Von Stefan Kastél
Am 22. Mai 2016 zog ein 27-jähriger Vorarlberger Neonazi eine illegale Kalaschnikov aus seinem Auto und begann auf einem Festivalgelände in Nenzing, wahllos um sich zu schießen. Dieser Tat soll ein Beziehungsstreit mit seiner Freundin vorausgegangen sein. Zwei Menschen verloren dabei ihr Leben, ein Dutzend wurde schwer verletzt.
Drei Tage nach dieser Tat, gab eine österreichische Tageszeitung das Stimmungsbild aus Nenzing wider:
„Die Anteilnahme, aber auch die Angst ist in der Region groß. Denn Gregor S. soll bis zuletzt bei den Blood-and-Honour-Nazis aktiv gewesen sein. Und an die will keiner anstreifen“.
Es benötigt offensichtlich Attacken eines solchen Ausmaßes, damit die Gefährlichkeit von rechtsextremen Kreisen für ungefähr 48 Stunden in der Öffentlichkeit thematisiert wird.
Nach gefühlten drei Tagen, ebben solche Themen wieder ab und werden medial eher unter den Teppich gekehrt.
Essentielle Hintergründe, Vernetzungen, Strukturen neonazistischer Gruppierungen oder die Biografie des Täters, werden so gut wie überhaupt nicht beleuchtet.
Dabei sind solche Tragödien ein klarer Beleg dafür, dass diese Gesellschaft ein massives Problem mit der Aufarbeitung rechter Gewalt hat. Anhand konkreter Zahlen und Statistiken, wird dies untermauert.
Im Jahr 2015 stiegen die rechtsextremen und rassistisch motivierten Straftaten um 54 Prozent. Wurden 2014 noch 111 fremdenfeindliche Übergriffe in Österreich gezählt, waren es 2015 bereits 323.
In Deutschland erhält man ein ähnliches Bild. Rechtsextreme Gewalttaten 2014, 496. Im Jahr 2015 waren es schon 921. Dabei wurden insgesamt 691 (!) Menschen verletzt.
Die aktuelle Flüchtlingssituation spielt dabei sicher eine wesentliche Rolle. Letztes Jahr gab es über 1.000 Attacken auf Asylunterkünfte. 2014 waren es noch 199 (BKA Deutschland).
Man nehme einen willkürlichen Zeitraum. Egal um welche Statistiken es sich in diesem Bereich handelt, ob Deutschland oder Österreich, muss man endlich zur Kenntnis nehmen, dass die Gewalt von rechts in einer neuen und erschreckenden Dimension in unserem Leben angekommen ist.
Am deutlichsten schlägt sich dies auch in der Verurteilungsrate nieder: Zwischen 2010-2013 lagen die Verurteilungen pro Anzeige zwischen 1-6%.
In den Jahren 2014/2015 schon bei 8-10%. Die drei häufigsten Ursachen für Verurteilungen waren und sind noch immer der Verstoß gegen das Verbotsgesetz, Sachbeschädigung (§§ 125 und 126 StGB) und Verhetzung (§283 StGB)
Durch den eher verharmlosenden Umgang mit rechtsextremen Gruppierungen, wie zum Beispiel der „Identitären Bewegung“, wird die Hemmschwelle für „emotionalisierte Einzeltäter“ (BKA) Gewaltakte durchzuführen, immer geringer.
Die politischen Scharfmacher der rechten Seite, können sich hier nicht der Verantwortung entziehen. Insbesondere dann nicht, wenn man aktuell den rhetorischen Nährboden für Gewaltakte gegen Flüchtlinge oder Asylunterkünfte bereitet und nicht Willens ist, sich von einschlägigen Kreisen zu distanzieren.
In der Nacht zum 1. Juni brannte in Oberösterreich eine weitere Asylunterkunft, in welcher 48 Flüchtlinge Schutz finden sollten. Die Zimmer waren bereits bezugsfertig. Der Bürgermeister dazu:“ „Zum Glück war das Haus noch unbewohnt.“
Es braucht endlich eine breite Debatte über rechtsextreme Gewalt.
Foto: komintern.at; Titelbild: stopptdierechten.at