Ein Buch für alle, die sich nichts vormachen lassen
Die Unruhe vom Ferkel und dem kleinen Igel beginnt mit einem Plakat, das von Unbekannten über Nacht an ihrer Hauswand angebracht worden ist und sie aus ihrer gemütlichen Zufriedenheit reißt. „Wer Gott nicht kennt, dem fehlt etwas.“, behauptet das Plakat. Da die Zwei noch nie etwas von diesem Gott gehört haben, machen sie sich auf dem Jahrmarkt der Heilsversprecher und Gesundbeter auf die Suche. Doch die Geschichten der Vertreter der großen Religionen über diesen Gott erwecken bei ihnen nicht den Eindruck, als würde ihnen etwas fehlen. Der Rabbi erzählt ihnen die Geschichte der großen Sintflut, was angesichts der Vorstellung zahlreicher ertrunkener Babys, Omas, Ferkel, Igel und Meerschweinchen für Empörung bei den Zweien sorgt. Auch der Anblick des gekreuzigten Jesus und der rituelle Kannibalismus der Christen machen Ferkel und Igel nur Angst. Sie fassen ihren ganzen Mut zusammen und besuchen das letzte Gotteshaus. Doch auch das fünfmalige Beten und Waschen am Tag scheint keinen Sinn zu machen, und so fragen die Zwei, ob diese Regeln nicht nur von einem fantasievollen Propheten stammen würden. Doch Fragen führen in jedem Gotteshaus zu cholerischen Ausbrüchen, und die Zwei treten auch dieses Mal die Flucht an. Dass unangenehme Fragen in keiner Religion gewünscht sind, wird den Zweien deutlich, als ihnen die erzürnten Religionsvertretern wegen Gotteslästerung nachjagen. Glücklicherweise führt das Zusammentreffen der verschiedenen Religionsvertreter zu einem kleinen Religionskrieg, und Igel und Ferkel machen sich heimlich aus dem Staub.
Die Zwei ziehen sich in ihr abgelegenes Häuschen zurück und kommen zu dem Schluss, dass ihnen dieser Gott wirklich nicht fehlt. Das Ferkel tippt sich an die Stirn und erklärt fröhlich: „Es müsste eigentlich heißen: ,Wer Gott kennt, dem fehlt etwas!‘ Nämlich hier oben“.
Würden wir in einer Welt leben, in der Religionsvertreter nur durch ihren schrulligen Kleidungsgeschmack und ihren erstaunlich dummen Wortmeldungen auffallen, und nicht mit ihren steinzeitlichen Anschauungen unsägliches Leid über die Menschheit bringen, wäre mit diesem Buch alles gesagt, was man über Religion wissen muss. Doch so greift es leider zu kurz, weil die Darstellung über die wirklichen Grausamkeiten schon Erwachsenen kaum zumutbar ist. All jenen aber, die ihren Kindern schon früh eine kritische Distanz zu religiösem Aberglauben nahe bringen wollen, sei dieses humorvolle Buch wärmstens empfohlen. Schade ist, dass scheinbar viele Menschen nicht zur gleichen Erkenntnis wie Ferkel und Igel fähig sind.
Michael Schmidt-Salomon: Wo bitte geht’s zu Gott fragte das kleine Ferkel. Ein Buch für alle, die sich nichts vormachen lassen, Alibri Verlag 2007.
Schmidt-Salomon ist Mitbegründer und Vorstandssprecher der 2004 gegründeten Giordano-Bruno-Stiftung. Weitere ausgewählte Bücher sind Stollbergs Inferno (2003), Manifest des evolutionären Humanismus (2005), Jenseits von Gut und Böse (2009) oder Keine Macht den Doofen (2012). Die Illustrationen stammen von Helge Nyncke. Eine weitere Zusammenarbeit von Schmidt-Salomon und Nyncke ist das Kinderbuch Die Geschichte vom frechen Hund (2008).
Rezension: Hannah Wahl