Mehr als nur (h)ockey

Randsportarten im Fokus – Teil 3: Hockey

Von Moritz Ettlinger

Hockey ist die erfolgreichste olympische Mannschaftssportart in Österreich. Das behauptet zumindest der Österreichische Hockeyverband (ÖHV) auf seiner Website. Und tatsächlich: Mit einem Weltmeister-, zwei Europameister -, zwei Vize-Europameistertitel und einem Vize-Weltmeistertitel steht vor allem das Herren-Nationalteam an der Spitze des Erfolges im heimischen Team-Sport. Die großen Highlights wie der Weltmeistertitel im Februar dieses Jahres, aber auch Großereignisse im Allgemeinen werden von den großen Medien des Landes durchaus beachtet, das WM-Endspiel am 11. Februar wurde sogar auf ORF eins übertragen. In dieser Zeit, während der großen Events, dürfen Österreichs Hockey-Nationalteams kurz aus der Deckung hervortreten und ein wenig Rampenlicht genießen. Davon abgesehen sieht die Sache anders aus. Kaum ist ein Großereignis wieder vorbei, passiert mit der Aufmerksamkeit des Hockey-Sports dasselbe. Über die Liga beispielsweise berichtet niemand. Und auch darüber hinaus lässt der Bekanntheitsgrad des Hallen- oder des Feldhockey zu wünschen übrig. „Frage ich Leute auf der Straße nach Hockey, kennen die nur Eis- und Inlinehockey. Dass man das auch mit Schuhen spielen kann, ist ein Wunder für die“, formulierte es der Kapitän des Hockey-Nationalteams der Herren, Xaver Hasun, am 12. Februar 2018 im „Standard“ sehr treffend. Doch: Warum ist das so?

Die Hockey-Basics

„Hockey vereint Athletik, Technik, Taktik wie kaum ein anderer Sport“ – Fabian Ringler, Mitglied des ÖHV-Präsidiums (Foto: Frank Uijlenbroek)

Aber von Anfang an. Das Hockey, das, wie es Hasun ausdrückt, „mit den Schuhen“ gespielt wird, wird im Allgemeinen in zwei Arten unterteilt: Feldhockey und Hallenhockey. In letzterem waren eben Österreichs Herren in den vergangenen Jahren so erfolgreich, aber dazu später mehr. Das Hallenhockey-Spielfeld hat die Größe eines Handballfeldes, ist also 40m lang und 20m breit. Beim Feldhockey misst der Platz 91m in der Länge und 55m in der Breite. Gespielt wird mit einem Schläger mit einem runden Halbkreis am Ende des Stockes, vergleichbar mit einem Eishockeyschläger und einem aus Hartplastik bestehenden Ball, der etwas größer als jener beim Tennis ist.
Die Teams bestehen beim Feldhockey aus jeweils elf SpielerInnen, in der Halle stehen pro Team sechs Frauen oder Männer auf dem Platz. Das Ziel des Spiels ist klar: Das Team, das den Ball innerhalb der Spielzeit von 4x 15 (Feld-) bzw. 2x 25 min. (Hallenhockey) öfter im gegnerischen Tor (das übrigens einem Handballtor ähnelt) untergebracht hat, gewinnt die Partie.

Und die Liga?

Auch die österreichische Hockey-Bundesliga ist schnell erklärt. Sowohl bei den Damen als auch bei den Herren spielen jeweils sechs Teams um den Meistertitel. Nach dem Grunddurchgang steigen die besten vier in die Finalrunde auf, das sogenannte „Final-Four“. Dort trifft dann der Erste auf den Vierten und der Zweite auf den Dritten, die SiegerInnen kämpfen dann im Finale um den Meistertitel. Darunter gibt es bei den Damen und Herren drei Ligen am Feld, in der Halle vier bei den Damen und sechs bei den Herren. Der momentan alles dominierende Verein ist der Wiener Klub SV Arminen, der in den vergangenen Jahren in allen Kategorien (Damen, Herren, Feld, Halle) den Großteil der Titel abräumen konnte (Genaue Meistertafel).

Erfolgsgeschichte Nationalteam(s)

Österreichs Hallen-Team beim WM-Titel 2018 (Foto: Frank Uijlenbroek)

Die Gegebenheiten für ein attraktives Spiel sind also allemal gegeben. Doch nicht nur das: „Hockey vereint Athletik, Technik, Taktik wie kaum ein anderer Sport und hat einen ganz eigenen Spirit, den man live erleben kann, wenn man mal ein Topevent besucht“, sagt Fabian Ringler, Mitglied des ÖHV-Präsidiums und verantwortlich für Entwicklung, Strategie und Marketing. Dennoch schaffen es nur wenige Nationalteams dieser Welt, diesen „Spirit“ dann tatsächlich in Titel umzuwandeln. Österreich ist eine davon, vor allem das Herren-Team hat in der Halle schon einige Erfolge zu Buche stehen und darf sich zweifacher Europameister und seit neuestem auch Weltmeister nennen. Erwähnenswert sind außerdem noch zwei 2. Plätze bei Europameisterschaften und einer bei einer WM. Derzeit liegt das österreichische Herren-Team sogar auf Platz 1 der Hallenhockey-Weltrangliste.
Doch während beispielsweise im Fußball jeder Sieg in einem Freundschaftsspiel auf der Titelseite der großen österreichischen Zeitungen steht, muss das Hockey-Team schon Weltmeister werden, um überhaupt beachtet zu werden und am 11. Februar 2018 ging dieser Traum für die Herren in der Halle wie gesagt erstmals in Erfüllung. Das Damen-Team kann da (noch) nicht ganz mithalten, Titelgewinne konnten bis dato noch nicht gefeiert werden. Dennoch zeigten sie in letzter Zeit immer wieder mit starken Leistungen bei Welt- und Europameisterschaften auf und stehen im Moment auf dem beachtlichen 9. Platz der Indoor-Weltrangliste. Warum aber bekommen Österreichs Hockey-Herren und -Damen nun so wenig Aufmerksamkeit?

Money, money, money?

Wenn man nach Gründen sucht, um das Schattendasein des so erfolgreichen Hockeysports in Österreich zu erklären, stößt man auf zahlreiche mögliche Antworten. Hat es mit Tradition zu tun, hat es im Land der Berge schlicht und einfach noch nie jemanden interessiert, wenn sich 22 Damen oder Herren auf dem Feld oder in der Halle mit Schlägern um Punkte matchen? Ist es die Präsenz in den Medien, bestimmen einzig und allein die großen Zeitungen, Fernsehsender und Online-Portale die Popularität eines Sportes in einem Land? Oder geht es doch, wie bei so vielem, nur ums Geld? Wahrscheinlich liegt die Wahrheit wie so oft irgendwo in der Mitte. Und trotzdem bestätigt sich die altbekannte Weisheit „Geld regiert die Welt“ einmal mehr.

Vor allem bei den Medien würden „in erster Linie kommerzielle Überlegungen“ dominieren, meint Fabien Ringler. „Wenn es um Reichweiten geht, werden rationalerweise nur jene Sportarten gebracht, mit denen die Masse erreicht werden kann. Hockey hat in Österreich eine Community von rund 4.500 Aktiven – damit sollte alles erklärt sein.“ Dennoch habe das ganze etwas von der sprichwörtlichen Henne-Ei-Problematik: „Gut produzierte Hockeyaufnahmen, gut recherchierte Hintergrund- und Erfolgsgeschichten und Berührendes über die vielen kleinen Helden im Hintergrund würden mithelfen, den Sport mehr ins öffentliche Interesse zu rücken.“ Ganz generell nimmt sich Ringler nicht heraus, Forderungen an Medien oder Politik zu stellen, viel mehr will er selbst an den eigenen Schrauben drehen und „schauen, was wir selbst beitragen können, dass wir unsere Situation insgesamt verbessern.“ Gerade auf der personellen Ebene sieht Ringler dabei Nachholbedarf. Der Verband habe sehr damit zu kämpfen, dass nur ein „hauptamtlicher Kopf für Marketing und PR“ zur Verfügung stehe. „Es braucht einen Profi […], der aus unserem Stoff eine G’schicht macht.“

Fazit

„Wir wollen aber nicht raunzen und uns in Mitleid suhlen“, ist Fabian Ringler entschlossen, sich mit der aktuellen Situation trotz aller Schwierigkeiten nicht zufrieden zu geben. Und daran tut er gut: Denn allem österreichischem Sport-Patriotismus zum Trotz gibt es nicht allzu viele Sportarten, in dem unser kleines Land derart erfolgreich ist. Es wäre jammerschade, wenn beispielsweise die österreichischen Hockey-Herren bei der nächsten Hallen-WM den Titel verteidigen würden und niemand bekäme es mit, weil die Medien unseres Landes den 32. Spieltag der zweiten Fußball-Bundesliga für wichtiger befinden.

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