[3K – Massenmedien am Montag: Folge 84]

14690753255_4873ffa901_bMontagabend, 5. September: Am Flughafen Schwechat decken wir uns bei einem Zeitschriftenstand ein. Ich freue mich darauf, mal wieder die deutsche LE MONDE diplomatique zu lesen. Zudem schnappe ich mir die aktuelle CHARLIE HEBDO und die junge Welt (jW). Liegt die eigentlich noch irgendwo in Wien auf? Oder ist das Interesse der Salonlinken an diesem Blatt genauso schnell vergangen wie an CHARLIE? Annemarie nimmt ein, zwei Bücher, Tschick, Nacht über Reykjavík, außerdem die WIENERIN. Bis Lisboa sollten wir auskommen.

 

Dienstag, 6. September: Uns fallen kleine, an Holzlatten befestigte Segel auf, die als Werbeträger an Laternenmasten hängen. Sie baumeln in der Atlantikbrise, säumen ganze Straßenzüge. Não há festa como esta! Es gibt kein Fest wie dieses, steht da. So bewirbt die PCP ihr Zeitungsfest, die Festa do Avante. Es jährte sich heuer zum 40. Male. Wir sind leider zwei Tage zu spät. Schon das Sportprogramm macht bewusst, was für ein Lercherlschaß das Volksstimmenfest dagegen ist: Rollstuhlbasketball, Hockey, Gymnastik, um bloß die Exoten zu nennen.

Dienstagabend: In der jW findet sich ein fundierter Beitrag über Polens Medienpolitik, über Prozesse und Postenschacher. Ein Artikel des Ressorts Écologie bei CHARLIE sticht hervor: Fabrice Nicolino geißelt Liberale, die auf Öko machen. Der Kampf gegen den Klimawandel, so zitiert Nicolino, müsse im Rahmen bleiben, dürfe den Profit nicht beschneiden. Denn das ist böse!

 

Mittwochabend, 7. September: Annemarie ärgert sich am Strand über ein Interview in der WIENERIN. Ursula Neubauer schreibt über die „Generation Z“ (What?) eingangs: „Wir ergründen jetzt nicht theoretisch“, wie man Gegenwart und Zukunft verknüpfen könnte, sondern schaue auf die Jugend, die mache „nämlich einiges richtig.“ Diese Universalthese und die anfängliche Abwehr selbiger stehen in einem Absatz. „Furchtbar verallgemeinernd,“ meint Annemarie. Ich lese die erste Seite nicht mal fertig, denn es stimmt.

 

Donnerstag, 8. September: Die Landessprache trägt laut unserem Tourguide starke Spuren der Mauren. Deshalb klinge seine Zunge, als ob er eine heiße batata darauf jongliere. Ach, und die Führung sei nicht dazu da, auf Lusitaniens Hügeln Pokémons zu jagen.

Donnerstagabend: Ein letzter Ritt mit dem elétrico, einer Lissaboner Bim. Runter in das Grätzl um den Cais do Sodré, wo es billiges, gutes Essen gibt, auch Einheimische speisen. Die Kellner sind sehr freundlich, meist aber stur: Sie sprechen nur mit der batata im Mund. Mit Spanisch und Französisch durchblickt man die Karte – wie das Zeitungsangebot der Trafiken – ganz gut; der Bacalhau und die Peixes no forno sind köstlich, die cervejas gut gekühlt.

 

Freitag, 9. September: Umstieg am Flughafen Brüssel. Ist das Fritz Neugebauer? Und liest er eine PRADA-Beilage der FAZ? Abends läuft wieder die ZiB und eine Frage kommt auf: Was ist das bloß für eine Bananenrepublik? Nicht Portugal, sondern Österreich. Vielleicht kann man die Wahlkarten in Sarajevo drucken, hat ja der FPÖ auch gereicht.

Foto: FotoJonicElétrico no Combo (Lizenz: CC BY 2.0)

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