Klimawandel global begegnen: NGOs fordern nachhaltige Entwicklungspolitik

Pressekonferen der AG Globale Verantwortung

Österreichs NGOs warnen: 3,4 Milliarden Menschen unserer Weltgemeinschaft sind arm. Und die Klimakrise wird die dramatische Lage für viele Menschen weiter verschärfen. Es braucht dringend neue gesetzliche und organisatorische Rahmenbedingungen für verstärkte Hilfe vor Ort.

Von R. Manoutschehri

Österreichs NGOs warnen: 3,4 Milliarden Menschen unserer Weltgemeinschaft sind arm, 596 Millionen gelten sogar als extrem arm. 821 Millionen Menschen hungern weltweit. Und die Klimakrise wird die ohnehin dramatische Lage für viele Menschen weiter verschärfen. Denn es sind gerade die ärmsten Menschen, die am meisten von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen sind.

ExpertInnen zivilgesellschaftlicher Organisationen sind ob dieser Zahlen alarmiert und appellieren an die künftige Bundesregierung, einen Kurswechsel hin zu einer engagierten Entwicklungspolitik zu vollziehen. „Mit einer konsequenten Umsetzung der Agenda 2030, einem umfassenden Zukunftspakt mit Afrika und dem Ausbau der Entwicklungsfinanzierung kann durch verstärkte Hilfe vor Ort eine nachhaltige Entwicklung eingeleitet und vorangetrieben werden“, so die Sprecher der „AG Globale Verantwortung“ heute auf einer Pressekonferenz im Concordia Club Wien. Diese „Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe“ vertritt die Interessen von derzeit 35 österreichischen Nichtregierungsorganisationen, darunter die Caritas. das Österreichische Rote Kreuz, World Vision Österreich, Licht für die Welt und Jugend Eine Welt.

Zukunftspakt mit Afrika

70% der ärmsten Länder der Welt befinden sich in Afrika. Gerade diese Länder sind auch jene, die am meisten von den Folgen der Klimakrise betroffen sind, u.a. weil sie oftmals von der Landwirtschaft abhängig sind. Gleichzeitig haben sie am wenigsten zur Klimakrise beigetragen. „Richtige“ Entwicklungspolitik kann aber neue Lebensperspektiven für Menschen schaffen, in dem sie zu sozialer und politischer Stabilität beiträgt. Lebensperspektiven, die vielen Menschen gerade in Afrika derzeit fehlen.

„Afrika ist unser Nachbarkontinent. Es kann uns nur gut gehen, wenn es auch unserem Nachbarn gut geht. Daher müssen wir unsere bisherigen Beziehungen zu Afrika komplett neu denken. Es geht um Frieden und Rechtsstaatlichkeit, eine nachhaltige Landwirtschaft, die die Menschen ernähren kann, Bildung, Wirtschaft auf Augenhöhe, gute Jobs und funktionierende Sozialsysteme. Dafür brauchen wir, schon aus eigenem Interesse, einen starken Zukunftspakt mit Afrika“, betont Andreas Knapp, Generalsekretär Internationale Programme Caritas Österreich.

„Wir brauchen eine Politik mit den Ländern Afrikas, die auf aktuelle Herausforderungen proaktiv reagiert und aus Herausforderungen Chancen macht“, präzisiert Jugend Eine Welt-Geschäftsführer Reinhard Heiserer. „Prognosen zufolge wird sich die Bevölkerung Afrikas bis 2050 auf zweieinhalb Milliarden verdoppeln. Österreich sollte verstärkt Bildungs- und Investitionsprogramme fördern, damit diese jungen Menschen in ihren Heimatländern gute Zukunftsperspektiven vorfinden. Eine gezielte Stärkung von Frauen und Mädchen hätte zudem den positiven Effekt, dass die Geburtenraten zurückgehen würden“, so Heiserer.

„Mit unseren Projekten und innovativen Ansätzen in der Entwicklungszusammenarbeit beseitigen wir Armut und Hunger in vielen Regionen, stärken Gemeinschaften und wirken gleichzeitig direkt oder indirekt der Klimakrise entgegen. Das mit dem Alternativnobelpreis ausgezeichnete Konzept Farmer Managed Natural Regeneration (FMNR) beispielsweise ist eine wirksame Methode, mit der Böden in trockenen Landstrichen wieder fruchtbar gemacht werden. Diese Wiederbegrünung hilft Mensch und Natur“, so Sebastian Corti, Geschäftsführer von World Vision Österreich.

Klimakrise und Konflikte steigern Bedarf an Humanitärer Hilfe

„Der Bedarf an humanitärer Hilfe steigt weltweit aufgrund von langanhaltenden Konflikten und der Klimakrise. Allein die Zahl der Menschen, die von klimabedingten Katastrophen betroffen sind, wird sich bis 2050 auf mehr als 200 Millionen pro Jahr verdoppeln“, sagt Rotkreuz-Generalsekretär Michael Opriesnig. „Österreich sollte deshalb ein Land sein, das die Finanzierung für Humanitäre Hilfe auf ein international übliches Niveau anhebt. Wenn nicht endlich mehr Geld in Katastrophenvorsorge und Risikominimierung investiert wird, werden die Kosten für das Nichtstun zu hoch sein.“ Neben der Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds von 15 auf 60 Millionen Euro schlägt er einen Fonds für Investitionen in Katastrophenvorsorge und Risikominderung vor.

„Ein Ausbau der Entwicklungsfinanzierung ist auch eine Investition in Österreichs Zukunft. Wir können nur in Frieden und Sicherheit leben, wenn wir Ungerechtigkeit und Elend gerade auf unserem Nachbarkontinent beenden.“ ergänzt Annelies Vilim, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung. „Dafür braucht es neben mehr Mittel für Humanitäre Hilfe auch entsprechend mehr Geld für langfristige Projekte, um beispielsweise einen Zukunftspakt mit Afrika zu realisieren. Die Verdoppelung der Mittel für die direkte Projekthilfe ist daher ein Gebot der Stunde. Letztlich wird Österreich sein Ansehen in der Welt aber vor allem dann stärken können, wenn wir das international vereinbarte Ziel, 0,7% des BNE für Entwicklungsleistungen zur Verfügung zu stellen, auch erreichen.“

Gesetzliche und organisatorische Rahmenbedingungen schaffen

„Mit der Agenda 2030 haben wir einen globalen Aktionsplan für eine bessere Welt auf einem gesunden Planeten in der Hand. Österreich hat diesen Plan selbst mit ausgearbeitet. Angesichts weltweiter Katastrophen und Klimakrise wird er jeden Tag dringlicher. Deshalb muss die Umsetzung dieses Aktionsplans auch Chefsache werden und eine Maxime bei der Fassung des kommenden Regierungsprogramms und des Budgets werden“, empfiehlt Sabine Prenn, Geschäftsführerin von Licht für die Welt in Österreich, der zukünftigen Bundesregierung.

Bis Ende 2020 sollte ein Stufenplan erarbeitet werden, der gesetzlich festlegt, wie Österreich bis 2030 dieses Ziel erreichen wird. Zusätzlich sei „eine neue, zentrale Stelle für globale und nachhaltige Entwicklung notwendig – in Form eines aufgewerteten Außenministeriums, eines eigenen Ministeriums oder eines Staatssekretariats, um den globalen Herausforderungen gerecht zu werden.“

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