Urlaubszeit ist Lesezeit. War zumindest früher so als man noch kein Smartphone und WLAN am Hotelstrand hatte. Ob sich dieses Verhalten grundlegend geändert hat wäre durchaus einer näheren Betrachtung wert. Aber darum gehts jetzt nicht. Gehen wir nach wie vor davon aus: Urlaubszeit ist Lesezeit. Ok, höchstens man hat ein dreijähriges Kind dem man hinterherlaufen muss. Aber auch das macht hoffentlich mal einen Mittagsschlaf. Also zurück zur These: Urlaubszeit ist Lesezeit.
Krimis spielen im deutschprachigen Raum eine große Rolle. Aber es muss nicht immer Henning Mankell oder Håkan Nesser sein. Auch österreichische Krimiautoren haben durchaus lesenswertes zu bieten.
Zum einen gibt es die österreichische “Krimi-Elite” mit Bestsellern wie Alfred Komarek mit seiner Polt-Krimireihe die im Weinviertel spielt und auch schon verfilmt wurde. Oder Wolf Haas mit dem schrägen Kautz Simon Brenner als Hauptfigur der es auch schon ins Kino geschafft hat. Oder die Krimiromane mit der Hobbydetektivin Mira Valensky die die bekannte Journalistin Eva Rossmann im Jahresrhythmus herausbringt. Auch die Krimis von Stefan Slupetzky zählen zu den bekanntesten des Landes, prämiert und verfilmt.
Aber Abseits dieser “Krimielite” gibt es auch recht feine Bücher für die von den großen Verlagen nicht die Werbetrommel gerührt wird und die es nicht schaffen ihre AutorInnen auch mal bei Claudia Stöckl frühstücken zu lassen. Aber heute ist man als Autor nicht mehr auf die großen Verlage angewiesen. Die Digitalisierung schafft neue Wege des Publizierens. AutorInnen die es leid sind bei den Verlagen die Klinken zu putzen, nutzen die Möglichkeit ihre Romane bei ebook Verlagen zu publizieren. Wobei sich der Kreis zum Anfang schließt. Smartphone und WLAN und so.
Hannes Hörndler – Mostplutzer
Hannes Hörndler ist eigentlich Kinderbuchautor. Aber hier versucht er sich erstmals als Krimiautor. Die Pensionistin Resi wohnt in einem kleinen fiktiven Kaff im Mostviertel und beobachtet Nachts seltsame Vorgänge im Wirtshaus gegenüber. Sie beginnt zu recherchieren und kommt einem Mord auf die Spur dessen Wurzeln 50 Jahre in der Vergangenheit liegen.
Die Geschichte ist lustig gschrieben. Die Sprache lebt von Dialektausdrücken und Umgangssprache. Der Stil erinnert stark an Wolf Haas.
Wer Vier Frauen und ein Todesfall lustig findet oder die Krimis von Franz F. Altmann mag, ist sicher auch hier gut bedient. Das einzige Manko ist die relativ kurze Geschichte (156 Seiten im Taschenbuchformat). Eine Fortsetzung mit der resoluten Rosi wäre also wirklich wünschenswert.
Hannes Hörndler hat das Buch im Eigenverlag publiziert. Es kann als Amazon Ebook (inkludiert in Kindle Unlimited) oder Taschenbuch gekauft werden.
Rafael Buchegger – Der Biblioid
Hier handelt es sich um einen surrealistischen Krimi über den wir schon eine Rezension gebracht haben. Rafael Buchegger hat das Buch ausschließlich als Amazon Ebook publiziert. Es ist in Kindle Unlimited enthalten.
Cara Roth – Kommissar Mandl
Kommissar Mandl ist der Hauptprotagonist der Autorin Cara Roth. Er ist bei der Kriminalpolizei Floridsdorf und ist – im Gegensatz zu den meisten Krimikommissaren – glücklich verheiratet und führt ein fast schon zu perfektes, idylisches Leben mit Vorstadtthujen und Reihenhaus. Weder hat er große Laster noch Ticks. Ein biederer Kieberer aus Floridsdorf der mit seiner Nachbarin Frau Schulz die Vorliebe für Krimiromane teilt und die ihm immer bei den Ermittlungen zur Seite steht.
Bis jetzt erschienen drei Krimis in dieser Reihe. Kurzweilige Unterhaltung. Erhältlich über Kindle Unlimmited oder als Taschenbuch.
Stefan Papp – Der Narr
Solide, spannende Unterhaltung mit ein wenig Action bietet auch Stefan Papp. Er hat bisher zwei Krimis oder besser Krimisatiren veröffentlicht. Der Narr spielt in Linz und im Mühlviertel. Der Student Sam, der nach einer durchzechten Nacht und einem Blackout nicht so recht weiß ob er jetzt ein Mörder ist oder nicht, muss sich mit einem schluddrigen Chefinspektor Remmel und einem skrupellosen Auftragsmörder herumschlagen.
Auch die zweite Geschichte “Der Magier” hat Sam und Chefinspektor Remmel als Hauptprotagonisten und spielt auch wieder in Oberösterreich.
Jennifer B. Wind – Als Gott schlief
Ein spannender Thriller der hauptsächlich in Wien und Niederösterreich spielt aber keinen ausgeprägten österreichischen Lokalkolorit erkennen läßt. Eine Serie von brutalen Morden an Geistlichen und Nonnen hat ein Team der Mordkommission Wien rund um Jutta Stern und ihrem Partner Tom Neumann aufzuklären.
Jennifer B. Wind recherchierte über die Skandale der katholischen Kinderheime in Irland aber auch in Österreich. Die Details die in den letzten Jahre dahingehend auftauchten sind schockierend. Jennifer B. Wind hat diese Geschichten in ihren Roman eingebaut. Sie macht das in teils sehr harten und expliziten Passagen. Im Nachwort geht sie auch darauf ein: “Sie [….] können das Buch weglegen [ …. ] Die Kinder konnten das nicht und sind heute, als erwachsene Menschen, teilweise immer noch in ihren Albträumen gefangen.”
Solide Krimiunterhaltung aus Österreich.
Michel Reimon – #Incommunicado
Eine Besonderheit ist der Krimi #Incommunicado von Michel Reimon – aktuell Abgeordneter im Europaparlament für die Grünen. Die Besonderheit ist, dass er sowohl auf Verlag als auch auf eine Vertriebsplattform verzichtet hat. Er hat seinen Roman #Incommunicado 2012 einfach auf seine Homepage als PDF zum Download gestellt. Noch dazu in einer Creative Commons Lizenz.
Reimon schreibt auf seiner Homepage, dass er seit 2004 daran gearbeitet hat. Er ist aber bei Verlagen abgeblitzt, da man Romane eines Politikers nur schwer vermarkten könne.
Er hat sich dazu entschieden den Roman einfach so zu veröffentlichen – gratis und ohne DRM.
Der Krimi ist gerade für politisch interessierte Menschen unglaublich spannend zu lesen. Ein Krimi über Kultur, Medien, Urheberrecht, Demokratie. Man merkt, Reimon ist nicht nur Politiker, er war auch Lehrbeauftragter an der Uni. Er hat etwas zu sagen, er hat historisches Wissen und er hat Vorstellungen wo die Zukunft hingeht. Reimon hat bisher Sachbücher geschrieben. Hier hat er die Inhalte in einen spannenden Roman verpackt.
Mich stört übrigens das Ende des Romans. Es passt mir irgendwie nicht. Dank Creative Commons Lizenz könnte ich das Werk übrigens jederzeit hernehmen und umschreiben – ganz ohne Gefahr zu laufen wegen einer Urheberrechtsverletzung verklagt zu werden. Das ist auch noch eine Besonderheit.
Autor: Franz Fuchsbauer
Bildquellen: Mostplutzer – www.leselaus.at, Der Narr – www.luzifer-verlag.de, Kommissar Mandel, Als Gott schlief, #Incommunicado – Screenshot aus Kindle Reader bzw. PDF, Titelbild – www.pexels.com