Sieben gängige Ausreden von Nichtwählern oder warum man am Sonntag bei den niederösterreichischen Gemeinderatswahlen doch nicht nicht wählen gehen sollte
Ein Kommentar von Andreas Haker*
Lange sind die Zeiten vorbei, in denen der Aufruf zur Beteiligung an demokratischen Wahlen unnötig war, weil es ohnehin eine Selbstverständlichkeit war, zu wählen. Heute ist dem leider nicht mehr so – verschiedenste Motive halten die Leute von den Urnen fern – sei es Verdrossenheit, Desinteresse, die irrige Vorstellung damit „eine Meinung kund zu tun“ oder schlichte Faulheit.
Im Beitrag möchte ich euch einige Gründe dafür nennen, warum es meiner Meinung nach wichtig ist, am Sonntag den Gang ins Wahllokal, auch bei dem angesagten schlechten Wetter, auf sich zu nehmen und eine gültige Stimme abzugeben. Aber nicht auf dem gewohnten Wege der Bitte: „Geht wählen!“, sondern mal etwas anders.
Warum sollten wir also wählen gehen? Bevor ich jetzt die Töne anstimme, die man sowieso von allen Ecken und Enden hört, stell ich mal lieber die Frage in den Raum warum wir nicht nicht wählen gehen sollten – und zwar anhand von sieben gängigen Ausreden von Nichtwählern:
„Die Politiker tun ja sowieso was sie wollen“
Wo kämen wir denn hin, wenn die Politiker nicht täten, was sie wollen? Immerhin haben sie ja in Programmen geschrieben was sie wollen – und aus diesen Programmen können sich die WählerInnen und Wähler aussuchen welche Partei wir wollen. Wenn keine eindeutigen Mehrheitsverhältnisse entstehen, müssen eben unter den Parteien entsprechende Kompromisse gefunden werden – deshalb ist es oft nicht möglich, alle Punkte eines Programmes auch tatsächlich sofort und unverändert in die Tat umzusetzen. Ein Grund mehr, warum eindeutige Mehrheitsverhältnisse durchaus ihre Vorzüge haben. Was aber jedenfalls sicher ist: Nichtwähler sind die einzige Gruppe, die garantiert nicht bekommen was sie wollen.
„Es ist sowieso egal wer regiert – machen ja alle das Gleiche“
In vielen Punkten gibt es Übereinstimmungen zwischen den Zielen der verschiedenen Parteien – keine Frage – gerade in der Kommunalpolitik ist das oft so. Der Weg zur Erreichung dieser Ziele ist jedoch oftmals ein völlig anderer, der unterschiedliche Gruppen bevorzugt oder auch benachteiligt. Am Beispiel von Amstetten, sind sich zum Beispiel (fast) alle Parteien einig, dass das Verkehrskonzept überdacht werden muss und zusätzliche Parkplätze für die Innenstadt dringend notwendig sind. Die Lösungswege sind allerdings sehr unterschiedliche – vor allem was das Kosten/Nutzen-Verhältnis anbelangt.
Was die persönliche Eignung der Kandidatinnen und Kandidaten zum Gemeinderat angeht, gibt es auch augenscheinlich große Schwankungsbreiten – am Besten kann man sich davon überzeugen, wenn man persönlich zu einer der (grundsätzlich öffentlichen) Gemeinderatssitzungen geht und sich das ansieht, was man dort alles erleben kann.
„Meine Stimme ändert sowieso nichts“
Ob sich das die WählerInnen und Wähler in diesem Fall auch gedacht haben? Es wäre nicht das erste Mal, dass genau eine Stimme über Mandate und Mehrheiten entscheidet. Klar ist man nur „Eine/r unter Vielen“, aber jede Stimme hat den gleichen Wert.
„Das Wetter is so grauslich“
Wer das sagt, den/die muss ich schon ernsthaft fragen, ob er/sie mich denn verar***en will … In anderen Ländern werden Wahllokale überfallen und Wähler mit der Ermordung bedroht, Finger abgeschnitten etc. – in Österreich besteht das größte Risiko, dass wir nass werden könnten am Weg zur Wahl? Ist das tatsächlich dein Ernst? Für unsere Demokratie haben Menschen gekämpft und ihr Leben geopfert und du willst einfach nur nicht nass werden?
„Da hab ich sowieso nichts davon, was hat die Gemeinde je für mich getan?“
Setz dich kurz nach dem Aufstehen in der Früh mal hin … wo sitzt du gerade? Wo fließt das hin? Bingo! Schon bei den alltäglichsten Dingen, über die wir eigentlich nicht so genau Nachdenken (wollen), haben wir was von unserer Gemeinde. Ich möchte nicht wissen, wie die Welt aussähe, wenn es Dienste wie Abwasserversorgung oder eine Müllabfuhr nicht gäbe – es keine Straßen und Gehwege gäbe, niemand für die Erhaltung von Schulen und Kindergärten sorgen würde…. fesch wär’s jedenfalls ned. Das ist zwar nicht die Tätigkeit der Gemeindepolitiker, sondern der Gemeindebediensteten, aber ohne eine zentrale Organisation wäre das alles nicht möglich. (Bei der Gelegenheit auch gleich mal ein Dank an alle Gemeindebediensteten für ihre Arbeit!) Wir haben also ALLE etwas davon – dann können wir auch Mitbestimmen, wie das gemacht wird – was wollen wir mehr?
„Das ist sowieso alles so kompliziert – wie soll ich etwas wählen, was ich nicht verstehe?“
Viel Zeit ist zwar jetzt nicht mehr, aber die Kandidatinnen und Kandidaten der Parteien sind sicherlich auch gewillt, ihre Programme einfach und verständlich zu erklären. Sollte euch das Nachfragen zu Umständlich sein, könnt ihr euch Punkte rauspicken, die ihr Versteht und zu denen ihr eine Meinung habt – und dann schaut mal, welche Partei die in der Gemeinde wie umsetzen will.
„Programme lesen? Das klingt anstrengend“
Nicht mal das ist nötig – ein paar einfache Google-Abfragen und schon weiß man was die Parteien wollen. Das ist in etwa so anstrengend wie das Fernsehprogramm für heute Abend zu suchen.
ALSO AUF ZUR WAHL! Die Ausreden ziehen nicht mehr ;-)
Übrigens: Jedem ein Kreuzerl geben, oder kein Kreuzerl machen oder irgendwie anders ungültig wählen ist in etwa so Sinnvoll wie gar nicht wählen – die ungültigen Stimmen werden zwar bei der Zählung erfasst – aber etwaige Botschaften auf dem Stimmzettel finden genausowenig öffentliche Beachtung wie die Zahl der ungültigen Stimmen.
*Andreas Haker ist Gemeinderat der SPÖ in Amstetten
Zuerst erschienen auf derhaker.at unter dem Titel „Am Sonntag wählen gehen!“
Foto: Stimmzettel Nationalratswahl 2002 by Hermann A.M. Mucke (Public Domain)