Kärnten wählt. Am 1. März werden einmal mehr die Bürgermeister von insgesamt 132 Gemeinden ernannt und über die Konstellationen der jeweiligen Gemeinderäte entschieden. In der Landeshauptstadt Klagenfurt/Celovec mit dabei ist auch Linx, ein Bündnis von KPÖ und Parteilosen, das schon bei den vergangenen Kärntner Landtagswahlen 2013 als Allianz Soziales Kärnten auftrat. Spitzenkandidatin ist Cristina-Annamaria Tamas, die in der Hauptstadt um den politischen Einfluss der Linken kämpft und – wenn auch nicht primär – für das Bürgermeisterinnenamt kandidiert. Sie ist damit eine der lediglich 35 weiblichen Kandidaten, die um die Stimmen der rund 465.000 Wahlberechtigten Kärntner buhlen. Der Großteil der Kandidaten, 397 an der Zahl, sind Männer.
Kärntens Triple A: Armut, Arbeitslosigkeit, Abwanderung
Politische Arbeit gäbe es für die aus Rumänien stammende Linx-Spitzenkandidatin Tamas in Kärnten auf jeden Fall zuhauf. Denn das südlichste österreichische Bundesland leidet nicht nur einer am bundesweiten Durchschnitt gemessen hohen Arbeitslosigkeits- und Abwanderungsrate, sondern auch an einer wachsenden Zahl an von Armut bedrohten oder betroffenen Menschen. Etwa 90.000 Menschen in Kärnten sind armutsgefährdet, die meisten davon Frauen, meldete Landesrätin Beate Prettner im Dezember 2012. Fälle, in denen betroffenen Familien mit Kindern der Strom abgedreht wird, finden sich regelmäßig in den Herbst- und Wintermonaten – also dann, wenn es bekanntlich unangenehm kalt werden kann. Cristina Tamas hat Armut in Kärnten darum zu jenem Problem erhoben, das sie mit Linx zuerst bekämpfen will: „Wir stehen für eine Grundsicherung in Höhe der Existenzgrundlage, die das Wohnrecht sichert, Delogierungen entgegenwirkt, und das Abschalten von Strom und Heizung erst nicht möglich macht“, erklärt die Kandidatin ihr politisches Rezept.
Nun werden Armut und Abwanderung meist durch ein mangelndes Angebot an Arbeitsplätzen verursacht – ein Problem, das den auf wackeligen Beinen stehenden Wirtschaftsstandort Kärnten schon seit Jahrzehnten enorm zusetzt. Jeder siebente Kärntner ist arbeitslos und täglich verlassen bis zu vier junge Kärntner ihr Land. Zumindest für die Landeshauptstadt Klagenfurt/Celovec kann sich Tamas eine rasche Arbeitsplatzbeschaffung vorstellen, etwa durch die Rückführung ausgelagerter städtischer Dienstleistungen an stadteigene Betriebe, durch einen gemeindeeigenen öffentlichen Verkehr oder durch Aufrechterhaltung der Wohninfrastruktur von lokalen Handwerksbetrieben: „Das wäre dann ein wirksamer Beitrag zur Attraktivierung der Stadt als Lebensort und der Reduzierung der Arbeitslosigkeit und somit der Abwanderung durch die kommunale Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik.“
Stimmenlos trotz Krise?
Doch dem Wahlbündnis LinX Klagenfurt liegt ein Problem zugrunde, das aufmerksame Beobachter der österreichischen Linken seit jeher kennen: Trotz den Programmschwerpunkten soziale Gerechtigkeit, leistbares Wohnen, Mobilität für alle üben Parteien wie KPÖ, SLP, Der Wandel, Piraten oder linke Bündnisse a la Europa Anders oder ASOK in Österreich im allgemeinen und in Kärnten im speziellen nur geringen politischen Einfluss aus. Doch warum ausgerechnet in Kärnten, in dem sich soziale Probleme und Ungleichheiten von Jahr zu Jahr besonders verschärfen? „Eine Besonderheit für uns in Kärnten stellt die faschistische Vergangenheit mit seiner minderheitenfeindlichen Orientierung dar. Man braucht sich nur den Kärntner Heimatdienst anschauen oder die Angst vor dem Tito-Kommunismus, die jahrelang gepredigt wurde“, kritisiert die Kärntner Linke. „Durch diese Atmosphäre der besonderen Art und die Perspektivenlosigkeit wandern immer mehr fortschrittliche und qualifizierte Menschen ab“, erklärt Cristina Tamas und fügt damit dem oben ausgeführten „Triple A“ auch noch eine mangelnde Bereitschaft Kärntens zur Vielfalt hinzu, das sich dann wieder negativ auf das dort herrschende politische und gesellschaftliche Klima auswirke.
Syriza als europäisches Zugpferd
Einen Hoffnungsschimmer erkennt Cristina Tamas aber in der allgemeinen europäischen Umbruchstimmung. Mit Blick auf die jüngsten Wahlergebnisse in Griechenland, wo die Radikale Linke Syriza als stärkste Kraft hervorging, könne sich auch die Stimmung in Österreich langsam, aber sicher ändern. Tamas: „Selbstverständlich wirkt sich die griechische Wahl positiv auf Europa aus, wie die Umfragen in Spanien oder die letzte Wahl in Hamburg – mit zwei Prozent Zugewinn für Die Linke – zeigen. Auch Brüssel steht unter Zugzwang, da die Entschuldungsdiskussion neue Dimensionen annimmt.“ So klingt also Hoffnung! Bliebe nur noch das Argument der verlorenen Stimme, das einer österreichischen Linken immer wieder aufs Neue den Wind aus den Segeln nimmt – denn tatsächlich wählt die bürgerlich orientierte Linke in Österreich lieber die Grünen, anstatt ihre Stimme an Kleinparteien zu „verschwenden“. Ein Zustand, den Tamas so aber nicht stehen lassen möchte: „Die Grünen passen sich, leider, an die bestehende Machtstrukturen an. Selbst ihre Umweltpolitik macht vor der Kapitalismuskritik halt.“ In Kärnten sei die LinX also das einzige Wahlbündnis, das sich dem Neoliberalismus kompromisslos entgegenstelle und die Menschen vor Profitinteressen in den Vordergrund rücke, erklärt Tamas. Damit erhofft sich die LinX-Kandidatin bei der anstehenden Wahl etwa 2.000 Stimmen und damit laut eigenen Berechnungen den Einzug in den Gemeinderat der knapp 100.000 Einwohner zählenden Hauptstadt Klagenfurt.*
Text: Danijel Jamrič
Fotos: Linx (fb-Seite)
* In einer früheren Version stellten wir folgende Rechnung auf: „In der knapp 100.000 Einwohner zählenden Hauptstadt Klagenfurt wären das also 2 Prozent und damit ein verfehlter Einzug in den Gemeinderat.“ Laut Tamas sind bei knapp 80.000 Wahlberechtigten und einer Wahlbeteiligung von – wie bisher – unter 50% – großzügig gerechnet 2.000 Stimmen aber etwa 4 Prozent. Da keine Prozenthürde überwunden werden muss, sei gemäß d’Hondt-schen Verfahren der Einzug in den Gemeinderat sogar mit 2 Mandaten möglich.