Anlässlich des „Internationalen Tages gegen Kinderarbeit“ erinnern Kinderschutzorganisationen daran, dass auch heute noch 152 Millionen Mädchen und Jungen – fast jedes zehnte Kind auf der Welt – arbeiten müssen, um zum Überleben ihrer Familien beizutragen und dass viele Hersteller und Konzerne aber auch die Politik viel zu wenig unternehmen, um dies zu ändern.
Von R. Manoutschehri
Mithilfe im Haushalt oder im Familienbetrieb kann wichtige Erfahrungen vermitteln, problematisch wird es jedoch, wenn Tätigkeiten nicht angemessen, gefährlich oder gesundheitsschädlich für Kinder sind, oder wenn sie zu lange oder zu hart arbeiten müssen. Dies wirkt sich negativ auf ihre körperliche und psychische Entwicklung aus.
Ebenso problematisch ist, wenn Kinder deswegen nicht in die Schule gehen können, wenn ihnen die Zeit fehlt, zuhause zu lernen oder wenn sie wegen Erschöpfung dem Unterricht nicht folgen können. Denn ohne ausreichende Bildung wird es schwer, eine gut bezahlte Arbeit zu finden und der Armut zu entkommen, die dann auch die nächste Generation erneut zur Kinderarbeit zwingt.
Kinderarbeit ist sowohl Ursache als auch Folge von Armut, meist in Verbindung mit anderen Faktoren wie fehlender Bildung und sozialer Sicherheit. Kriege, Konflikte oder Naturkatastrophen steigern die Gefahr dann noch, dass Kinder arbeiten müssen anstatt zur Schule zu gehen. Viele Eltern sind dann gezwungen, ihre Kinder arbeiten zu schicken, weil sie einen erheblichen Teil des Haushaltseinkommens erwirtschaften.
Nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO der Vereinten Nationen gingen 2016 weltweit rund 218 Millionen Mädchen und Buben zwischen 5 und 17 Jahren einer Arbeit nach. 152 Millionen von ihnen waren Kinderarbeiter nach offizieller Definition. Mehr als die Hälfte dieser Kinder sind gefährlichen Arbeitsbedingungen, Gewalt und schlechter Behandlung ausgesetzt. Nur ein Fünftel von ihnen wird für ihre Arbeit bezahlt. Sie werden ihrem Recht auf Gesundheit, Kindheit und Schulbesuch entzogen.
In den extremsten Fällen werden Kinder ihrer Familie entrissen, versklavt, zu Kindersoldaten ausgebildet oder werden Opfer von Kinderhandel und Prostitution. Die meisten von Kinderarbeit betroffenen Jungen und Mädchen leben in Afrika (72 Millionen), gefolgt von Asien (62 Millionen). Aber Kinderarbeit gibt es leider auch in Europa, nicht zuletzt in der Kleidungsindustrie.
Über 70 Prozent der arbeitenden Mädchen und Jungen sind in der Landwirtschaft tätig, wie etwa im Kakao-Anbau. Und all das geschieht, obwohl fast alle Staaten weltweit das Übereinkommen, die UN-Konvention zum Verbot von Kinderarbeit, ratifiziert haben. Die UN-Kinderrechtskonvention feiert dieses Jahr bereits ihren 30-jährigen Geburtstag.
Unternehmen und Gesetzgebung in Bringschuld
Christian Schneider von UNICEF Deutschland macht deshalb klar: „Es reicht nicht, Kinderarbeit zu verurteilen und zu verbieten. Um Kinder wirksam vor Ausbeutung zu schützen, müssen sich die Lebensbedingungen ändern: Erstens müssen Kinder, die gezwungen sind zu arbeiten, aus ihrer Lage befreit werden. Zweitens sind mehr Investitionen in Bildung, aber auch in faire Arbeitsmöglichkeiten für Eltern sowie in Gesundheits- und soziale Sicherungssysteme nötig. Neben den Regierungen tragen deshalb auch Unternehmen eine große gesellschaftliche Verantwortung, die über ein striktes Verbot von Kinderarbeit in ihrer globalen Lieferkette weit hinausgeht.“
Gemeinsam mit Kinderschutzorganisation „terre des hommes“ ruft die NGO Regierungen, Zivilgesellschaft und Unternehmen dazu auf, Ursachenbekämpfung einzuleiten – gegen extreme Armut, fehlende Bildungschancen und die Diskriminierung von Mädchen vorzugehen.
Freiwillige Maßnahmen alleine werden nicht ausreichen, meint auch die Dreikönigsaktion (DKA) der Katholischen Jungschar. Um ausbeuterische Kinderarbeit aus den von uns gekauften Produkten zu verbannen, braucht es vor allem eines: Europaweite Gesetze, die menschenrechtliche Sorgfaltspflichten und eine bessere Kontrolle von Herstellungsbedingungen verordnen.
Gemeinsam mit der Künstlerinitiative „Butterfly Rebels“, dem christlichen Hilfswerk „Jugend Eine Welt“ initierte die DKA eine Postkartenaktion dazu an die Parteizentralen und Spitzenkandidaten in Österreich. Mitmachen und unterzeichnen kann man diesen Postkarten-Aufruf unter kinderarbeitstoppen.at.
Vorbild dazu könnte das erst jüngst verabschiedete Gesetz in den Niederlanden und Finnland sein, welches Unternehmen menschenrechtliche Sorgfaltspflichten in ihren Zulieferketten vorschreibt und dazu verpflichtet, alle Risiken über ein eventuelles Vorhandensein von ausbeuterischer Kinderarbeit zu erheben, sowie zu deren Vermeidung beitragen und entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Terre des hommes fordert darüberhinaus auch eine Stärkung staatlicher Aufsichtsbehörden und rigorose Strafen für Arbeitgeber, die Kinder ausbeuten, sowie eine weltweite Schulpflicht durchzusetzen und ein einheitliches Mindestalter für eine Zulassung zur Arbeit zu etablieren.