Wrabetz: Politische Stiftungsräte entsprechen „Vielfalt“, Generaldirektor jetzt „ganz besonders“ unabhängig. Wahlverlierer Grasl: „Sehen uns sicher wieder“.
Wrabetz erfreut, "Unternehmen fünf weitere Jahre führen zu dürfen" #ORFwahl pic.twitter.com/qZecwXD5eE
— Unsere Zeitung (@UnsereZeitung) August 9, 2016
Das bestimmende Thema nach der geschlagenen Wahl zum ORF-Generaldirektor war der Einfluss politischer Parteien im Stiftungsrat. Bei einer Pressekonferenz am späten Dienstagnachmittag quittierte Dietmar Hoscher eine entsprechende Anfrage mit „Kein Kommentar“. Der ehemalige SP-Nationalrat ist seit 2014 Vorsitzender des Stiftungsrats. Auch Alexander Wrabetz, der wiedergewählte ORF-Generaldirektor, wollte nicht jenes Gremium anpatzen, das ihn gerade bestellt hatte. Doch die versammelten MedienvertreterInnen gaben sich unzufrieden: Ob es für ihn wirklich glaubhaft sei, dass die Politik hier keinen Einfluss nahm und wie man das dem Publikum vermitteln wolle? Schließlich hätten alle roten Stiftungsräte für ihn, alle schwarzen für den Kaufmännischen Direktor und Herausforderer Richard Grasl votiert. Grasl hatte seine WählerInnen als „Kapitalseite“ bezeichnet.
Wrabetz entgegnete, dass es natürlich auch „politische Entsendungen“ im Stiftungsrat gebe, das entspreche auch der „Vielfalt“. Der neue alte Generaldirektor betonte aber: „Es gab keinen Deal mit der Regierung.“ Mit Blick auf das Publikum und die Medien sagte Wrabetz, es gelte nun, den ORF aus der öffentlichen Diskussion im Vorfeld der Bestellung wieder herauszuführen.
Jetzt müsse der Dialog mit dem Publikum intensiviert werden. Der ORF-Chef betonte einmal mehr den dafür notwendigen Umbau des Konzerns hin zu einem „Social Media-Haus“. Er freue sich jedenfalls sehr darauf, fünf weitere Jahre an der Spitze stehen zu dürfen. Hoscher warf schmunzelnd ein, der beste Job im Land sei immer noch „Vorstandsdirektor der Casinos Austria“. Das sollte wohl solidarisch die angriffigen Fragen von Wrabetz ablenken, wirkte aber deplatziert. Jedenfalls sei seine Unabhängigkeit nach der letzten Wahl „ganz besonders der Fall“, wie der General betonte.
Der zweite Schwerpunkt der Fragerunde betraf den Rundfunkbeitrag, gemeinhin GIS– oder ORF-Gebühr genannt. Im Gespräch sind 10,5 Prozent. Wrabetz wollte nach dem „aufgeheizte[n] Wahlkampf“ das Thema meiden. Ob der Beitrag in seiner dritten Amtsperiode „gleichbleiben, erhöht oder gesenkt“ wird, werde erst mit dem Finanzplan für die neue Beitragsperiode geklärt. Wichtiger war ihm, die unmittelbar anstehenden Schritte anzukündigen. Am 15. September will er etwa sein neues Team vorstellen, vor allem die neuen „Landesdirektorinnen und -direktoren.“
Wrabetz mit 18:15 Stimmen gewählt
Der Stiftungsrat hatte am Dienstag gut sechs Stunden auf sich warten lassen. Beide Bewerber betonten am Spätnachmittag, die Sitzung sei konstruktiv und sehr sachorientiert an den Konzepten entlang geführt worden. Als gegen 15:45 Uhr feststand, dass Grasl mit 15:18 Stimmen und zwei Enthaltungen gegen Wrabetz unterlegen war, trat er vor die Medien. Zunächst sei das demokratische „Ergebnis zu akzeptieren“. Grasl gratulierte seinem Kontrahenten. Der Stiftungsrat „hat es sich nicht einfach gemacht“, der Herausforderer „habe intensive Debatte erlebt.“ Er glaubt, es sei „ein bissl auch gelungen“, seine Ideen zu präsentieren und das ein paar davon umgesetzt werden. Der ehemalige Chefredakteur des ORF Niederösterreich gab sich auch kämpferisch: „Wir sehen uns sicher wieder.“
Tweet: Wrabetz (Mitte) mit Hoscher (Mitte, links) nach dem Wahlsieg im Foyer des ORF-Zentrums.
EDIT 13:15 – kleine Tipp- und Formulierungsfehler ausgebessert.
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