Donald Trump wurde auch zum US-Präsidenten gewählt, weil er einen grundsätzlichen Wandel in der Wirtschaftspolitik versprach. Manuel E. Yepe hält das für unrealistisch. Der kubanische Ökonom erwartet marginale wirtschaftliche Effekte, sinkende Löhne und Billionen von Dollars, die in die Taschen von Großunternehmen wandern.
Laut der jüngsten Umfrage von Gallup haben die US-Bürger recht hohe Erwartungen an die Wirtschaft unter Präsident Donald Trump. Mehr als 60 Prozent glauben, dass sich unter Trump die wirtschaftliche Lage bessert und neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Noch überraschender ist, dass der Index der Konsumerwartungen, den die Universität Michigan gewöhnlich berechnet, im November 2016 mit der unglaublich hohen Zahl von 93,9 angegeben wurde.
Dies zeigt eine erheblich verbesserte Einstellung der Konsumenten gegenüber der Wirtschaft insgesamt, was alles zusammen Ergebnis eines zunehmenden Optimismus in der Folge der jüngsten Wahlen ist.
Das sind besonders bedeutsame Ergebnisse, die nicht nur bestätigen, dass die Wirtschaftsthemen an erster Stelle in den Novemberwahlen standen, sondern auch, dass (wie eine Umfrage vom Edison Research-Institut bestätigt) 60 Prozent der Wähler der Meinung waren, dass das Land auf dem falschen Weg war und nahezu der gleiche Anteil der Meinung war, dass es der Wirtschaft schlecht geht. Ein Drittel der Wähler sieht voraus, dass es der nächsten Generation schlechter gehen wird.
Die gescheiterte Wirtschaftspolitik von Barack Obama
Die Wahlen waren in Wahrheit eine Art Volksabstimmung über die Wirtschaftspolitik der Regierung von Barack Obama und 60 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass sie gescheitert war. Dies muss man jetzt vor dem Hintergrund der Proteste sehen, die in verschiedenen Orten im Land ausgebrochen sind und wo die Trump-Wähler beschuldigt werden für einen Rassisten gestimmt zu haben.
Mike Whitney, ein US-Journalist mit australischen Wurzeln, der im Staat Washington lebt und Co-Autor des Buches „Verzweiflung: Barack Obama und die Politik der Illusion“ (engl.: Hopeless: Barack Obama and the Politics of Illusion) ist, ist nicht sicher, dass die Mehrheit der Trump-Wähler aus einer Zustimmung heraus für die nationalistische Bewegung der Weißen für ihn gestimmt hat. Sie haben vielmehr einen Kandidaten gewählt, der die Wirtschaftspolitik ändern würde, die zerstörerisch für sie war.
Mit anderen Worten: Die Wahlen waren eine Abstimmung über die Wirtschaftspolitik Obamas und 60 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass sie gescheitert ist. Diese Ergebnisse geben zu bedenken, dass, wenn Obama sich hinreichend zu Themen geäußert hätte wie dem Stillstand der Lohnentwicklung und Einkommensverluste, Verschuldung der Studenten oder allgemeine wirtschaftliche Unsicherheit, dann wäre Hillary Clinton wahrscheinlich heute Präsidentin. Der Sieg gehörte demjenigen, der einen grundsätzlichen Wandel in der Wirtschaftspolitik versprach.
Trumps Plan ist kein echtes Infrastrukturprogramm
Laut Steve Bannon (1), Berater und Chefstratege in Trumps Wahlkampfteam, braucht der gewählte Präsident jetzt eine starke Koalition zur Ankurbelung der Wirtschaft und zum Anstoßen der notwendigen Wachstumspolitik. Bannon behauptet, dass die Demokraten die US-amerikanische Arbeiterklasse zerstört und eine Mittelschicht in Asien geschaffen haben. Die Herausforderung besteht darin, das zu erobern, was die Demokraten verloren haben, nämlich 60 Prozent der Stimmen der Weißen und 40 Prozent der Stimmen der Schwarzen und Hispanos.
„Wir treiben ein Infrastrukturprogramm voran von Billionen von Dollars. Bei negativen Zinssätzen in der ganzen Welt ist das die beste Gelegenheit um alles wieder aufzubauen, auch die Werften und die Stahlindustrie. Es wird etwas so Bewegendes sein wie das, was in den 1930er Jahren passiert ist, noch größer als die Revolution von Reagan (in den 1980ern), als die Konservativen zusammen mit den Populisten eine einzige Bewegung der nationalen Wirtschaft gebildet haben.“
„Wir werden die korrupte politische Klasse besiegen und eine Koalition aufbauen, die 50 Jahre lang regieren wird“, verkündete Bannon.
Der Plan von Trump ist kein echtes Infrastrukturprogramm. Es ist ein Steuersenkungsprogramm zugunsten der Industrie und des Bausektors, ein gewaltiges Wohlfahrtsprogramm für die Unternehmer. Anstatt direkt neue Straßen, Brücken, Wassersysteme und Flughäfen zu finanzieren, wie es im Infrastrukturprogramm von Hillary Clinton 2016 vorgeschlagen wurde, geht es in Trumps Plan um Steuerbefreiungen für private Investoren, die rentable Bauvorhaben realisieren. Es ist also ein Programm, das die Investoren subventioniert und nicht die Infrastrukturprojekte selbst.
Billionen Dollars für Großunternehmen
Im Programm versteckt enthalten sind Regelungen zur Absenkung des Lohnniveaus im Baugewerbe, zur Unterminierung der Gewerkschaften und schließlich zur Absenkung der Arbeiterlöhne. Es kann als sicher gelten, dass Umweltschutznormen zu Leerformeln werden wegen der Beschleunigung der Bauprojekte. „Diese Joint Ventures (zwischen Staat und Privatwirtschaft) sind nichts anderes als ein Trick, damit die großen Unternehmen der Regierung das Geld aussaugen. Sie nützen weder der Wirtschaft noch den Arbeitern“, beklagt Whitney.
Das Wirtschaftsprogramm von Trump wird das BIP allenfalls ein bisschen erhöhen, während gleichzeitig Billionen von Dollars auf die Bankkonten der Großunternehmen überwiesen werden, die Komplizen der Wall Street sind.
Über den Autor: Manuel E. Yepe Menéndez ist Jurist, Ökonom und Politologe. Er war Botschafter von Kuba, Generaldirektor der lateinamerikanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina und Vizepräsident des kubanischen Instituts für Radio und Fernsehen (Instituto Cubano de Radio y Televisión). Zudem war er Gründer und Direktor des Technological Information System (TIPS) des UNO Programms für Entwicklung (PNUD) in Kuba und Sekretär der kubanischen Bewegung für Frieden und Souveränität der Völker. Manuel E. Yepe ist heute Professor an der Hochschule für Internationale Beziehungen in Havanna.
Der Beitrag erschien in spanischer Sprache erstmals auf dem Blog von Manuel E. Yepe. Deutsche Übersetzung: Dr. Susanne Hildebrandt für Neue Debatte, Kooperationspartner von Unsere Zeitung
(1) Stephen „Steve“ Kevin Bannon ist Publizist und Filmemacher. Nach der Präsidentschaftswahl 2016 ernannte ihn der neue US-Präsident Donald Trump zu seinem Berater (Counselor to the President) und Chefstrategen im Weißen Haus. Seit dem 29. Januar ist Bannon Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates der Vereinigten Staaten. Linke Gruppierungen und Bürgerrechtler werfen Bannon eine antisemitische und rassistische Gesinnung vor, die der Theorie einer Überlegenheit der weißen Rasse folgt.
Foto: Steve Bannon (Public Domain Mark 1.0), Titelbild: „Workers“ von Daily Sunny (Lizenz: CC BY 2.0)