EXIT Novi Sad – Volontariat im Moloch

Irgendeine PR-Tante hielt uns vor dem Eiskasten auf und meinte, wir hätten unsere Getränke schon gehabt.

Wir so: „Eh, aber jetzt hätten wir halt gerne noch eins.“

„Aber das hier sind die Getränke für die Bands.“

„Wir sind eine dieser Bands.“

„Sicher, aber ihr seid nicht die einzige.“

In diesem Augenblick offenbarten sich uns drei Dinge: Erstens war der Kühlschrank voll mit Getränken, zweitens würden an jenem Abend sehr wenige Auftritte über die Bühne gehen und drittens hing im Backstage eine recht leiwande Partie ab, die sich an den Getränken bediente, obwohl niemand von denen auftrat. Als uns das auffiel, drückte sie uns plötzlich doch was zu Trinken in die Hand. Das hielt sie nicht davon ab, wie ein Schießhund unsere Schritte zu verfolgen, und ob wir nicht schneller als die anderen MusikerInnen trinken. Wären wir dem Kasten zu nah gekommen, hätte sie wohl losgebellt. Jetzt fühlten wir uns wie Diebe, obwohl wir uns eh nur nahmen, was uns zustand. Darauf hatten wir echt keinen Bock, also wollten wir uns die Getränke lieber kaufen.

Najo. Auf dem EXIT kann man nicht einfach mal so mit Geld ein Getränk kaufen. Stattdessen muss man eine Karte erstehen, auf die ein Guthaben geladen wird, welches am Getränkestand der Wahl abgebucht wird. Man kann nicht ein Bier kaufen, ehe man nicht ein Basisguthaben für 3-4 Bier auf die Karte geladen hat, glaube ich, ich weiß es nimmer genau. Es hieß jedenfalls, dass das nicht verbrauchte Guthaben an jedem Stand wieder ausbezahlt würde. Wir willigten ein, kratzten genug Geld für eine Karte zusammen, nahmen uns alle je ein Getränk und gingen zur Bühne, um unsere 40 Minuten zu bespielen.

Als viel, viel später klar wurde, dass wir unser Geld an diesem Abend nicht bekommen würden („Morgen früh fix!“), gingen wir zu einer Bar, um unser Restguthaben abzuheben, eh klar. Nur war das sowohl an den Karten-Standln als auch an den Bars dann plötzlich doch nimmer möglich. Wo dann? Konnte niemand sagen. Lange Rede, kurzer Sinn: Sie schickten uns in der ganzen Burg umher, bis wir endlich einen Stand fanden, an dem wir unser Geld zurückbekommen sollten. Aber auch dort hat man uns zuerst ratlos angeschaut, dass sie nicht wüssten, wie das geht und überhaupt, wir seien die ersten, die ihr Geld zurückverlangen. Nach kurzem Hin und Her gaben sie uns doch etwas raus – nämlich 40 Dinar zu wenig. Warum? Ganz einfach: Sie hätten’s gerade eben nicht passend. Ob man’s vielleicht aufrunden und uns 50 zurückgeben könnte? Keine Antwort. Erst als wir völlig auszuckten und zu streiten begannen, hatten sie auf einmal doch die 40 Dinar parat. Sie hatten es einfach nicht eilig, sie herzugeben.

Das Honorar für unseren Gig haben wir natürlich nicht am nächsten Morgen, noch am Morgen danach, nein, nie erhalten. Das Fazit: Sie bezahlten uns nicht, wofür wir gearbeitet hatten, behandelten uns wie Kriminelle und schließlich hätten sie uns um ein Haar beklaut.

Das ist erst der Anfang des Problems mit EXIT. Denn als kapitalistisches Unternehmen hat das Festival einen Stab aus OrganisatorInnen, ManagerInnen und DirektorInnen, und die Spitze dieser hierarchischen Pyramide ist wolkenverhangen. Keiner weiß, wer ganz oben das Sagen hat – alle sprechen nur mit den jeweils Untergebenen und Vorgesetzten. So wurde etwa die Person, die uns zum Festival einlud, genauso um ihr Honorar beschissen wie wir. Eine Beschwerde an die Spitze ist nicht möglich, denn wer weiß schon, wo die ist? Am Fuß der Pyramide sind beileibe nicht die MusikerInnen. Ganz unten sind die Freiwilligen, die Volontäre. Das sind Teens, die sich die Karte nicht leisten können und deshalb einwilligen, ausgebeutet zu werden, damit sie wenigstens so aufs Festival kommen. Aber es geht noch tiefer: Einmal hat EXIT diese Kids in Leiberl gesteckt, auf denen der Slogan Right to be useful, also das Recht, nützlich zu sein, draufstand. In diesem Kontext bedeutet das Right to be exploited, also ausgebeutet zu werden. Wie viel Heuchelei ist eigentlich nötig, um die Begriffe derart umzudrehen, dass Ausbeutung zum Recht wird?

Anmerkung: Wir geben Ihnen die Antwort auf der letzten Seite.

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