[3K – Massenmedien am Montag: Folge 60]
Unsere Zeitung befragt Sebastian Reinfeldt zum Wahlkampf um die Hofburg.
Herr Reinfeldt, das letzte OTS-Politikerranking erwähnt sogar Richard Lugner, El Awadalla fehlt. Hat sie deshalb aufgegeben?
Nein. Es war eine praktische Entscheidung. Es haben einfach noch zu viele Unterstützungserklärungen gefehlt. Da El Awadalla in keiner Weise einen Apparat zur Verfügung hat, um in zwei Tagen noch rund 500 Unterschriften zu sammeln, plus einen Puffer von rund 100-150 Unterschriften, den man für eine erfolgreiche Einreichung benötigt, hat sie aufgegeben.
Die Facebook-Wahlkampfseite setzte auf lila-weiße Grafiken, YouTube wurde wenig bespielt. Reichte das?
Wir haben entschieden, dass es besser ist, die Videos direkt auf Facebook hochzuladen und auf YouTube nur zu verlinken. Das Antrittsvideo haben auf diese Weise rund 30.000 Menschen gesehen. Alle folgenden Videos sind erst relativ spät als Spende entstanden. Das ist die Realität einer Grassrootkampagne, die ohne Geld läuft. Die Qualität der Videos war gut, man braucht allerdings mehr und bessere Kanäle. Die lassen sich entweder kaufen, oder werden zur Verfügung gestellt. 1,5 Monate, um selber wirksame Kanäle zu schaffen, sind zu kurz. Die Kampagne hat einfach zu spät gestartet, dafür gibt es Gründe. Das sage ich als Selbstkritik.
Die Website der Unabhängigen brachte lange nichts, während Facebook fleißig bespielt wurde. Bei Wien anders erschienen vier Postings, der KPÖ eins. Warum vernachlässigten diese Kräfte den Kanal?
In der KPÖ gab und gibt es unterschiedliche Einschätzungen zum Thema Bundespräsidentschaft, bei Wien anders auch. Daher wurde jeweils keine offizielle Unterstützung beschlossen. Die Unabhängigen-Plattform hat nach Kräften für die Kandidatur gearbeitet, unsere Website ist derzeit aber kein wichtiger Kommunikationskanal.
Im letzten Pressetext hieß es, es wird sich nicht ausgehen. Dennoch sei die Kampagne nachhaltig gewesen. Wie passt das?
Die Kampagne war von Anfang nicht nur auf das Sammeln von Unterstützungserklärungen ausgelegt, sondern hatte zwei weitere Ziele: Erstens die Aufmerksamkeit zu nützen, um mit inhaltlichen Aussagen zur Flüchtlings- und Sozialpolitik in den Medien präsent zu sein; zweitens Menschen österreichweit zu vernetzen, die bislang noch nicht in Kontakt gekommen sind, in Hinblick auf einen linken Zusammenschluss für Wahlen und mehr. Das ist gelungen, obwohl die Ausgangsbedingungen alles andere als ideal waren.
Aus meiner persönlichen Sicht wäre eine erfolgreiche Kandidatur von El Awadalla eine gute Chance gewesen, in diesen Zeiten eine linke Stimme der Vernunft medial präsent zu haben, die glaubwürdig Gegenpositionen zum herrschenden Irrsinn vertreten kann. Wesentliche linke Zusammenhänge haben das anders gesehen, was ich nicht nachvollziehen kann.
Mit ihr zu arbeiten war die schönste politische Kampagne, bei der ich mitgewirkt habe: Positive linke Botschaften von einer Person mit einzigartigem Charakter. Das nächste Mal klappt’s sicher.
Bild: Reinfeldt (l.) und Awadalla (r.) im Antrittsvideo von El Awadalla (YouTube-Screenshot).