„Arbeiterbashing? Fordert lieber Reichensteuern und erzwingt Bildung, Buddys!“

dusek_gerhardEin „Wutausbruch“ von Gerhard Dusek aus Wien-Ottakring


Ja, es ist eine Tatsache dass Maturanten und Akademiker mehrheitlich anders gewählt haben als Pflichtschulabsolventen, das ist Fakt. Aber jene, die nun in den Weiten der Social Media das Wahlergebnis auf ein bloßes Bildungsproblem, großer Pflichtschul- und Lehrabschlussanteil bei Hofer-Stimmen, zurückführen und reduzieren wollen, frage ich:
Wer verdammt noch mal macht denn in den Werbeagenturen, der FPÖ und den rechten Sarrazin-Winkeln der etablierten Parteien die Politik und die Parteiprogramme? HACKLER?

Meine Intention hinter der wütenden Frage und dem Text ist zum ersten schlicht, Expression meiner Wut und meines, sich angegriffen Fühlens als Arbeiter und zum zweiten Information und Appellation vom wilden Wiener Ottakringer Westen hinein in die Gürtelinnenbezirke.

Bildung hilft, meist nur oberflächlich, offensichtlich nicht mehr sehr, zumindest soziale oder politische, Probleme zu analysieren, denn erstens hat Hofer auch unter den Akademikern 15 Prozent bekommen und die rechte Politik, die zugegebenermaßen dann noch viel stärker von den politisch passiven (eher Politkonsumenten) Arbeitern (50 Prozent) gewählt wird, wird aber meist von Akademikern und Maturanten produziert oder gemacht. Sie sind die politisch aktiveren (eher Politikproduzenten) die sich wählen lassen.

Ich glorifiziere hier das Proletariat jetzt nicht und keine Bildung zu haben macht, weder unschuldig, noch cooler als man schon ist oder nicht. Aber die Überlegungen wie man die Arbeiterschicht zu oder zur Bildung bringt braucht man nicht mehr großartig anstellen, wie das viele, leider meist Akademiker und Maturanten nun verlangen, denn das steht schon lange fest. Das geht einfach – aber schwierig – durch Mittelbereitstellung für Bildung, um sie dann, in einer brauchbaren Qualität und Quantität, den Schichten zur Verfügung zu stellen und ihnen notfalls mit Zwang anbietet, mit genau dem gleich starken Zwang auch auf der anderen Seite, dem Kapital, diese Mittel herzugeben. Ein Zauberwort ist hier sicher: „Reichensteuer!“

Leider stimmt die Rechnung der prosperierenden 70er Jahre – weniger Pflichtschulabsolventen = mehr sozialer Aufstieg = weniger Rechtswähler – nicht mehr. In dem derzeitigen neoliberalen Systemstatus mit der gegebenen Arbeitsplatzkrise bringt diese Losung und deren halbherzige Umsetzung ohne begleitende Politisierung der Arbeiterklasse nichts außer einerseits ängstliche Kleinbürger-Bobos mit Job und oder andererseits frustrierte arbeitslose Akademiker oder Maturanten.

Ich bemerke einen starken Schuldabwehrreflex bei vielen akademischen Postern, denn sie ahnen intuitiv richtig ihre große nicht wahrgenommene Verantwortung und ihr Unterbewusstsein sucht und findet einen individualpsychologischen (kein echter Auflösungsweg) Ausweg im „Arbeiterbashing“.

Ich will nun umgekehrt nicht die Akademiker bashen, aber wenn sie von Innergürtelcity raus jetzt beginnen die Arbeiterklasse anzufucken schallt es eben aus meiner OTK-Richtung zurück. By the way Buddys, hier in Wien 1160 ist es grün auf der Landkarte.

Der Anteil der Verantwortung der linken Intelligenz an dem Problem, dies würde den Rahmen meines Wutausbruches hier sprengen, muss aber sehr bald analysiert werden, denn wir alle, die gescheiten Arbeiter und die klugen Studierten haben ein schnell größer werdendes und nicht ungefährliches gemeinsames Problem.

Übrigens habe ich, cool wie ich bin, mit 40 die Matura nachgeholt, es wird dann also auch mein eigener Anteil zu besprechen sein. Nun werde ich ein Monat lang aber mal einen dieser innerstädtischen Intellektuellen unterstützen, um einen KornblumennarziSS zu verhindern.
Fotos: Gerhard Dusek (fb); Titelbild: Volkshochschule Ottakring (Peter Gugerell, gemeinfrei)

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