Die Herausforderung der digitalen Demokratie – Gegen Hass im Netz

„Dieses linke Gesindel gehört in ein Arbeitslager nach Nordkorea“

„Für solche Nachgeburten der Menschheit, gibt nur eine Strafe ,die gerecht ist. Kopfschuß, und danach auf den Müllberg.“

„Mauthausen aufsperren und ich bin der erste Heitzer, aber vorher kommen noch rot schwarz, zum feuer machen“

Dies sind Auszüge von der Internetseite „Eau de Strache“, auf der Kommentare von Facebook-Nutzern unter FPÖ-Beiträgen gesammelt werden.

Die Flüchtlingskrise war eine Art Katalysator, welche brodelnden Hass und Verachtung der Menschen hervorbrachte. Bundeskanzler Christian Kern sagte in einer viel beachteten Rede vor dem Nationalrat: „Der Gewalt der Worte folgt meist die Gewalt der Taten“.

Um diesem Problem zu begegnen, lud der Parlamentsklub der SPÖ in Person von Klubobmann Andreas Schieder zu einer Enquete im Parlament „No Hate Speech – #GegenHassImNetz“. Er gestaltete die Eröffnungsrede, in der er die Worte des Kanzlers wiederholte und zusätzlich Stellung dazu nahm:

Neben Schieder waren noch weitere Gäste geladen, unter anderem Staatssekretärin Muna Duzdar, die PULS4-Moderatorin Corinna Milborn oder die profil-Redakteurin und Buchautorin Ingrid Brodnig.

Ursprünge und Quellen des Hasses

Woher kommt dieser Hass überhaupt? Mit dieser und weiteren Fragen beschäftigt sich Brodnig ausgiebig in ihrem neuen Buch „Hass im Netz“. Sie sagt unter anderem, dass Hass und Panikmache vor allem durch ständige Wiederholungen im Netz passiert. Aggressionen und Beleidigungen seien an der Tagesordnung. „Beleidigungen sind Gift für jede Debatte,“ sagt sie, und liefert als erdrückenden Beweis für diese Aussage eine Studie der University of Wisconsin.

In dieser haben sie Probanden eine Diskussion zum Thema Nanotechnologie gezeigt. Der einen Hälfte wurde eine Diskussion vorgelegt, in der es durchaus hitzig zu ging, aber in der der Umgangston doch höflich geblieben ist. Die andere Hälfte der Teilnehmer bekam eine Diskussion, in der immer wieder Beleidigungen vorkommen wie etwa „wer die Vorteile der Nanotechnologie nicht versteht, ist ein Idiot“. Die verglichen diese beiden Gruppen, die Ergebnisse dieses Vergleichs nannten die Forscher selbst „verstörend“. Denn die, die Schimpfworte gelesen haben, waren umso mehr radikalisiert worden, und zwar auf beiden Seiten. Schimpfworte in einer Diskussion führen also zur Polarisierung. Ein Konsens wird dadurch schwer möglich.

Neben Wiederholung passiert Panikmache und Radikalisierung in ihren Augen auch durch die zunehmende Widerspruchslosigkeit in sozialen Medien. Damit meint man Abschottung im Netz, dass man nur noch unter Gleichgesinnten agiert und nur noch von Seiten informiert wird, die eine ähnliche Meinung haben wie man selber. Der Fachbegriff für diesen Zustand der Abschottung nennt man Echokammern, in denen nur noch die eigenen Meinungen und eigenen Ängste wie ein Echo zurückprallen. Studien des Labors for computational social sciences in Luca haben ergeben, dass diese Echokammern sehr wohl existieren.

Sie haben Fan-Pages, die Verschwörungstheorien teilen und Fan-Pages, die wissenschaftliche Artikel teilen, miteinander verglichen und beobachtet, dass die Fans dieser beiden Seiten de facto nicht miteinander in Kontakt treten. Dabei ist es wichtig, dass man Widersprüche zu seiner eigenen Meinung erfährt. Das hilft, sich selbst zu reflektieren, seine Argumentation zu hinterfragen und macht einen kompromissbereiter.

Wie mit Hetze und Hass rechtlich umgegangen wird

Duzdar ist der Meinung, dass die Gesellschaft diesem Problem schon viel zulange zuschaue, und dass man nun endlich die Initiative ergreifen und es angehen soll. Sie vertritt die Auffassung, dass der gesetzliche Rahmen hierfür ausreiche, man müsse ihn nur richtig anwenden.

Christian Pilnacek, Leiter der Abteilung Strafrecht im Bundesjustizministerium und ebenfalls Gast bei jener Enquete, macht dies in seinem Vortrag deutlich:

Wer öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird,

  1. zu Gewalt gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach den vorhandenen oder fehlenden Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer körperlichen oder geistigen Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auffordert oder zu Hass gegen sie aufstachelt,

  2. in der Absicht, die Menschenwürde anderer zu verletzen, eine der in Z 1 bezeichneten Gruppen in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, diese Gruppe in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen […].

Wichtig ist hierbei die Wortfolge „vorhandenen oder fehlenden Kriterien“, da sie ausdrücklich festlegt, dass die geschützte Gruppe sowohl positiv als auch negativ definiert werden kann. Das bedeutet im Klartext, dass eine Verhetzung von „Ausländern, Ungläubigen, Migranten, Flüchtlingen, Asylwerber“ in den Anwendungsbereich von § 283 StGB fällt. Personen, die dieses Gesetz brechen, müssen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren rechnen.

Wir haben also die rechtliche Grundlage um die Verfasser der obigen Kommentare für ihre Verhetzung verantwortlich zu machen.

Wir wissen also woher der Hass kommt und wie sie gesetzlich geregelt ist. Wie aber sehen die konkreten politischen Schritte zur Bekämpfung des Problems aus?

Woran es allerdings mangelt, und diesen Punkt hat Staatssekretärin Duzdar ebenfalls erwähnt, ist die Umsetzung dieser Gesetze. Sie wird in den kommenden Wochen einen Leitfaden zum Handeln gegen Hasspostings veröffentlichen, der vor allem an die Teilnehmer der Online-Diskussionen gerichtet ist. Er soll als „Werkzeug zur digitalen Zivilcourage“ herhalten und die Diskussionsteilnehmer unterstützen, sachlich und respektvoll miteinander zu diskutieren. Außerdem will sie es einfacher machen, Hasspostings anzuzeigen und dafür eigene Internetbehörden einrichten.

Gegen Hass im Netz

Doch vor allem die Social-Media Betreiber will man stärker in die Pflicht nehmen, da waren sich alle Rednerinnen und Redner einig. Ein Hassposting soll, spätestens 24 Stunden nachdem es gemeldet wurde, gelöscht werden. Um dies zu erreichen, schlug Julia Herr, Vorsitzende der SJ, beispielsweise vor, dass Facebook, Twitter und Google eigene Moderatoren anstellen, die die Anfragen und Meldungen dann schnellstmöglich bearbeiten. Corinna Milborn schlug vor, Facebook dem Mediengesetz zu unterwerfen, da es eigentlich alle Kriterien eines Mediums erfülle. Das würde eine Bestrafung für Facebook einfacher machen, falls ein Hassposting zu lange auf der Webseite zu finden ist.

Autoren: Maximilian und Vivien Belschner
Dieser Beitrag erschien zuerst auf vanillaholica.com.
Foto: vanillaholica.com

close

Trag dich ein!

Du erhältst jeden Montag die aktuellen Artikel kostenlos in Deine Mailbox.

Wir versprechen, dass wir keinen Spam versenden! Impressum

Artikel teilen/drucken:

Empfohlene Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.