Unsere Zeitung-Serie zum Start der österreichischen Eishockey-Liga