Denkmäler haben die nervige Eigenschaft von Kunstwerken an sich, nicht die Realität abzubilden, sondern ein Produkt der Phantasie des Künstlers zu sein.
Denn – und das ist das verhexte – er muss seine Phantasie anstrengen um etwas aussagen zu können. Was wiederum nicht automatisch die Realität abbildet. Aber sonst wären da nur Ideen in einem Kopf, wenn er nichts fabrizieren würde. Denkmäler haben auch diesen „Makel“, dass sie Meinungen abbilden.
Denkmäler sind im Unterschied z.B. von Gemälden meist große Rufzeichen im öffentlichen Raum. Sicher denkt man bei Denkmälern zuerst an ihre großen imposanten Vertreter. Metallene Huldigungen an mächtige Generäle und weise Politiker. Was so ein Denkmal erzählt, ist auch die Geschichte von Dingen, an die nicht gedacht wird. Wenn etwas aus der ruhmreichen Episode ausgespart wird, um nicht das Licht zu trüben. Unweit des Wiener Rathauses wurde eine Gedenktafel angebracht, die ein gutes Beispiel hierfür ist. Sie ziert eine Straßenecke des Gebäudes Ebendorfer Straße Nr. 7, in der die OeAd (Österreichische Austauschdienst GmbH / Austrian Agency for International Cooperation in Education and Research) untergebracht ist.
Diese Gedenktafel wurde in Stein gemeißelt und ist keine Messingplakette.
Folgender Text wurde verewigt:
„Zielsetzung der Gewerkschaft war nach der Gründung der Zweiten Republik 1945, der Kampf gegen Faschismus und Diktatur. Solidarität mit den Schwachen und mutiges Eintreten für die Menschenrechte .Es waren Mitglieder unserer Organisation, die 1950 durch Mut und rasches Eingreifen einen Anschlag auf die junge Österreichische Demokratie verhinderten. Für die Grundrechte von einst lohnt sich auch heute noch sich mit ganzer Kraft einzusetzen.“
Diese Gedenktafel widmet die Gewerkschaft Bau-Holz zur Erinnerung an den Fünfzigsten Jahrestag der Zweiten Republik. 27. April 1995
Wen nun genau die Herren der Gewerkschaft Bau-Holz daran gehindert hatten einen Anschlag auf die junge österreichische Demokratie zu verüben, wird aus dem Text nicht erkennbar.
Der einzige Anhaltspunkt ist ein Datum: der Oktober 1950.
Wenn dieses Datum nicht wäre, könnte munter darauf los spekuliert werden. Es wird zwar erwähnt, was verteidigt wurde, nämlich die Demokratie, Solidarität und Menschenrechte. Es könnten, laut dieser Tafel, wilde Horden von Mongolen oder nicht gewerkschaftlich gesinnte Außerirdische gewesen sein. Waren es aber nicht.
Erzählt wird von einer Seite, nämlich der Gewerkschaft, wie sie den Oktoberstreik von 1950 als historisches Ereignis sieht.
Anfang der Fünfziger Jahre war in Österreich der Fünfte so genannte Lohn und Preispakt beschlossen worden. Ziel dieser Maßnahmen war es, die Einkommen der Arbeitnehmer und die Inflation der Wirtschaft zu stabilisieren.
Was auch mit schweren Einbußen verbunden war. Es regte sich großer Widerstand, den auch die Kommunisten nutzen konnten und in einem großen Streik mündete. Nach dem Krieg war es gelungen, den Lebensstandard immer mehr zu steigern. Doch lagen die Lohnerhöhungen oft unter den Preissteigerungen. Die Proteste wurden von Betriebsräten der Sozialisten genauso unterstützt, wie von Mitgliedern des VdU (Verband der Unabhängigen, Vorläufer der FPÖ).
Nur den Kommunisten schob man die Rolle als Hauptverantwortlichen zu, die gleich die Republik putschen wollten. Was so nicht stimmt. Die KPÖ war politisch isoliert. Bekam bei Wahlen fünf Prozent. Dass die Kommunisten sicher versuchten, durch den Streik an größere politische Macht zu gelangen, ist nicht von der Hand zu weisen. Nur, wer hätte das nicht versucht?
Eine Stimmung in der Gesellschaft für sich zu nutzen, darauf kommen nur die Kommunisten. Ein makaberer Aspekt an der Sozialdemokratie in Österreich war es für lange Zeit andere progressive Kräfte an den Rand zu schieben.
Die Sozialpartnerschaft hatte lange funktioniert. Man brauchte keine Revolution.
Der Nachteil an dem politischen System war, dass es erstarrte, dass sich keine anderen Bewegungen etablieren konnten. Das sieht man auch daran, wie lange es gedauert hatte, bis die Rot-Schwarze Hegemonie durchbrochen wurde. Was weniger an einer neuen politischen Kraft liegt, als an der gesteigerten Zahl frustrierter Wähler. Oder an dem langen Weg der Grünen zu den Hebeln der Macht. Das Schild erzählt einen anderen Mythos der Republik Österreich. Wie den der Neutralität. Aber es erzählt auch vieles andere auf besondere Art und Weise, ohne Worte.
Text: Max Sternbauer
Foto: Mural outside Songdowon Hotel, Wonsan, North Korea (stngiam / Lizenz: CC BY-SA 3.0)
Der Urheber dieser „Putschlüge“ war der später, nach Neugründung der „Kronen Zeitung“ mit verunträuten Gewerkschaftsgeldern, im Häfen gelandete Franz OHLA.
An diese, die KPÖ verunglimpfenden „Putschlüge“, klammert sich die Sozialdemokratie immer noch fest.
Glück auf
Bill