Es warad wegen dem Kontext! – Von Tibor Zenker
Normalerweise – wer sich noch einen Funken Selbstachtung bewahrt hat, findet mit der Causa Böhmermann eine gute Gelegenheit vor, die Füße hochzulagern, eine Dose Efes Xtra zu öffnen und die Klappe zu halten. So auch mein aufrichtiger Tagesvorsatz. Das zischende Geräusch, das Sie nun nicht hören, stammt vom Öffnen meiner Bierdose. Şerefe!
Jetzt ist es aber so: Das Katzenklo in meinem Vorzimmer gehört dringend erneuert. Also, nicht nur mit dem Schauferl ausgeräumt, sondern komplett ausgeleert, mit Spülmittel und heißem Wasser eingeweicht, dann gewissenhaft geschrubbt und geputzt, abgetrocknet und neu mit Streu befüllt. Und das macht halt auch keinen Spaß. So etwas muss man ein bissel verschleppen, zumindest ein paar Minuten.
Und was ist immer noch besser als ein verschissenes und vollgepinkeltes Katzenklo? – Ja, richtig: Böhmermann. Was soll man nun dazu sagen? Also, in Wien und weiterer Umgebung wissen wir mit Bestimmtheit, dass die Deutschen nicht lustig sind. Denn den (kritischen) Humor und den Schmäh (hat nix mit „schmähen“, somit nix mit „Schmähkritik“ und alles nix mit nix zu tun) haben ja wir patentiert erfunden. Spätestens nördlich der Mainlinie gibt’s bestenfalls noch „Comedy“, ob nun freiwillig oder unfreiwillig. Ja. Na, und das ist ja der Grund, warum wir in Österreich die viel besseren Deu… – nee, Moment mal! Wo war ich? Ja, genau, Böhmerğan. Erdomann. Lustig. Fokussieren, Oida!
Also, Böhmermann mit einem unstrittig niveaulosen Doof-Gedicht – sagt er ja selbst. Hallervorden mit einem noch dooferen Kinderreim-„Lied“, aber da hat’s eben grundsätzlich künstlerische und sonstige Defizite. Vorher noch Ehring, versaut Nena. Alles nur, um den Erdoğan bloßzustellen. Die haben halt nicht damit gerechnet (oder eben doch?), dass der Erdoğan das selbst viel besser kann (Erdoğan/kann – reimt sich auch, hihi!).
Kontext! Es warad („wäre“) wegen dem Kontext! Böhmermann zeigt auf, was der Unterschied ist zwischen dem „extra 3“-Song – Satire mit wahrem Aussagekern, meinungs- und pressefrei – und seinem „Schmähgedicht“ – untergriffig, mit erfundenen Vorwürfen, unzulässig, in Österreich: ehrverletzend im juristischen Sinne. Ist das echt so schwer zu checken? Warum diskutiert man nun hauptsächlich das Falsche, nämlich den … ähm … lyrischen Böhmermann-Text selbst? Darum ging’s doch gar nicht, Herrgott! Sind jetzt wirklich schon Böhmermann-Sendungen zu komplex für die Verständnisfähigkeit der politischen und medialen Rezipienten? Das Gedicht selbst ist nicht zu rechtfertigen und zu verteidigen – aber der edukatorische Gesamtkontext, in den es gestellt wurde, macht es zulässig.
Zum Vergleich, zur Erläuterung – worum es differenzierend ging: Ich kann und darf z.B. über H. C. Strache sagen, dass er eine Nähe zu nationalsozialistischem Gedankengut aufweist (wer’s kann, möge das lustiger formulieren oder in einem Nena-Lied verwenden – dafür hab ich jetzt keine Zeit). Man darf aber nicht schreiben: „Strache ist eine dreckige Nazi-Sau aus Wien, mit verschrumpelten Genitalien und verlebtem Gesicht.“ Denn zumindest Teile davon (Suchrätsel!) sind wohl unzutreffend und ehrbeleidigend. So simpel ist das. Im volksaufklärerischen Kontext dieses Textes gibt es für Strache aber nichts zu klagen – im Gegenteil: Er müsste sich bedanken.
Wurscht, zurück zu Erdoğan, denn zu Strache fällt mir nichts mehr ein (zu Böhmermann übrigens auch nicht; Memo an mich: am Ende nicht vergessen, die Überschrift „Böhmerwahn“ noch zu ändern, weil die passt nicht!). Es zeugt von einigem Kleingeist, dass sich Erdoğan über Verarschungen in deutschen TV-Sendungen echauffiert, ja sogar diplomatisch und rechtlich dagegen vorgeht. Aber wirklich kratzen tut ihn das vermutlich eh nicht. Das ist Geplänkel, sind Machtspielchen. Wissen Sie, was Erdoğan tatsächlich treffen würde? Wenn die EU-Regierungen das Rückgrat hätten, den türkischen Staatsterrorismus gegen die kurdische Bevölkerung als solchen zu benennen (warum gibt’s da eigentlich keine Sanktionen?); oder wenn die in Deutschland auf Erdoğans Geheiß inhaftierten ATIK-Aktivisten freigelassen würden; oder wenn der Deutsche Bundestag sich endlich dazu durchringen könnte, den historischen türkischen Genozid an den Armeniern auch wirklich als Völkermord zu verurteilen. Zum Beispiel. Denn es ist zweifellos eine Schweinepolitik, die Erdoğan betreibt und verteidigt.
Bevor ich mich noch aufrege und etwas Falsches sage, hol ich mir lieber noch ein Bier aus dem Kühlschrank. Sie können sich inzwischen aber auch etwas zu trinken holen oder aufs Klo gehen, weil das wird eine Minute dauern. – BRB
So, ging jetzt doch etwas schneller, der Kühlschrank ist ja gleich nebenan in der Küche. Aber ich hab Ihnen ja eine Minute gegeben, also warte ich fairerweise noch ein bisschen. Damit mir nicht fad wird, spiele ich jetzt auf Youtube mal Mozarts Rondo „Alla Turca“. Und gestartet. Hm, ich kann nicht dazu pfeifen. Schade. Aber gut, dass Sie das nicht hören müssen. OK, jetzt sind wieder alle da, oder? Was? Wegklicken, Seite schließen? Nix, fertig lesen! Ich muss ja auch dran bleiben, jetzt, wo ich schon angefangen habe.
Na schön, ich will’s kurz machen und zum Schluss kommen. Nur noch eine Sache möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben, und ich glaube, ich verspreche nicht zu viel, wenn ich sage, dass dies Ihr Leben maßgeblich verbessern und Sie für immer aller Sorgen befreien wird. Das Einzige, was Sie dafür tun müssen, ist
sdtjas666äjzprhjöpjsPÄÖJdsödlgjkdö45e89ß09h2346890=3426bhtnmot78oä56edr7mcmdlökajBGFSUDZTUstdrzfthfthg05e476n/)NGJjj4mk79ljlklio0625876awsdarfs40*ergodanisteinarsch*dnne59tbbbbbbb911nrnt§zrebuiopülüü&57drt7nw2gfäöjkl5jlösdöfljkä4öp5dfgdrw2,k7&(7fz89(),dfdfsdws54njjjGJ2016qwertzuiop$rf#occupykatzeklo
Verzeihung. Der dicke Kater hat sich auf die Tastatur gesetzt. Offenbar eine Protestmaßnahme wegen dem versifften Katzenklo. Ich muss es jetzt sofort säubern. – CU. Text senden.
Fotos: Tibor Zenker (kottan.info); Japanese litter box in use (Ocdp; Lizenz: CC BY-SA 3.0)