Frauen und Medien
Zuletzt wurde an dieser Stelle Christina Pausackls Sozialreportage aus Traiskirchen gelobt. Noch ein Verweis auf weitere tolle Kolleginnen dieser Tage: Aleksandra Tulej verurteilt im neuen biber zurecht Gaffer, Grabscher und andere Sexisten. Die Spira portraitierte sieben neue einsame Herzen, darunter eine zu fröhliche Therapeutin und einen steirischen Wunderheiler. Dem DATUM, wo Pausackl arbeitet, lieferte Andrea Backhaus eine spannende Story aus Kairo. Zurück nach Europa.
Kuschelpropaganda
Berlin ist mit einer PR-Kampagne auf Ländertour, genannt „Gut leben in Deutschland“. Angela Merkel hat im Rahmen dieser Provinz-Roadshow am Mittwoch ein Flüchtlingsmädchen zum Weinen gebracht. Zwei Tage zuvor publizierte LeFloid – bürgerlich Florian Mundt – auf seinem YouTube-Kanal ein Interview mit der Kanzlerin. Mutti nutzte das Gespräch als kostenlose Reklame für die Roadshow. Und sie hatte damit Erfolg.
Nun kann man LeFloid natürlich für das (mit der Netzöffentlichkeit vorbereitete) Interview kritisieren. Dafür, dass er einige Antworten einfach durchwinkte etwa. Oder die Meute erkennt an, dass Mundt auf YouTube neunmal so viele Menschen folgen wie im Burgenland leben; dass das Video mit gut 31 Minuten deutlich länger ist als übliche Clips des Studenten; dass er kein Reporter ist noch sein will. Daher gelten journalistische Maßstäbe hier nur bedingt. (Man kann ihn sogar für die Mobilisierung Jugendlicher loben.)
Mundt ist in erster Linie
#primagemacht
Dies führt uns zum Flüchtlingskind zurück. Dieselben Medien nämlich, welche LeFloid ironisch mit Claus Klebers Duckmäuserei gleichsetzen und die Kritik anderer analog denkender Häuser replizieren, machen die Crew für Merkels Roadshow.
Das kann man Binnenpluralismus nennen oder miese Heuchelei. Was passierte eigentlich? Hier die Kurzversion, ein Faktencheck des ZDF, letztlich die vermeintlich objektivere Langversion – welche kaum etwas am Eindruck ändert. Reem – das Flüchtlingskind – ließ später ausrichten, sie sei zufrieden mit Merkels Reaktion. Hast du #primagemacht, Angela. Wenn ein junges Mädchen, von einer mächtigen Politikerin eingelullt, von JournalistInnen bedrängt, sagt, alles ist gut, dann kann man ja wie gewohnt weitermachen.
Übrigens: diese Frau sollte still sein, schließlich war es ihre Partei, die gemeinsam mit Gerd Schröders Sozen das Asylrecht verschärfte:
Die Fehler der Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik kann man nicht wegstreicheln. #merkelstreichelt
— Katrin Göring-Eckardt (@GoeringEckardt) July 16, 2015
Glaubwürdiger ist da schon ihr Eisenstädter Parteifreund, der etwa dies zwitscherte (und sowohl Berlin als auch Wien meint):
https://twitter.com/michelreimon/status/621603992548843520
Bild: Screenshot (YouTube)