Gefährliche Drohung

Am Freitag wurde bekannt, dass das österreichische Finanzministerium prüft, was es hierzulande bedeuten würde, die Sozialleistungen auf das deutsche Niveau zurückzuschrauben. Die konservative Volkspartei, der man das Etikett “christlich-sozial” schon längst nicht mehr zubilligen kann, will also offenbar ein rot-weiß-rotes “Hartz IV-Modell” ausarbeiten. Das ist eine gefährliche Drohung!

Von Michael Wögerer
 
“Die deutsche Zusammenlegung und Kürzung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe (Hartz IV) hat eine massenhafte Verarmung, einen Niedriglohnsektor und eine verschärfte Verteilung des Reichtums von unten nach oben mit sich gebracht”, warnt Lukas Oberndorfer, wissenschaftlicher Referent in der Abteilung EU & Internationales der Arbeiterkammer Wien in einem vielbeachteten Facebook-Kommentar.
 

„Herausgekommen ist ein System, mit dem die Arbeitslosen diszipliniert und bestraft werden.“ Peter Hartz über Hartz IV

 
Sigmar Gabriel und Sebastian Kurz (bmeia.gv.at; Foto: Dragan Tatic)
“Wirft man (…) einen Blick auf die Inhalte der ÖVP & Sebastian Kurz und das, was die FPÖ in ihrem Wirtschaftsprogramm vorschlägt, wird klar, dass eine ÖVP/FPÖ-Regierung den radikalsten Kahlschlag sozialer Rechte bedeuten würde, den wir je seit 1945 erlebt haben”, konstatiert Oberndorfer in einem Nachtrag.
 
Die sozialen Folgen einer Einführung von “Hartz IV” in Österreich wären verheerend: Ende der Notstandshilfe (Schwächung des Versicherungsprinzips), noch weniger Geld für Arbeitslose, steigende Langzeitarbeitslosigkeit und Altersarmut, Arbeiten um jeden Preis und Ausweitung des Niedriglohnsektors (Ein-Euro-Jobs/Ich-AGs), Armut trotz Arbeit (Working-Poor) und zu schlechter Letzt höhere Sozialausgaben für die Gemeinden.
 
“Die Stoßrichtung vonseiten der WirtschaftsvertreterInnen in Österreich ist klar: Man soll Arbeitslose noch mehr unter Druck setzen, denn mit einem Hartz-IV-System könnten auch in Österreich die Lohnstückkosten gesenkt werden, schrieb Ilse Leidl-Krapfenbauer bereits vor zwei Jahren im Blog Arbeit&Wirtschaft. “Die Würde der Hilfebedürftigen und ihr Anspruch auf Unversehrtheit geraten zunehmend unter die Räder eines außer Kontrolle geratenen Wettkampfprinzips. Eine solche Praxis ist kein Erfolgsmodell. Nicht für Deutschland, nicht für Europa und auch nicht für Österreich”, ergänzte ebendort der deutsche Arbeits- und Wirtschaftssoziologe Klaus Dörre.
 
Bei der notwendigen Kritik an den (noch dementierten) ÖVP-Plänen, darf allerdings nicht vergessen werden, dass es in Deutschland eine rot-grüne Regierung war, die 2005 die Hartz-IV-Reformen umgesetzt hat. Das erinnert mich an die Antwort im Semiosis-Interview auf die Frage, was ich tun würde, wenn ich Sozialminister wäre:
 

„Für konkrete Verbesserungen brauchen wir eine gesamtstaatliche Politik, die Armut und nicht die Armen bekämpft. Eine soziale Regierung. Derzeit und in naher Zukunft werden wir aber vom Staat keine Verbesserungen erwarten können, also müssen wir uns von Unten organisieren.“

Titelbild: Gewitterwolke (pixabay.com; public domain)

Der Beitrag erschien zuerst als Facebook-Notiz von Michael Wögerer im Rahmen seines Projekts „31 Tage Mindestsicherung – Eine Annäherung“. Mehr dazu auf neue-debatte.com

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