[3K – Massenmedien am Montag: Folge 42]
Ich werde heute nicht über Paris schreiben. Ich werde Sie auch nicht dazu aufrufen, anstatt Frankreichs Tricolore eine libanesische Flagge über Ihr Profilfoto zu legen. Machen Sie von mir aus eine Fotocollage mit allen Flaggen, die momentan infrage kommen. Meines Erachtens ist es noch viel zu früh und zynisch, solch ein Massaker in einem Meldungsmarathon breitzutreten. Grundsätzlich ist treffliche Kritik an der blutigen Bilderflut schon möglich. Bloß kann ich nicht. Es ist nämlich Montag, als ich schreibe 3:30 Uhr. Und ich bin kaputt.
Gute Zeiten
Ich bin überarbeitet. Am Donnerstag lief meine Radiosendung, für die ich den ganzen Tag Beiträge schnitt. Freitagvormittag und Samstag habe ich auf einem Kongress verbracht; am Wiener Publizistik-Institut fand eine Nachwuchs-Tagung statt. Diese wurde von den under.docs organisiert, einer Gruppe engagierter Studierender. Inhaltlich ging es um „Partizipation in Geschichte und Gegenwart“. Zahlreiche ReferentInnen auf Prädoc-Niveau berichteten von ihren Forschungsprojekten. Der Vortrag von Lena Hager schaffte es sogar auf die Websites von Kurier und ORF. Sie hatte herausgefunden, wie Fremdheit und Ausgrenzung die Integrationsdebatte in Schulbüchern dominieren. So existiert etwa ein Arbeitsauftrag, der pauschal davon ausgeht, dass Muslime Migrationsbiografien haben. Austro-Moslems werden so ausgeblendet. Tobias Stadler warf einen Blick auf Arbeitskämpfe von Frauen bei Internetkonzernen und erfasste auch moderne Formen des Mehrwerts. Er brachte auch die 11. Feuerbachthese in die Debatte ein – und fasste damit auch den Kongress gut zusammen. Nicht für die Schublade, für die Menschheit forsche man.
Am Abend war keine Zeit zum Verschnaufen: nach den under.docs ging es direkt zur ersten Redaktionsversammlung von Unsere Zeitung, die überschaubar, doch produktiv war (näheres bald).
Schlechte Zeiten
Mich frustriert derweil etwas anderes. Um gleich bei der Forschung zu bleiben: würden nur 50 der 1208 Mitglieder der Facebook-Gruppe „JungjournalistInnen Österreich“ den Fragebogen meiner Abschlussarbeit ausfüllen, die Studie schreibe sich von selbst. Nach Wochen haben aber nur 36 Personen den großen Fragebogen ausgefüllt, das anschließende Online-Tagebuch – trotz Gewinnspiels und persönlicher Kontakte – noch weniger. Dann schrieb FM4 vor einigen Wochen einen Job aus. Wie üblich verlangte der Sender Arbeitsproben, zudem Bildbearbeitungskenntnisse. Im Web 2.0 macht das für Radios durchaus Sinn, aber ich bin darin ungeübt. Nach mühseligen Stunden standen zwei Fotomontagen.
Für die gewohnte Arbeit blieb kaum mehr Zeit. Schlimmer noch, die Online-Bewerbungsmaske akzeptiert keine ZIP-Ordner (ansonsten sind mehrere MP3 kaum übertragbar, da jeder Upload-Ordner nur eine Datei nimmt). Zuletzt versagten mehrere Browser nacheinander beim Transfer. Die Bewerbungsfrist verstrich. Drücken Sie mir doch bitte die Daumen, damit mein Bettelmail durchkommt. Ich suche jetzt nach Frustfraß. Gute Nacht und guten Morgen.
Foto: mkorsakov auf flickr – FRUST (Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0)