Die spanische Gruppierung greift auf die Lehren der lateinamerikanischen Linken zurück
Von Bécquer Seguín, New York / Übersetzung: Julian Traublinger (Jacobine Magazine/amerika21)
„Unsere Leute gewinnen hier“, hieß es in einer Mitteilung von Pablo Iglesias an Íñigo Errejón Anfang Dezember 2005. Iglesias befand sich in Bolivien und konnte dort den Ablauf der Präsidentenwahl aus der Nähe beobachten. Als spanischer Politikwissenschaftler und amtierender Vorsitzender der linken Partei Podemos war Iglesias nach Bolivien gekommen mit dem Plan einen akademischen Aufsatz über eine aufstrebende Partei namens Bewegung zum Sozialismus (MAS) zu schreiben. Diese Partei bekam letztlich die Chance zu regieren.
Diese Formation brachte einen indigenen Präsidentschaftskandidaten, Evo Morales, hervor, in einer Nation, deren politische und wirtschaftliche Organisationen von einer kreolischen Elite dominiert worden waren, seit Simon Bolívar das Amt des ersten Präsidenten von Bolivien 1825 besetzte.
Zudem wurde ihr Vizepräsidentschaftskandidat, Álvaro García Linera, in den 1990er Jahren unter dem Vorwurf inhaftiert, an der radikalen Tupac-Katari-Guerillaarmee beteiligt gewesen zu sein. Am 18. Dezember 2005 wählten die Bolivianer die MAS mit 53,7 Prozent der Stimmen. (Ihre Mitte-rechts-Gegner, die sich ironischerweise Podemos nannten, erreichten 28,6 Prozent.)
Der MAS-Sieg auf der Basis der weltweiten Proteste für eine alternative Globalisierung, die sich von Seattle, Washington nach Porto Alegre in Brasilien erstreckte, zeigte, dass die Linke imstande war, politische Empörung in institutionelle Macht zu verwandeln
Deshalb war Iglesias dort: Um herauszufinden, wie die MAS Boliviens Indigene und Arbeiterbevölkerung so machtvoll mobilisierte. Er und seine Kollegen waren entschlossen, der spanischen Linken die eurozentristische Brille zu entreißen und die bolivianischen sozialen Bewegungen für diejenigen verständlich zu machen, die ebenso wünschten, den Neoliberalismus in Europa zu bekämpfen.
Gemeinsame politische Lektionen
Bild: Anführer der Podemos, Pablo Iglesias (rechts), und Boliviens Vizepräsident Álvaro García Linera vergangenen Herbst (Quelle: jacobinmag.com)