Ein Kommentar von Udo Bachmair, Präsident der Vereinigung für Medienkultur
Das alte Links-Rechts-Schema hat freilich teilweise ausgedient. Doch es bietet zumindest grobe Orientierungshilfe, auch wenn ideologische Grenzen verschwimmen. Es fällt auf, dass sich Einschätzungen über die Verortung politischer Positionen im Links-Rechts-Spektrum signifikant gewandelt haben. Was vor wenigen Jahren noch rechts war, ist aus der Sicht vieler Akteure in Politik und Medien in die begehrte politische Mitte gerutscht. So überrascht es kaum, dass sogar JournalistInnen, wie etwa die insgesamt so kundige KURIER-Redakteurin Daniela Kittner, die beiden klar rechtsorientierten Regierungsparteien in spe in den Mitte-Rechts-Bereich einordnet.
Im Sog des europaweiten rechten Zeitgeistes sind rechte Positionen offenbar salonfähig und selbstverständlich geworden, besonders in Österreich. Das zeigt sich besonders klar beim Thema Migration. Wenn etwa engagierte Menschen aus NGOs oder Kirchen auch für menschenrechtliche Aspekte der Flüchtlingsfrage sensibilisieren wollen, werden sie von der breiten Öffentlichkeit oft als Naivlinge belächelt und verunglimpft. Das erscheint durchaus logisch. Denn der politische und mediale Mainstream sieht Flüchtlinge thematisch meist nur im Zusammenhang mit Kosten und Sicherheit. Der neue alte Begriff „Heimatschutz“ tut da sein Übriges, seit ihn die Koalitionsverhandler aus der historischen Mottenkiste geholt haben.
Der Grazer Sprachwissenschafter Rudolf Muhr hält das in einem STANDARD-Interview für „ziemlich befremdlich“. Der Begriff, der an die Zwischenkriegszeit erinnert , gilt als belastet. Damit wurde damals alles Linke, alles Fremde, verteufelt. Daher fand der Begriff in der Zweiten Republik keine Verwendung mehr. Nun also die Renaissance dieses umstrittenen Worts. „Es soll damit Angst geschürt werden“, meint Muhr. Schließlich werde signalisiert, dass die Heimat von etwas bedroht wird. Und wer sonst als Flüchtlinge, Asylwerber, Moslems eignen sich unter Anfeuerung des Boulevards als besondere Feindbilder?
Muhr ortet generell eine „kontinuierliche sprachliche Aufrüstung in der Politik“. Der Grazer Germanist weiter: „Zumindest unter der Oberfläche und in sozialen Netzwerken ist die Ausdrucksweise inzwischen ähnlich weit rechts wie in den Dreißigerjahren.“ Ein Warnzeichen auch für die Medienkultur in unserem Land.
Titelbild: Gruppe mit Engelbert Dollfuss, Juni 1928 (Foto: Charles Scolik, gemeinfrei)