Unsere Generation erlebt noch nie dagewesene Einschränkungen. Die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus sind alternativlos, heißt es. Die Verteidigung der demokratisch-liberalen Gesellschaft ist es jedenfalls.
Von Michael Sprenger (Tiroler Tageszeitung)
Jetzt ist der Begriff wieder allgegenwärtig. Egal wo – alle staatlich gesetzten radikalen Maßnahmen, um das Coronavirus zu bekämpfen, werden als alternativlos bezeichnet. So war es schon damals, als die Welt von der Finanzkrise geschockt wurde. Später wurde dieser Begriff im deutschsprachigen Raum zum Unwort des Jahres gewählt. Zu Recht! Denn mit diesem Begriff wurde versucht, ein Debatte über die Maßnahmen von vornherein zu verhindern.
Heute scheint es tatsächlich so zu sein, dass es keine Alternative zum verordneten Shutdown gibt. Die Welt befindet sich im Leerlauf. Und die Bevölkerung nimmt es fast achselzuckend zur Kenntnis. Auch hierzulande. Hunderttausende Menschen werden arbeitslos oder in Kurzarbeit geschickt, Existenzen werden vernichtet, das öffentliche Leben befindet sich im Stillstand, Verzweiflung macht sich breit, Ärzte müssen entscheiden, wer noch behandelt werden kann, Masken werden getragen, Schulen bleiben geschlossen.
Für uns alle war dies unvorstellbar, als wir vor drei Monaten das neue Jahrzehnt begrüßt haben. Heute geben wir uns nicht einmal mehr die Hand. Und alle kontrollieren alle. Die Corona-Regeln bescheren selbsternannten Blockwarten ein Fest.
Es herrscht ein Ausnahmezustand. Das positivste Szenario, an das wir uns derzeit klammern, ist die Methode „Hammer and Dance“. Gemeint ist damit, dass sich nach dem gewaltigen Schlag – mit dem Holzhammer – das Virus nicht mehr oder nur mehr auf niedrigem Niveau ausbreitet, sodass wir bald mit kleinen einfachen Tanzschritten in das normale Leben zurückfinden. Zugegeben, ein lustvoller Tanz wird das nicht werden. Das wissen wir. Aber wir sind bereit mitzutun.
Doch wir sind auch gefordert. Alle. Vor allem müssen wir aufpassen, dass während des Tanzes die gesetzten Maßnahmen sukzessive zurückgenommen werden. Wenn uns politische Verantwortungsträger erklären, der Holzhammer war alternativlos, und wir das akzeptieren, so sollten alle wissen, dass es für uns keine Alternative zu einer demokratisch-liberalen Gesellschaft geben darf. Ungarn – mit seinem konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orbán – sollte uns eindrucksvoll vor Augen führen, was alles auf dem Spiel steht. Uns sollte angst und bang werden, mit welcher Leichtigkeit von ÖVP und Grünen das Wort von der digitalen Überwachung die Runde macht. Achten wir also auf die Gesundheit – und auf eine freie, offene Gesellschaft.
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