[3K – Massenmedien am Montag: Folge 68]
Seit knapp anderthalb Monaten kennt die Weltöffentlichkeit die Panama Papers. Anfangs kritisierten viele den Russlandfokus. Dann entschuldigte sich sogar Wladimir Putin über Kreml-nahe Kanäle bei der Süddeutschen Zeitung für die Behauptung, das Münchner Blatt sei von Goldman Sachs für die Enthüllungen bezahlt worden. Nun sind trotzdem nicht alle glücklich über diese besonderen Berichte. Erst am Dienstag wurde ein Fall aus Spanien bekannt, bei dem ein Journalist vom Medienmanager Juan Luis Cebrián gefeuert wurde, weil er die Panama-Verbindungen des Verlegers beschrieben hatte.
Unterdessen wühlen sich die KollegInnen weiter durch die Datenhaufen. So flogen auch Geschäfte arabischer, dem Westen zugeneigter Despotien auf. Damit konnte einmal mehr die vermeintlich prowestliche Tendenz der Aufdeckung weiter entkräftet werden. Vergangene Woche kamen auch neue österreichische Links der Skandal-Kanzlei Mossack Fonseca (Mossfon) zutage. Am Montag veröffentlichte das ICIJ (jene NGO, die dutzende Redaktionen weltweit bei der Arbeit an den Papieren infrastrukturell unterstützt) große Teile seiner Datenbanken zu den Panama Papers und den älteren Offshore Leaks. Nun können Interessierte selber nachforschen, wer hinter den Mossfon-Briefkastenfirmen steht. Der ORF erklärt online, welche Informationen zugänglich sind. Die Liste ist eben nicht mal eben „im Netz aufgetaucht“, wie die Heute behauptet, sondern gezielt publiziert worden, auch gegen den angekündigten Widerstand der Kanzlei. Andere Medien griffen das Register professioneller auf: Andreas Schnauder (Der Standard) bot einen groben Überblick der heimischen Dossiers. Die Tiroler Tageszeitung verwies auf Namen und Adressen im Heiligen Land, SportreporterInnen hakten beim Rapid-Präsidenten Michael Krammer nach. Im Kurier wurden Unternehmen porträtiert, die auch in den Papers aufscheinen. Alle beteuern die Legalität der von ihnen genutzten Konstruktionen, so wie auch das ICIJ auf seiner Seite immer wieder darauf hinweist, dass Briefkastenfirmen grundsätzlich nicht illegal noch dubios seien. Ein Wiener Coach erklärte, dass unter seinem Eintrag mehr Firmen erscheinen, als er besitze. Das ICIJ bittet in solchen Fällen um Hinweise, um die Infos korrigieren zu können. Diese Beispiele verdeutlichen die Notwendigkeit einer sauberen, mehrköpfigen Recherche. Aller Anfang solcherart Recherche ist ein Leak. Aber es ist eben auch nur der Anfang.
Datenlecks allein machen eben noch keine Revolution, wie sie sich John Doe, der Panama Papers-Hinweisgeber, in seinem Manifest ausmalt. Ein weiteres Beispiel sind die TTIP-Leaks von Greenpeace. Der Umweltschutzkonzern war nicht der erste, welcher Verhandlungsdokumente der USA und EU enthüllte. Das Berlin-Essener CORRETIV machte schon 2015 hunderte Seiten TTIP-Dokumente publik. Die Resonanz war im Gegensatz zu jener auf die Ökos bescheiden. Das ist unfair, aber immerhin schreibt der Mainstream nun das Ende des Abkommens herbei, was neue TTIP-Proteste bestärkt.
Foto: Garry Knight – Anti-TTIP Protest 11-10-2014 – 04 (Lizenz: CC BY 2.0).