Werkstattbericht IV – WOLLT IHR UNS VERARSCHEN?

[3K – Massenmedien am Montag: Folge 35]

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Mittwochabend, U2 Messe-Prater. Es ist kühl. Michael, dessen Kopfgeburt Unsere Zeitung ist, sieht wie ein serbischer Mafioso aus. Ich auch: glänzendes Sakko, eingestecktes Hemd, enge Jeans, Lederschuhe, alles schwarz. Mike – so nennen Bekannte Michael gewöhnlich – redet mit einem Rikschafahrer. „Ist gratis, für die Medientage.“ Wir lachen uns schlapp. Und ab, um die WU herum, wo dieser Tage ein ewig notgeiler Professor seine Arbeit wiederaufnimmt. Der nette Fahrer wünscht uns Glück. „Wir werden eh nichts kriegen.“, rufen wir zurück.

Rückblick: im Juni trudelt bei Mike ein Mail des Manstein-Verlags ein. Der gibt etwa das Branchenblatt HORIZONT heraus und veranstaltet die Medientage. Man lädt uns für 150 Euro Teilnahmegebühr ein, beim Wettbewerb um den Medienzukunftspreis zu starten. Wir denken uns: okay, immerhin kommen sie auf uns zu, warum also das Angebot ausschlagen? Zu gewinnen gibt es PR und insgesamt 10000 Euro. Kurzerhand wird das Startgeld per Crowdfunding aufgestellt.

Deshalb hocken Mike und ich jetzt zehn Minuten vor dem offiziellen Start im halbleeren Festsaal des maroden Neubaus. Eigentlich wollten wir tickern, haben es dann doch gelassen, weil wir nicht früher da sein konnten. Jetzt mache ich Notizen am Handy. Und was macht der Typ da vorne? Wozu der Applaus? Stellt eine Radio- und TV-App vor, deren Sinn sich nicht gleich erschließt. Anscheinend ein Sponsor. Seine Präsentation funktioniert nicht reibungslos, die Zurück in die Zukunft-Witze verlaufen im Äther. Plötzlich kapieren wir: das ist der erste Preisträger. Passt wie angegossen zum Konferenzthema. Na gut, hat er uns eben ausgestochen. Vielleicht wird der zweite besser, ein intellektuelles Trostpflaster.

Die Moderation hastet weiter. Bussi, Bussi, Foto. Einer der Sieger in der zweiten Kategorie ist Runtastic. Richtig: das ist jene Paschinger Firma, die transnational tätig ist, 140 MitarbeiterInnen aus 26 Ländern beschäftigt, über 140 Millionen App-Downloads zählt und erst kürzlich von Adidas geschluckt wurde. Das ist nicht exakt, was wir erwartet haben, aber doch der Kategorienbeschreibung entspricht, Stichwort „Goldgräbergesinnung“. Der Gründer meldet sich per ermüdender Videobotschaft, „haben wir mit einem Mobilgerät aufgezeichnet“. Wow, dein Handy kann Filmchen drehen. Immer noch besser als fisch+fleisch, wobei ich nicht weiß, ob die auch eingereicht haben.

Der Gewinner der dritten Kategorie schlägt dem Fass endgültig den Boden aus. Es ist ein OMV-Projekt zur Frauenförderung in der Industrie. Das Pikante? Der Ölkonzern ist auch einer der „Partner“ des Preises. Spätestens jetzt stellen wir Manstein im Kopf die Frage: WOLLT IHR UNS VERARSCHEN? Ja, eh, die 10000 Euro hat vor allem Red Bull Media springen lassen, weil, Achtung, Didi Mateschitz will, dass die Marie in „wirklich neue, junge“ Projekte fließt. Wie nett.

Die „Preisverleihung“ endet hastig, alles strömt zum „Cocktail der Gewinner“. Recht so, das verträgt man ja nüchtern nicht.

Foto: barockschloss auf flickrButts At the Nuremberg Zoo, Germany. (Lizenz: CC BY 2.0)

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