Frankreich, Island, Schweiz, ÖSTERREICH
Die 12. Fußball-Europameisterschaft der Frauen naht in großen Schritten. Vom 16. Juli bis zum 7. August treffen in den Niederlanden die besten Teams des Kontinents aufeinander, doch anders als beim Männerfußball hält sich der Hype rund um dieses Turnier in Grenzen. Der Frauenfußball fristet in Europa trotz positiver Entwicklungen in den vergangenen Jahren noch immer ein (vor allem mediales) Schattendasein und eine regelrechte Euphorie, wie beispielsweise bei der letztjährigen Männer-EM, ist schon gar nicht zu spüren. Unsere Zeitung will das ändern und stellt in den kommenden Tagen alle Gruppen, die Teams, deren Stars und ihre Chancen vor.
Von Moritz Ettlinger
Gruppe C
Die Teams
Österreich bekommt es in der Gruppe C mit drei schwierigen Gegnern zu tun. Allen voran sind hier die französischen Damen zu nennen. Die derzeitigen Dritten der FIFA-Weltrangliste haben sich vor allem in den letzten Jahren an der Weltspitze etabliert, erreichten bei den letzten beiden Europameisterschaften sowie bei der WM 2015 jeweils das Viertelfinale und belegten bei der WM 2011 sowie bei den Olympischen Spielen 2012 in London sogar Platz 4. Hinzu kommt noch die herausragende Qualifikation für dieses Turnier, in der die Französinnen mit 8 Siegen aus 8 Spielen über ihre Konkurrenz hinwegfegten.
Die Isländerinnen hingegen sind im Frauenfußball noch ein eher unbeschriebenes Blatt. Bisher nahmen die Inselkickerinnen erst drei Mal an einem Großereignis teil (EM 1995, 2009 & 2013), die Formkurve stimmt aber – 2013 konnten sie das Viertelfinale erreichen und auch die Qualifikation für die Niederlande 2017 beendete Irland mit sieben Siegen und nur einer Niederlage auf dem ersten Platz.
Auch die Schweizerinnen traten erst von kurzem ins Scheinwerferlicht. Nachdem sie sich 2015 das erste Mal für eine Weltmeisterschaft qualifizieren und in Kanada sogar ins Achtelfinale einziehen konnten, ist auch die EM 2017 ihr Debut bei einem europäischen Großereignis. Man darf also gespannt sein, was die Kickerinnen aus dem 8-Millionen Land bei diesem Turnier bieten werden.
Nicht nur an der Einwohnerzahl gemessen vergleichbar, will sich Österreich als viertes Team bei dieser EM beweisen. Auch die österreichischen Damen sind heuer das erste Mal bei einer Europameisterschaft dabei, für sie ist es die erste Teilnahme bei einem Großereignis überhaupt. Dementsprechend aufgeregt fiebern viele Fans auf das Turnier hin, in der Hoffnung, dass die Frauen etwas erfolgreicher sind als die Herren vor einem Jahr.
Das allererste Länderspiel ihrer Geschichte bestritt das österreichische Frauennationalteam übrigens ausgerechnet gegen das Schweizer Team (das Spiel ging für Österreich mit 1:5 verloren), das nun auch im Auftaktspiel der Gruppe C (Di, 18. Juli, 18.00 Uhr) sein erster Gegner sein wird.
Die Stars
In der Gruppe C stechen vor allem zwei Spielerinnen heraus, die bei diesem Turnier für Furore sorgen könnten: das französische Sturmduo mit Marie-Laure Delie und Eugénie Le Sommer. Die 29-jährige Delie und die 28-jährige Le Sommer stehen mit 65 bzw. 60 Treffern in der Blüte ihrer Karrieren bereits auf den Plätze 2 und 3 der ewigen Torschützinnen-Liste des französischen Damenteams und bilden gemeinsam mit der offensiven Mittelfeldspielerinnen Gaëtane Thiney (31, 50 Tore im Nationalteam) eines der gefährlichsten Offensivtrios Europas.
Aber auch die anderen Teams haben starke Spielerinnen in ihren Reihen. Vor allem aus österreichischer Sicht interessant ist die Stürmerin Nina Burger. Mit gerade einmal 30 Jahren und 46 Toren in 85 Spielen ist sie Rekordtorschützin des Nationalteams und auch die Spielerin mit den meisten Einsätzen unter den aktiven Spielerinnen. Nach sehr erfolgreichen Jahren bei einem der stärksten österreichischen Bundesligisten, dem SV Neulengbach (u.a. 8 Meistertitel und 7 Cup-Siege), und einem kurzen Abstecher zu Housten Dash in die National Women’s Soccer League, der höchsten Liga im US-Amerikanischen Frauenfußball, steht Burger seit 2015 beim deutschen Bundeligisten SC Sand unter Vertrag.
Weitere „Women to watch“ in der Gruppe C: Laura Feiersinger (Österreich, 24, SC Sand, früher Bayern München), Viktoria Schnaderbeck (Österreich, 26, Bayern München) und Ramona Bachmann (Schweiz, 26, FC Chelsea).
Prognose – Wer übersteht die Gruppenphase?
Dass Frankreich den Einzug ins Viertelfinale schafft, gilt als sehr wahrscheinlich. In ihrer aktuellen Form und als 3. der FIFA-Weltrangliste sind die Französinnen mehr als nur ein Mitfavorit auf den Titel und ein Ausscheiden in der Gruppenphase wäre eine mittel- bis sehr große Überraschung.
Eine Prognose auf die Frage, wer denn als zweites Team weiterkommen würde, bezeichnete Frauenfußball- und UZ-Expertin Renate Vodnek als „schwer, aber ich würde auf Island tippen. Sie waren 2013 im Viertelfinale, davor allerdings nicht qualifiziert.“
Die Schweiz und Österreich sieht Vodnek eher auf den hinteren beiden Plätzen, obwohl sie auf Österreich hofft: „Sie haben eine gute Qualifikation gespielt und sich in den letzten Jahren unter Trainer Dominik Thalhammer trotz aller widrigen (finanziellen und strukturellen) Umstände sehr gut entwickelt.“
In der Gruppe C ist das Rennen um die Viertelfinalplätze so offen wie in keiner anderen Gruppe. Für Frankreich stehen die Chancen auf ein Weiterkommen sehr gut, danach zeichnet sich aber ein harter Kampf um Platz 2 ab, sowohl Island als auch die Schweiz und natürlich Österreich dürfen sich berechtigte Hoffnungen auf den Einzug in die Runde der letzten 8 machen. Vielleicht ja sogar mit dem besseren Ende für Österreich.
Spielplan (Gruppe C)
Dienstag, 18. Juli (18.00 Uhr, Deventer): ÖSTERREICH – Schweiz
Dienstag, 18. Juli (20.45 Uhr, Tilburg): Frankreich – Island
Samstag, 22. Juli (18.00 Uhr, Doetinchem): Island – Schweiz
Samstag, 22. Juli (20.45 Uhr, Utrecht): Frankreich – ÖSTERREICH
Mittwoch, 26. Juli (20.45 Uhr, Breda): Schweiz – Frankreich
Mittwoch, 26. Juli (20.45 Uhr, Rotterdam): Island – ÖSTERREICH
(ORF eins und ORF SPORT + übertragen die meisten Spiele live;
alle Gruppenspiele und Finalspiele der Frauenfußball-EM 2017 werden auch in diesen Wiener Szene-Lokalen: GUGG, Zweistern und WUK-Innenhof/Stattbeisl live übertragen – Public Viewing)
Bisher:
- Gruppe A (Niederlande, Norwegen, Dänemark, Belgien)
- Gruppe B (Deutschland, Schweden, Italien, Russland)
Titelbild: Österreich, FIFA Women’s World Cup 2015, Qualifying (Ailura ; Lizenz: CC BY-SA 3.0 AT)