DIE PIROGE – Mit dem Fischerboot auf der Flucht

ndioneAm Donnerstag präsentierte der Senegalese Abasse Ndione in der Wiener Hauptbibliothek am Urban-Loritz Platz seinen neuesten Roman „Die Piroge“.
Helmut Swoboda war für Unsere Zeitung mit dabei.

Die Piroge ist ein Fischerboot. Auf solchen Booten wagen jährliche viele, vor allem junge Senegalesen die Flucht über das Meer, um eine Chance auf eine bessere Zukunft zu haben. Die Route zu den Kanarischen Inseln wurde vor einigen Jahren von Fischern entdeckt, die sich bei ihrer Arbeit verirrt hatten. In den Senegal zurückgekehrt begannen sie sofort mit dem lukrativen Geschäft, Migranten auf diesen Weg nach Spanien zu bringen.
Abasse Ndione, 1946 in Bargny bei Dakar geboren, schildert in seinem Roman, wie mehrere Jugendliche, alle aus dem gleichen Dorf stammend, auf diese Art nach Europa aufbrechen. Die Fahrt beginnt bei gutem Wetter und ruhige See. Kurz vor Las Palmas kommen sie in ein Unwetter, ein Bootsinsasse stirbt, Essensvorräte und Treibstoffkanister gehen über Bord. Auf den Kanaren erschöpft angekommen, werden Kinder mit einem geringen Taschengeld in den Senegal zurückgeschickt. Spanien überwies zwar 17 Millionen Euro an den Senegal, aber von dem Geld haben die Betroffenen nie etwas gesehen.

Der Roman beschreibt das Leben an Bord und die Angst und Hoffnungslosigkeit während des Unwetters, als die Flüchtlinge nur mehr ihre nassen Kleider besitzen, die sie am Leib tragen. Nach zwei gelesen Passagen aus dem Buch gab es eine Diskussion zu dem Thema. Abasse Ndione schilderte das Leben im Senegal, dass von bitterster Armut gekennzeichnet ist. Zwar gibt es im Land keinen Krieg, aber die Gründe für das Elend sind mannigfaltig.
Im Jahr 1960 erlangte das Land seine Unabhängigkeit von der französischen Kolonialmacht. Dem ersten Präsidenten Léopold Sédar Senghor gelang es, gute Institutionen aufzubauen. Wirtschaftlich blieb das Land aber beim Export der Produkte, mit den sie bereits in der Kolonialzeit gehandelt haben: Erdnüsse, Fische und Phosphate. Da der Anbau von Erdnüssen viel Wasser benötigt, kann das Land am Rande der Sahelzone keinen Weizen anbauen und muss diesen teuer importieren. Das Meer an der Küste ist beinahe leer gefischt. Erst jetzt beginnt langsam eine Umstellung in der Landwirtschaft. Das Ziel: bis 2017 soll kein Getreide und kein Reis mehr importiert werden müssen.
Ein weiterer Grund der Verelendung ist darauf zurückzuführen, dass Frankreich ab dem Jahr 1994 aus Gründen der Sparsamkeit den CFA-Franz BCEAO (Franc de la Communauté Financière d’ Afrique), die westafrikanische Währungsunion, nicht mehr stützte und sie um 50 Prozent ihres Werts verlor.
Selbstkritisch meinte der Autor, die Senegalesen arbeiten nicht sehr gerne, sondern singen und tanzen lieber. Es gibt im Land 18 Fernsehsender, von denenen 17 hauptsächlich Musik und Tanz senden.
Ein großer Vorteil für das Land besteht darin, dass es keine Unruhen gibt. Die Mehrheit der Bevölkerung ist muslimisch. Schon zu Lebzeiten des Propheten Mohammed kamen die ersten Senegalesen nach Mekka und brachten den neuen Glauben in ihr Land zurück. Heute predigen die Marabus einen friedlichen Islam.

Warum viele Menschen illegal auswandern, ist eine Kostenfrage. Eine Überfahrt in einer Piroge kostet 600 Euro, um eine Visum zu erhalten, müssen ungefähr 3.000 Euro bezahlt werden.

Foto von Abasse Ndione: blog.africavive.es
Titelbild: Pirogen im Senegal (gemeinfrei)

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