Dass die internationalen Konzern-Medien einseitig und oft manipulativ berichten, ist eine in manchen Fällen nicht allzu schwer nachweisbare Tatsache. Eine offensichtliche Manipulation größten Ausmaßes war zuletzt die Berichterstattung über die Feierlichkeiten anlässlich des 70-jährigen Bestandes der Volksrepublik China. „International“-Autor und China-Spezialist Mag. Robert Fitzthum, der seit Jahren in China lebt, hat dies aus erster Hand miterlebt.
Ein Kommentar von Robert Fitzthum, Nanjing
Die großen Feierlichkeiten in China haben die sinophobe und realitätsferne westliche Propaganda wieder auf Touren gebracht.
(1) Die Medien verschweigen die Errungenschaften der letzten 70 Jahre. Dazu zählen mehr als 700 Millionen Menschen aus der Armut geholt zu haben, weitgehend Reduktion von Arbeitslosigkeit, Aufbau sozialer Sicherungssysteme wie Krankenversicherung, Pensionssystem, Arbeitslosenversicherung mit jährlicher Erhöhung der Leistungen; Aufbau einer beispielhaften Straßen- und Hochgeschwindigkeits-Eisenbahn-Infrastruktur, technologische Entwicklung und Aufforstungs- und Klimaoffensive. China hat in den letzten 40 Jahren in Wüstengebieten soviel Waldflächen aufgeforstet wie Brasilien am Amazonas vernichtet hat.
Ist das Grund zum Feiern? Na allemal, vor allem für ein Land in Entwicklung.
Kann man nicht gratulieren und sich mit einem anderen Land freuen?
Es gibt kein anderes Land, das so schnell aufgeholt hat. Im Westen wird das alles schlecht geredet, aus geopolitischen und ideologischen Gründen. Einerseits die USA, die um ihre weltweite Alleinherrschaft fürchtet, andererseits die Großkonzerne und Privatunternehmer im Westen, die befürchten, dass ein sozialistisches, stark staatsorientiertes System der Entwicklung dem westlichen Neoliberalismus überlegen empfunden wird und drittens die selbsternannten ‚Guardians of Universal Values‘, die die Befreiung von 700 Millionen aus Armut als geringerwertiges Menschenrecht ansehen als das Recht der Zerstörung von U-Bahnstationen und den organisierten, mit Molotowcocktails, Eisenstangen und Holzlatten durchgeführten bewaffneten Kampf gegen Polizisten in Hongkong (siehe dazu Der Regenschirm-Revoluzzer).
(2) Die westlichen Medien schreiben überwiegend nur über die Militärparade in Beijing, als gäbe es keine zivilen Feierlichkeiten. Ich habe die Feierlichkeiten im Fernsehen live verfolgt. Die Militärparade dauerte etwas über eine Stunde. Im Anschluss daran gab es viel länger dauernde Umzüge jubelnder Menschen mit bunt aufgeputzten LKW’s und Darstellung von Errungenschaften der Provinzen und Betriebe der letzen Jahrzehnte. Am Abend gab es eine riesige Gala am Tiananmen-Platz mit Hunderttausenden Teilnehmern, wo gefeiert, getanzt, Musik gehört wurde. In der privaten Nachrichtenagentur Reuters wurde ein Bild von Ausländern veröffentlicht mit dem Begleittext, dass die an der Militärparade teilnehmen. Man konnte aber genau sehen, dass sie auf einem geschmückten zivilen Lastwagen mitfahren, der Teil des zivilen Umzugs war. So lauft Manipulation.
(3) Wie die internationale Propagandawalze läuft: Reuters schreibt in einer Überschrift: „China flexes military muscle…“. Die Wiener Tageszeitung ‚Die Presse‘ übernimmt und präzisiert die ideologische Stoßrichtung: “Chinas KP lässt ihre Muskeln spielen“. Weiters wird ergänzt: „Vor allem die Raketenstreitmacht beeindruckt und verängstigt Nachbarn.“ Dieses Beispiel ist typisch wie unkritisch von internationalen, transatlantisch orientierten Agenturen Berichte übernommen werden. Ein denkender außenpolitischer Journalist würde wohl auch annehmen, dass die Präsentation neuer Hypersonic-glide missiles nicht an die Adresse Bruneis oder Singapurs gerichtet war, sondern die USA. Und das aus gutem Grund. Seit Obama/Hillary Clinton betreibt die USA eine wahnwitzige Aufrüstung im Westpazifik, 10.000 km vom amerikanischen Festland entfernt. Bis 2020 werden die der Pazifischen Flotte zugeordneten Schiffsbestände um 30 Prozent erhöht, werden 60 Prozeent der US-amerikanischen Luft- und Seestreitkräfte dauerhaft im asiatisch-pazifischen Raum stationiert sein. Und die USA bereitet sich intensiv für einen Krieg gegen China vor, wie dieser aktuelle Insiderbericht aus den USA zeigt.
(4) Bei der Lektüre von jeglicher Art von Medien sollte man sich immer den Spruch von Paul Sethe, dem Gründungsherausgeber der „Frankfurter Allgemeinen“ vor 53 Jahren vor Augen halten. Danach sei die hiesige Pressefreiheit „die Freiheit von 200 reichen Deutschen, ihre Meinung zu verbreiten“. Inzwischen ist durch Konzentration im Pressebereich und den Einfluss der USA die Illusion der Pressefreiheit immer mehr zerstört. Immer weniger Akteure weltweit bestimmen, was man zu hören und sehen bekommt. Die Menschen im Westen sind einer unglaublichen Gehirnwäsche ausgesetzt und das Schlimme daran: sie sind sich dessen meist nicht bewusst. Sie glauben, diejenigen, die keinen Zugang zu den westlichen Medien haben, seien der Gehirnwäsche ausgesetzt…
Robert Fitzthum, Jahrgang 1951, studierte Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Wien und arbeitete als IT-Manager in österreichischen Banken sowie als selbstständiger Unternehmensberater. Er ist langjähriges Redaktionsmitglied der Zeitschrift International und lebt seit 2013 als Beobachter der weltpolitischen Entwicklungen in Nanjing in China.
Titelbild: Chinesische Militärparade, public domain