…gemeinsam aber, sind wir stark und können uns dagegen zur Wehr setzen.”
Michael Garlan kommt aus den Philippinen und setzt sich bei Migrante Österreich für die Rechte seiner Landsleute ein. Im Interview mit Unsere Zeitung spricht er über die aktuelle Situation auf den Philippinen und schildert seine Beweggründe sich hierzulande gegen Ausbeutung und Unterdrückung zu engagieren.
Von Petra Nowak
UZ: Lieber Michael, kannst du uns etwas über Migrante erzählen. Welche Zielsetzungen verfolgt die Organisation?
Michael Garlan: Migrante, ist eine Organisation für Migrant*innen aus den Philippinen, die sich für die Förderung von Rechten und das Wohlergehen der philippinischen Arbeiter in Übersee einsetzt. Wir verstehen uns als patriotische Organisation philippinischer Migranten und ihrer Familien die sich für unsere legitimen Rechte, unser Wohlergehen und für wirkliche Freiheit und Demokratie für das philippinische Volk einsetzt. Wir kämpfen dabei gegen alle Formen von Ausbeutung und Unterdrückung. Migrante International ist somit ein Teil des gerechten Kampfes der philippinischen Bevölkerung für wirkliche Freiheit und Demokratie. Oftmals ist das was Arbeitsmigrant*innen erfahren extreme Ausbeutung und Unterdrückung. Wir werden, aufgrund bitterer Armut in unserem Land sowie des vorherrschenden Ausbeutungs- und Unterdrückungssystems, dass in Hauptsache ausländischer Großunternehmen und einigen wenigen nützt, gezwungen unsere Heimat und unsere Familie zu verlassen um mit dem Einkommen unsere Leben zu erhalten.
Die Hauptziele unserer Organisation liegen darin, die Rechte und die Würde von Migranten gegen alle Formen der Diskriminierung, Ausbeutung und Missbrauchs an ihren Arbeitsstätten und Gemeinden voranzutreiben und uns gegen die ganze anti-migrantische Politik zu wehren. Ein für uns wichtiger Punkt ist dabei das Recht sich zu organisieren. Für uns ist klar, dass sich das Problem der philippinischen Massenmigration nur durch eine Lösung der fundamentalen Probleme der philippinischen Gesellschaft ergeben wird.
Warum ist es eurer Meinung nach wichtig, dass sich philippinische Werktätige im Ausland organisieren?
Der Faktor der Einigkeit unter den philippinischen Wanderarbeitern ist sehr wichtig. Dieser muss gestärkt werden. Recht auf Arbeit, Recht auf faire Bezahlung, Anerkennung ausstehender Bezahlung und das Recht sich zu organisieren sind demokratische Rechte von Migranten und geflüchteten Menschen. Allein sind wir gezwungen ausbeuterische Arbeitsverhältnisse hinzunehmen. Oder wir nehmen sie schlimmstenfalls als normal wahr. Gemeinsam aber, sind wir stark und können uns dagegen zur Wehr setzen.
Der Kampf von Migrante im Ausland versteht sich dabei auch als einen Teil des Kampfes für eine eigenständige Wirtschaft und sozialer Gleichberechtigung auf den Philippinen, der der Zwangsmigration ein Ende bereiten soll. Zwangsmigration ist nämlich ein entscheidender Aspekt der philippinischen Wirtschaftspolitik. Konkret sollte der Fokus auf die Entwicklung der nationalen Ökonomie gelegt werden, was durch einen Anstieg der örtlichen Industrie, Landwirtschaft und Grundversorgung erreicht werden kann. Es muss Abstand von der neoliberalen Politik genommen werden, die sich vermehrt auf Auslandsüberweisungen der Wanderarbeiter in Übersee konzentriert. Nur dann können diese in eine Zukunft blicken, in der sie nicht gezwungen werden ihre Familien zurückzulassen bloß um zu überleben. Es geht aber auch darum Solidarität mit anderen Migrantenorganisationen aufzubauen die sich ebenso gegen Ausplünderung, die Zerstörung ihrer Umwelt und Angriffskriege engagieren. Nur gemeinsam können wir etwas gegen weitreichende Verarmung und Ungleichheit erreichen.
Wie bist du politisch bei Migrante aktiv geworden und wie kamst du nach Österreich?
Das ist eine etwas längere Geschichte. Ursprünglich komme ich aus Manila. Meine Tätigkeit als Menschenrechtsaktivist begann ich schon Anfang 1999 während ich als Vertragsarbeiter bei Sony Philippinen beschäftigt war. Um diese Zeit war ich in der Organisierung verschiedener städtischer Armengemeinden im Raum Quezon City aktiv. Unsere Arbeit konzentrierte sich dabei darauf, die städtischen Armen über ihre Lage aufzuklären, sie aufzurütteln, zu vereinen und zu mobilisieren, Es war unser Ziel diese Bevölkerungsteile in verschiedenen Städten des Landes bei der Selbstorganisierung zu unterstützen, sodass es ihnen möglich ist, ihre Rechte durchzusetzen und eine starke Kraft im Kampf um nationale Demokratie und Unabhängigkeit zu werden. Während meiner Vertragszeit bei Makro Filipinas zwischen 2000 und 2004 setzte ich diese Tätigkeit fort. Wir versuchten mit den Armen Aktionen zu Themen durchzuführen, welche ihre dringendsten und wichtigsten Bedürfnisse behandelten. Also Arbeitsplätze, Unterbringung, Löhne und Einkommen. Wir haben hier besonderen Wert auf Forderungen der sozialen Grundsicherung, wie ordentliche Unterkunft, Bildung und Gesundheitsversorgung gelegt. Auch haben wir gegen die verschiedensten Formen der Repression gekämpft. Zudem verfolgten wir die Bildung gewerkschaftlicher und außergewerkschaftlicher Organisationen auf Gemeindeebene.
Ende 2006 bin ich dann nach Saudi-Arabien gezogen, wo ich zuerst einen Job bei Best Electronics in Riad annahm und 2010 zu Sony wechselte. Hier begann ich über Migrante in der Organisierung philippinischer Gastarbeiter. Ich tat dies bis 2014 in der Funktion des Generalsekretärs von Migrante International in Saudi-Arabien.
Die philippinischen Gastarbeiter in Saudi-Arabien sind mit besonders harten Bedingungen konfrontiert. Aufgrund mangelnder Sicherheitsstandards sterben viele Männer auf Baustellen. Weibliche Filipinas, die als Hausmädchen arbeiten, sind oft Opfer von Vergewaltigung und Missbrauch. Zudem finden sich einige Gastarbeiter in den Todeszellen des Landes. Die harsche Kritik seitens Migrante an der philippinischen Regierung in Bezug auf die fehlende Unterstützung von migrantischen Arbeitskräften sowie die Kritik an der gegenwärtigen und vergangenen Politik des Exportes von Arbeitskräften hat Migrante Saudi-Arabien zu einem Stachel im Fleisch der jeweiligen Regierungen gemacht.
Uns erreichten viele Beschwerden philippinischer Überseearbeiter die sich in Notlage befinden, sowie Familien die nach Entschädigungen für erlittene Leiden verlangten. Durch die Hilfe und Unterstützung der äußerst fähigen Freiwilligen, viele ehemalige Opfer und Familienmitgliedern sowie Anwälten konnten wir durch Druckausübung angemessene legale Sozialhilfe von den zuständigen Regierungsbehörden erreichen. Wir richteten auch eine Unterkunft für Frauen ein, die etwa Opfer von Gewalt wurden und fungierten als Beratungsstelle und boten auch kostenlose Rechtshilfe an. Wir führten zudem Untersuchungen, Fallstudien und Forschungsaufträge durch und konnten durch die Dokumentation unsere Datensätze regelmäßig ausbauen. So war es uns möglich Trainingsmodule und Publikationen zur Verfügung zu stellen. Quartalsmäßig hielten wir auch eine Paaralang Migrante, eine Migrantenschulung ab, die sich sowohl an aktive wie zukünftige Gastarbeiter als auch deren Familien und Unterstützer richtete. Wir schafften es hier großangelegte Seminare und Kurse betreffend die philippinische Politik des Arbeitskräfteexports in ganz Saudi-Arabien abzuhalten. Wir versuchen ein breites Netzwerk von Freiwilligen und Unterstützern aufzubauen mit dem Ziel philippinischen Arbeitern in Übersee eine starke Unterstützung mitzugeben. Wir suchten auf unregelmäßiger Basis aber auch den Dialog und Gehör bei zuständigen Regierungsstellen.
Mein persönlicher Tätigkeitsbereich war zusätzlich zu meinem Job als Verkaufsassistent die Bewertung von Menschenrechtsverletzungen. Die Probleme waren normalerweise unbezahlte Löhne, unmenschliche Behandlung seitens des Arbeitgebers und Fragen der Rückreise auf die Philippinen.
Kurz bevor mein Vertrag mit Sony Riad im April 2014 auslief entschloss ich mich mit Unterstützung des verantwortlichen internationalen Komitees für philippinische Wanderarbeiter nach Österreich zu ziehen. Hier war ich schon von erstem Tag an für Migrante Österreich aktiv. Etwa bei den Wiener 1. Mai Demonstration. 2014 machten wir, eine Buchveröffentlichung eines sich mit Migration beschäftigenden Gedichtbandes des seit 1989 in Österreich lebenden Felipe Unlayao. In den vergangenen Jahren veröffentlichten wir Stellungnahmen gegen den Betrieb US-amerikanischer Stützpunkte und bewaffneter Interventionen sowie Menschenrechtsverletzungen durch die damalige Aquino-Regierung. Weiters führten wir Veranstaltungen zum Thema Naturkatastrophen auf den Philippinen durch und beteiligten uns an Demonstrationen und Kundgebungen.
2016 unterstützte Migrante Austria dann auch die Wahlkampagne der Parteiliste Migrante zur philippinischen Kongresswahl, die sich für die Rechte von Auslands-Filipinos einsetzt. Seit demselben Jahr arbeite ich auch mit der Wiener NGO MEN-VIA zusammen, die sich gegen Menschenschmuggel engagiert, da diese Problematik auch mit der philippinischen Diaspora verknüpft ist. Migrante Österreich war im Oktober 2016 auch beteiligt am Zustandekommen eines Friedensforums in der Philippinischen Botschaft zwischen Genossen Adelberto Silva von der Nationaldemokratischen Front und Regierungsvertretern. Inzwischen wurde dieser Prozess vom Duterte-Regime abgebrochen und der Terror gegen die Bevölkerung intensiviert. Genosse Silva und weitere Chefverhandler wurden inzwischen vom Regime verhaftet.
Als Repräsentant von Migrante war ich zudem an der 1. Wiener Rosa Luxemburg Konferenz am 3. März 2018 beteiligt, bei welcher auch Maitet Ledesma von Migrante Europe über fortschrittliche Arbeits- und Frauenkämpfe seit der Zeit von Rosa Luxemburg sprechen konnte. Dafür möchte ich mich auch nochmals bedanken.
Augenblicklich beschäftige ich mich derzeit, sofern das meine Situation zulässt, mit dem Dienstleistungsbereich. Die Tourismusindustrie in Österreich ist rekordverdächtig. Aber wie sind die Arbeitsbedingungen in diesem Bereich? Warum beklagen sich die Arbeitgeber über einen „Mangel an Facharbeitskräften“? Und wie können sich Angestellte im Tourismus-Sektor organisieren? Ich habe hier bereits Kontakte mit Stellen wie vida, LEFÖ-IBF, MEN VIA und UNDOK geschlossen, die sich hoffentlich noch vertiefen lassen.
Ich möchte zur Situation auf den Philippinen kommen. Was ist die derzeitige sozio-ökonomische Lage der philippinischen Arbeiter? Wie die Klassenstruktur der philippinischen Gesellschaft?
IBON zufolge hat sich die Jobsituation seit der Präsidentschaft Rodrigo Dutertes verschlechtert. Anstatt diese Entwicklung herunterzuspielen sollten sie offen die Problematiken zunehmender ökonomischer Unsicherheit, Inflation und Arbeitslosigkeit zugeben. Millionen Filipinos sind arbeitslos. Hinzu kommen die, die in öffentlichen Statistiken nicht aufscheinen oder die zwar einen Job haben, deren Arbeitsbedingungen aber extrem schlecht sind.
Heute gibt es weniger freie Arbeitsstellen als zu Beginn der Duterte-Regierung. Die Zahl der Angestellten fiel aber zwischen Juli 2016 und Juli 2018 um 295.000 von 40,95 Millionen auf 40,67 Millionen. Dies lässt durch einen großen Einbruch bei den Landarbeitern (um 1,8 Mio) während diesem Zeitraum erklären. Jobverlust und Erhöhung der Nahrungsmittelpreise sind charakteristisch für diese Krise im Agrarsektor.
Dort wo derzeit die meisten Jobs geschaffen werden, ist der öffentliche Sektor (ca. 500.000) gefolgt von der hauptsächlich in Kurzarbeit anstellenden Baubranche (ca. 393.000). In der der entscheidenden Fertigungsindustrie waren es nur 269.000 Arbeitsstellen, was einen Gesamtanteil von gerade einmal 14% von den in den letzten zwei Jahren neu entstandenen Stellen ausmacht. Allgemein schrumpft die Zahl neu entstehender Arbeitsplätze. Die offiziellen Statistiken wirken verzerrend, da Millionen entmutigte Arbeiter nicht als Arbeitslos gelten, selbst wenn sie keiner Arbeit nachgehen. Oft scheiden sie statistisch aus der Erwerbsbevölkerung einfach aus. Den Berechnungen zufolge gehen etwa 60,1% der Gesamtbevölkerung einer Erwerbsarbeit nach. Dies entspricht etwa einem Wert des Jahres 1982.
Auch die Arbeitsbedingungen verschlechtern sich dramatisch. Die Zahl unterbeschäftigter oder derer die Mehrarbeit nachgehen müssen stieg bis Juli 2018 um 464.000 im Vergleich zum Vorjahr an und liegt derzeit bei etwa sieben Millionen.
Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass mindesten 11,3 Millionen Filipinos Arbeitslos oder minderbeschäftigt sind, was etwa 25% der Arbeiterschaft ausmacht.
Die Inflation und die Preise schießen in die Höhe. Eine landesweite, allgemeine Lohnerhöhung wie von der Gewerkschaft Kilusang Mayo Uno (KMU) gefordert ist dringend notwendig. Langfristige Lösung kann aber nur ein investieren der Regierung in die Entwicklung der heimischen Landwirtschaft und Industrie sein.
Die Profite der philippinischen Wirtschaft würden eine solche Sozialmaßnahme locker aushalten. Eine Studie von 2013 zeigt, dass 35.000 Unternehmen mit ca. 3,9 Millionen Angestellten 1,58 Billionen Pesos an Profit erwirtschaften. Runtergebrochen und auf jeden Arbeiter aufgeteilt wären das im Jahr ca. 830 Euro!
2015 lag das durchschnittliche Tageslohnniveau landesweit bei ca. 6,30 Euro in der Hauptstadtregion lag es bei 8,80. Was noch immer gerade einmal knapp die Hälfte der Lebenshaltungskosten ausmacht.
Die von KMU geförderte Lohnerhöhung würde die Profite gerade einmal zu 12,3% belasten.
Unlängst gab es zwar eine Erhöhung des Mindestlohns für die Hauptstadtregion, diese blieb aber hinter den Erwartungen zurück.
Zur Klassenstruktur:
Die heutige philippinische Gesellschaft ist halbkolonial und halbfeudal. Dieser Zustand ist bestimmt durch den US-Imperialismus, den Feudalismus und den bürokratischen Kapitalismus welche rücksichtslos die breiten Massen des philippinischen Volkes ausplündern. Obwohl die Reaktionäre behaupten, die Philippinen seien unabhängig, so ist der halbkoloniale Charakter der Gesellschaft durch den US-Imperialismus bestimmt, der trotz der Gewährung der symbolischen Unabhängigkeit seine Kontrolle über philippinische Wirtschaft, Politik, Kultur, Militär und Auslandsbeziehungen behält. Diese Tatsache zeigt sich einerseits in einseitigen Verträgen und amerikanischen Militärbasen, die unsere Integrität verletzten aber auch durch die Vielzahl wirtschaftlicher Enklaven der US-Monopolkonzerne.
Der feudale Charakter ist prinzipiell die Folge des Zusammenstoßes des amerikanischen Monopolkapitalismus mit der alten, feudalen Produktionsweise und der Unterordnung letzterer. Resultat dieser Entwicklung ist die Auflösung der selbstversorgten Naturwirtschaft.
Die meisten Arbeiter sind 2018 im Dienstleistungsbereich zu finden (über 50%). Die Landwirtschaft als Arbeitgeber macht etwa 23,9% aus. Die Industriearbeiterschaft ist vergleichsweise gering mit 19,7%. Geht man nach Berufsgruppen vor, so sind die meisten Berufe in Landwirtschaft, Holzverarbeitung und Jagd/Fischerei zu finden. Danach kommt der Handel wovon Autos und Motorräder den größten Anteil ausmachen.
Kannst du uns etwas zur Struktur der Gewerkschaftsbewegung in den Philippinen sagen?
Die Arbeiterbewegung der Philippinen ist durch ihre Geschichte stark zersplittert. Bis heute gibt es große Rivalitäten zwischen Arbeiterzentren und Gewerkschaften, was der organisierten Arbeiterbewegung sehr schadet. Die wirkliche Struktur der dezentralisierten Gewerkschaftsbewegung wird durch die verschiedenen Zentren mit ihren eigenen politischen Agenden, Schwerpunkten und Strategien bestimmt.
Die größten Gewerkschaften sind die 1960 auf Basis der christlichen Soziallehre gegründete Federation of Free Workers (FFW) und der 1975 während der Marcos-Diktatur als Pflichtmitgliedschaft und Einheitsgewerkschaft geschaffene Trade Union Congress of the Philippines (TUCP). Seit Ender der 80er bestehen noch die vor allem im öffentlichen Sektor aktive Confederation for Unity, Organization and Recognition of Government Employees (COURAGE) und die Confederation of Independent Unions in the Public Sector (CIU).
Am 1. Mai 1980 gründete sich der Kilusang Mayo Uno (KMU). Die von 50.000 Menschen besuchte Gründungsveranstaltung war die größte Arbeiterversammlung in der Zeit des von Marcos und den USA ausgerufenen Kriegsrechts. Heute vertritt der sowohl auf Luzon, Visayas und Mindanao vertretene KMU ca. 115.000 Mitglieder. Er versteht sich als unabhängige und demokratische Arbeiterorganisation welcher ein wirklich militantes und antiimperialistisches Gewerkschaftswesen betreibt. Es ist deswegen echt, weil es den Kampf zwischen Arbeit und Kapital anerkennt und gewissenhaft die Interessen der Arbeiterklasse vertritt. Der KMU ist militant, weil er sich auf den kollektiven Kampf der Arbeiter in Verteidigung ihrer gewerkschaftlichen und demokratischen Rechte verlässt und er ist antiimperialistisch, weil er nach einem Ende der imperialistischen Herrschaft und Kontrolle über die Philippinen strebt. Die Anliegen des KMU sind daher naturgemäß sehr breit. Sie konzentrieren sich aber auf Lohnerhöhungen im öffentlichen und privaten Sektor, Arbeitsplatzgarantien, was in Anbetracht der Zunahme von befristeten Arbeitsverträgen und steigender Flexibilisierung immer wichtiger wird, die Vereidigung und den Ausbau bestehende Arbeitnehmerrechte also das Recht gewerkschaftlicher Organisierung und das Streikrecht sowie der Kampf um sichere und gesunde Arbeitsbedingungen. Gerade bei Letzteren konnten in Verbindung mit am Arbeitsplatz und den Gemeinden gebildeten Komitees einige Erfolge in der Lobbyarbeit gemacht werden was SHIELD (Safety and Health Inspection and Employers’ Liability Decree) hervorbrachte. Außerhalb klassischer gewerkschaftlicher Arbeit sind weitere Schwerpunkte von KMU das Empowerment von Frauen im Kampf für Rechte und soziale Veränderung. Es werden Frauenkomitees in der Gewerkschaft und in informellen Arbeiterverbänden gebildet. Sowohl auf lokaler wie nationaler Ebene gibt es zudem ein Programm zur Förderung weiblicher Gewerkschaftsaktivistinnen.
Durch den klaren antiimperialistischen Standpunkt des KMU werden selbstverständlich auch die neoliberalen Maßnahmen der Deregulierung, Privatisierung und Liberalisierung, die weltweit Armut und Repression von Werktätigen verschlimmert haben, angemessen bekämpft. Der KMU ruft die Philippinische Regierung zum Austritt aus der Welthandelsorganisation (WTO) und anderen neoliberalen Konstruktionen auf. In Verbindung mit dem philippinischen Volk und der nationaldemokratischen Bewegung kämpft der Kilusang Mayo Uno auch für eine wirkliche Landreform, welche den philippinischen Bauern, die die Mehrzahl der Bevölkerung ausmachen, garantiert ihr eigenes Land zu bewirtschaften und für die Nahrungsmittelproduktion im Land beizutragen. Der KMU tritt auch für die Verstaatlichung der Grundversorgung und strategischer Industrien wie Strom, Wasser und Öl ein. Weiter fordert er die Entwicklung von Schwerindustrie, wie der Stahlerzeugung, als entscheidenden Bestandteil zur Industrialisierung des Landes.
Als Abspaltung des KMU gibt es seit 1993 noch Bukluran ng Manggagawang Pilipino (BMP) welche sich ebenfalls als militant-sozialistische Gewerkschaft versteht.
1996 wurde die Alliance of Progressive Labor (APL-Sentro) gegründet, die davon ausgeht, dass nur durch Gewerkschaftsaktivismus der sozialen Bewegungen die breitesten Massen der unorganisierten, besitzlosen und marginalisierten Arbeiterklasse erreicht werden kann.
Seit 2003 verfolgt auch der Kongresso ng Pagkakaisa ng Manggagawa sa Pilipinas (KPMP) eine Vision einer wirklich demokratischen und gerechten philippinischen Gesellschaft, in welcher die Arbeiterklasse eine entscheidende Rolle in den politischen Angelegenheiten und der Verwaltung des Landes und der Ökonomie spielen kann.
Warum ist es wichtig gegen das faschistische Duterte-Regime anzukämpfen?
Nun ich gehe jetzt nicht auf die Details auf Dutertes menschenrechtswidrigen Krieg gegen die Drogen und die Angriffe auf die kommunistische Bewegung ein. Dafür gibt es bessere Quellen.
Die Situation auf den Philippinen selbst ist besonders schwierig. Die massenfeindliche philippinische Regierung nutzt jede Gelegenheit um fortschrittliche Aktivisten, sei es aus der menschenrechtlichen, der gewerkschaftlichen, der nationalen oder der Umweltbewegung zu kriminalisieren oder sogar umzubringen. Im Polizei- und Militärapparat kursieren Todeslisten.
Die Hintergründe dieses Regimes sind interessanter: Der Aufstieg des, wie wir sagen, faschistischen US-Duterte Regime und seiner Herrschaft des Terrors und der Tyrannei ist symptomatisch und zeigt die Erschwernisse mit denen das halbkoloniale und halbfeudale System zu kämpfen hat. Es offenbart aber auch die zunehmende Unfähigkeit der herrschenden Klassen sich auf alte Methoden der politischen Herrschaft zu verlassen. Um dem Widerstand des Volkes zu begegnen und um mit anderen Machtgruppen mithalten zu können greift der Staatsapparat nun wieder zur offenen, faschistischen Gewalt.
Die wirtschaftliche Krise des Landes verdeutlicht sich durch die stete Ausplünderung von natürlichen wie menschlichen Ressourcen des Landes durch die multinationalen Konzerne in ihrer Partnerschaft mit Großgrundbesitzern und lokalen Kapitalisten. Duterte steht diesem System jetzt vor. Auch wenn seine großmaulerischen Reden manchmal den Anschein haben er würde den Philippinen einen eigenen Kurs geben, ist er der Mann, dem das Kapital in einer solchen Situation der Krise braucht.
Du befindest dich derzeit hier in Österreich im Asylverfahren. Wie ist dein derzeitiger Stand?
Mein Antrag wurde erstinstanzlich aufgrund, wie ich meine, falschen Rechercheergebnissen abgelehnt. Die Behörde hat sich nicht hinreichend mit dem faschistischen und antikommunistischen Charakter des philippinischen Staates auseinandergesetzt. Auch wurde mir trotz Beweisen meinerseits abgesprochen hier in Österreich politisch aktiv zu sein. Das ist etwas, was mich persönlich als Arbeits- und Menschenrechtsaktivist sowie lebenslangen Regimegegner sehr schmerzt. Ich bin aber in Berufung gegangen und hoffe nun das Beste.
Vielen Dank Michael für das Interview. Wir wünschen dir viel Kraft und alles Gute auf eurem Weg.
Gerne. Ich bedanke mich bei euch und Unsere Zeitung.
Das Interview wurde Ende 2018 auf Englisch in einer österreichischen Flüchtlingsunterkunft geführt und für die Veröffentlichung leicht abgeändert. Alle Fotos: Michael Garlan
Danke für den Beitrag!
mfg Kateřina