Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein…
Asylkalender, 19. Dezember 2015.
Was manche „Verteidiger unserer Werte“ von Religionsfreiheit halten, konnte kürzlich die Satirezeitung Die Tagespresse aufdecken. Die Ähnlichkeit der Wiener Karlskirche mit einem muslimischen Gebetshaus hatte sie zum Fake-Artikel „Strache will Moschee am Wiener Karlsplatz abreißen“ verleitet. Die Reaktion der Kleingeister blieb – wie vermutlich erwartet – nicht aus.
In einem Facebook-Kommentar zum Artikel meinte ein rechter User, man sollte die vermeintliche Moschee „nieder brennen so wie sie es mit unsern Kirchen machen“. Ein anderer forderte: „Sprengen“ (inkl. Rufzeichen soweit das Auge reicht).
Doch, wie machen es die islamischen Länder wirklich mit „unseren“ (christlichen) Kirchen? Wie viel Religionsfreiheit kennt der Islam und sind wir im Vergleich dazu hierzulande wirklich so tolerant?
„Es ist schlicht falsch, dass Christen in islamischen Ländern prinzipiell keine Gotteshäuser bauen dürfen“, stellen Nina Horaczek und Sebastian Wiese in ihrem Buch „Gegen Vorurteile“ fest und belegen dies mit zahlreichen Beispielen (Oman, Ägypten, Marokko,…). In der türkischen Großstadt Istanbul etwa erteilten Anfang 2015 die Behörden die Genehmigung für den Neubau einer christlichen Kirche. Demgegenüber ist das Christentum beim westlichen Verbündeten Saudi-Arabien gänzlich verboten und auch im streng islamisch geprägten Urlaubsparadies Malediven werden Christen systematisch verfolgt. Bereits der Besitz einer Bibel ist dort strafbar.
Was passiert, wenn wie in Saudi-Arabien die unmenschliche Interpretation des Koran die Oberhand gewinnt, zeigt sich in Syrien: Bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs im Jahr 2011 konnten dort die Christen frei leben und können es in den von der Regierung kontrollierten Gebieten bis heute. Doch dort, wo die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) wütet, werden die „Ungläubigen“ verfolgt und ermordet.
In Österreich gibt es formal Religionsfreiheit und der Bau von Moscheen ist nicht grundsätzlich verboten, allerdings gibt es starke Einschränkungen. So haben etwa die Bundesländer Kärnten und Vorarlberg die Bauordnung derart geändert, dass der Bau eines Minaretts praktisch unmöglich ist. Der Protest gegen den Bau moslemischer Gebetshäuser – mit oder ohne Minarette – sowie islamfeindliche Delikte nehmen sowohl in Österreich als auch in Deutschland zu.
Dazu Horaczek/Wiese in ihrem Buch: „Wer zu Recht kritisiert, dass es in zahlreichen islamischen Staaten an Religionsfreiheit mangelt und als Beweis dafür das Verbot von Kirchenbauten heranzieht, müsste konsequenterweise in seinem eigenen Land dafür eintreten, dass auch Muslime ihre Gotteshäuser errichten dürfen. Denn genau das bedeutet Religionsfreiheit.“
Text und Grafik: Michael Wögerer
Titelbild: Michael Kleinsasser auf Pixabay
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