Portugiesische Verhältnisse vor der Wahl am 4. Oktober 2015
von Max Wachter (UHUDLA)
Am Sonntag den 4. Oktober 2015 wählt Portugal ein neues Parlament. Im Westen der EU wird voraussichtlich alles so bleiben wie es ist. Die beiden konservativen Regierungsparteien PSD und CDS-PP haben sich aus wahltaktischen Gründen zur Wahlallianz „Portugal A Frente” vereint. Das sichert den EU-Troika und Wolfgang Schäubles Musterknaben Pedro Passos Coelho und Paulo Portas mehr Mandate. Der Sozialistische Sozialdemokrat Antonio Costa PS hat sich nach der Wahl gegen eine Koalition mit der kommunistischen CDU und mit dem Linksblock BE ausgesprochen.
PortugiesInnen sind Wahlfieber-resistent
Der nationale Wahlkampf 2015 fand in der Öffentlichkeit wenig Widerhall. Städte und Gemeinden waren so gut wie Großplakatflächen- und Plakatständer frei. Die zwei Regierungsparteien PSD und CDS-PP haben sich zu “Portugal A Frente” vereinigt. Nur so haben sie überhaupt eine Chance auf die Fortsetzung ihrer troikanischen Spar- und Sozialraubpolitik. Von der “Portugal A Frente” habe ich landauf landab kein einziges Wahlplakat gesehen. Nichteinmal in der Hauptstadt Lisboa, wo ich mich Anfang September eine Woche lang aufgehalten habe. Einziges Wahl-Lebenszeichen des Regierungsherren Pedro Passos Coelho und seines Stellvertreters Paulo Portas war ein sechsseitiges Wahlprospekt im Briefkasten. In den Medien des Landes machten beide großteils mit Korruptionsverstrickungen und Betrugsaffären Schlagzeilen.
Die sozialdemokratischen Sozialisten stecken tief in der Misere. Ihr Ex-Chef Jose Socrates war neun Monate wegen schwerer Korruption im Gefängnis. Socrates wurde erst im September dieses Jahres aus der Haft entlassen. Makabererweise wollte der Korruptionsmissetäter nach seiner Freilassung nicht aus dem Häfen, weil er eventuell wegen Verrates an seinen Kumpanen deren Rache fürchtete. In einer Wahl im September 2014 hat sich die sozialdemokratische SP ihren Spitzenkandidaten küren lassen. Nur das „Fußvolk” hat nicht den von der Partei gewünschten Carlo Seguro, den damaligen Parteichef der Sozialisten gewählt, sondern sich für Antonio Costa den Bürgermeister von Lisboa entschieden.
Wahlgekämpft wie die LöwInnen haben nur die Kandidatinnen und Kandidaten der kommunistisch orientierten CDU und des linken Bloco de Esquerda (BE). Beide Parteien zählen sich im EU-Parlament zur Europäischen Linkspartei. Bei den EU-Wahlen am 25. Mai erziehlten sie einen Stimmenanteil von: CDU 12,68 und BE 4,56 – zusammen 17,24. Insgesamt ergibt das vier EU-Abgeordnete. Bei der EU Wahl 2009 hatten beide noch fünf Mandate und insgesamt 21,36 Prozent Stimmenanteil.
Die linken Parteien zwischen Hoffen und Bangen
Die Linksblock-Bündnispartner üben sich seit fünf Jahren in Fraktion und Flügelkämpfen. Ein paar Abspaltungen und die Gründung unbedeutender Parteien waren die Folge. Catarina Martins, die neue Parteivorsitzende ist eine gute Rednerin, ist sehr engagiert und verfügt über Charisma. Ob sie an alte Erfolge anknöpfen kann, wird sich herausstellen. Denn im BE gibt es wieder Unruhe wegen eines Richtungsstreites. Griechische Syriza oder spanische Podemos oder überhaupt anders, lautet die interne Frage.
Solche Probleme haben das Bündnis der Kommunistischen Partei Portugals und die Partei der Ökologischen Grünen nicht. Vom 4. bis 6. September ging südlich des Tejo, vor den Toren von Lisboa zum 39. Mal die „Festa do Avante” über ein dutzend Bühnen. Das weitläufige Festivalgelände im Eigentum der KP platzte wegen der großen Besucheranzahl aus allen Nähten. Das Fest der wöchentlich erscheinenden Parteizeitung war, wie jedes Jahr, eine Großdemonstration gegen die Regierung und das Spardiktat der EU.
Selbst bei einer Wahlkundgebung der CDU in der 12.000 Einwohner Kleinstadt Lagos konnte CDU Spitzenkandidat Jeronimo de Sousa am 25. September vor fast tausend Anwesenden auftreten. Der 68-jährige ist fit. Er hat im letzten Halbjahr hunderte Wahl-Auftritte absolviert. An zehn Tagen vor der Wahl ist Jeronimo de Sousa auf 28 Veranstaltungen der Hauptredner.
Fotos: Max Wachter/Uhudla