Bernie Sanders hat nach den absurden Vorwahlen in Wisconsin, negativer Massenmedienberichterstattung und offensichtlicher Wählerunterdrückung und Wahlbetrug aufgegeben. Eine Analyse und ein Überblick über die Reaktionen.
von Gregor Flock
Die Vorwahlfarce in Wisconsin
Wie zuletzt berichtet, degenerierten die Demokraten-Vorwahlen in den USA wegen Coronaviruspandemie, dem geistigen Verfall Joe Bidens und Wahlbetrug durch das korrupte DNC für Joe Biden immer mehr zur Farce. Die letzte Etappe dieser Farce ereignete sich im US-Staat Wisconsin, wo das DNC trotz grassierender Pandemie zum großen Unmut der Bevölkerung weiterhin die Vorwahlen abhalten ließ:
This feels like an era-defining image pic.twitter.com/rgEwnhmk8O
— Don Moynihan (@donmoyn) April 7, 2020
„Von den Politikern und Richtern im Stich gelassen. Gezwungen, sich zwischen Selbstschutz und dem Recht zu wählen zu entscheiden“:
Let down by politicians.
Let down by judges.
Forced to choose between protecting themselves and their right to vote.
They have come, wearing masks and their faith in democracy, to cast ballots in a Wisconsin election that should have been postponed.pic.twitter.com/Dy39FrXzKp
— John Nichols (@NicholsUprising) April 7, 2020
Es wurde nur ein Bruchteil der Stimmen von 2016 abgegeben. Der folgende Tweeter korrigiert sich später dahingehend, dass er auf 85.000 „absentee ballots“ oder Wahlbriefe vergessen hat. Dass Milwaukee, die Hauptstadt von Wisconsin mit mehr als doppelt so viele Einwohnern wie die Stadt Madison, jedoch nur 5 Wahllokale im Vergleich zu 66 Wahllokalen in Madison hatte, ist ein weiterer Skandal und ein klares Anzeichen von „voter suppression“ oder Wählerunterdrückung:
Remember, this racist voter disenfranchisement was orchestrated.
Milwaukee has 2x the population of Madison and only bad 5 polling locations open today.
Madison had 66.
— Bhavik Lathia (@bhaviklathia) April 8, 2020
Die weltbekannte Satirepublikation The Onion kommentierte die Vorwahlen in Wisconsin wie folgt:
Wisconsin Primary Voters Receive ‘I Voted’ Gravestones https://t.co/9oy10KTQo1 pic.twitter.com/Ke76tDjlXo
— The Onion (@TheOnion) April 7, 2020
Der ehemalige US-Soldat und Whistleblower und mittlerweile Journalist Mike Prysner (siehe seine „Unsere wahren Feinde„-Ansprache) nahm sich ebenfalls kein Blatt vor den Mund und sprach von einer „Geiselhaft“ und „Hinrichtung“ der Wähler durch das DNC:
Can we acknowledge that Biden & the DNC held the electorate hostage with a gun to their heads, telling the Bernie camp there’d be repeats of Wisconsin primary and the longer he took to drop out the more voters they’d execute
— Mike Prysner (@MikePrysner) April 8, 2020
Sanders Schwächen: Der Anfang vom Ende
Das Ende der Sanders-Kampagne begann sich wegen offenkundiger Angriffsschwächen von Sanders immer deutlicher abzuzeichnen. Sanders ließ unzählige Möglichkeiten, Joe Bidens gigantische Schwachstellen anzugreifen und gegen ihn zu punkten, ungenützt liegen, da er ihn als einen „Freund“ und absurderweise als „anständigen Mann mit gutem Herz“(!) betrachtet:
“Joe Biden is a friend of mine, he’s a decent guy with a good heart & yes, HE CAN BEAT TRUMP! & I will help him! … Oh yeah, and don’t forget, uhm.. I’m also running a feckless campaign for president so vote for me if you think of it”-@SenSanders https://t.co/rmhQ6IkH6i
— Jimmy Dore (@jimmy_dore) April 4, 2020
Der progressive Politiksatiriker und -kommentator Jimmy Dore analysierte das richtigerweise so, dass Sanders wegen solcher Schwächen niemals eine ernstzunehmende Gefährdung des korrupten (Demokraten-)Establishments darstellt; dass er nicht in der Lage ist, ernstzunehmende Bedrohungsszenarien aufzubauen:
What’s increasingly obvious is that @SenSanders will never actually threaten the Establishment, he will never use the power of his movement to affect change. The party won’t let him.
Right now Bernie should be threatening WallSt with #RentStrike #StudenLoanStrike etc . He won’t https://t.co/e5C28UYO2b
— Jimmy Dore (@jimmy_dore) April 4, 2020
Eine befreundete progressive Physikerin bestätigte dies mit den Worten, dass Sanders dem DNC bereits 2016 schriftliche Zugeständnisse machen musste, um überhaupt antreten zu können; dass sich das in diesen Vorwahlen wiederholt haben dürfte, und er somit in keiner Position war und ist, um gegen das korrupte DNC wegen offensichtlichen Wahlbetrugs vorgehen zu können; dass das DNC letzten Endes nominieren kann, wen auch immer es will (der Name Andrew Cuomo machte bereits die Runde):
In 2016, Sanders had to sign specific conditions to be allowed to run as a Democrat in the primary. Probably had to this time. E.g. he would probably lose significant committee appointments by challenging the fraud. DNC claims right to nominate whoever they want though, anyway
— Ruth E. Kastner (@rekastner) April 4, 2020
Nach der Wisconsin-Farce und nachdem Sanders mit 914 „pledged delegates“ mehr als 300 Stimmen hinter Bidens 1217 Delegiertenstimmen lag – für einen Sieg sind mindestens 1991 von 3979 Delegierten erforderlich, wobei 771 vom korrupten DNC bestimmte „superdelegates“ sind – gab der schwächelnde Sanders am 8. April 2020 dann auf. Viele meinen zu früh:
I speak for millions when I say we disagree with your decision Bernie. That said, thank you for bringing us this far.
I’m running against Wasserman Schultz to continue #NotMeUs. #JEN2020
— Jen Perelman (@JenChangeFL) April 8, 2020
Wie andere bereits hervorgehoben haben sind in Sanders „concession speech“ wieder einmal die üblich-absurden, durch Fakten keinesfalls belegbaren Huldigungen an den in vielerlei Hinsicht degenerierten Joe Biden enhalten:
https://twitter.com/esaagar/status/1247918062172545028
Reaktionen
Positiv betrachtet
Die Reaktionen auf Sanders Rücktritt sind vielseitig und dennoch alle vorhersehbar. Wie auch Jeremy Corbyn, so ist es auch Bernie Sanders und der #NotMeUs-Bewegung um ihn gelungen, den politischen Diskurs massiv zu beeinflussen:
Bernie’s greatest legacy is giving millions the permission to ask for and expect more. And once you’ve left that cage, there’s no going back.
— Krystal Ball (@krystalball) April 8, 2020
Auch der weltbekannte und möglicherweise wichtigste Intellektuelle unserer Zeit, Noam Chomsky, äußerte sich dahingehend:
https://twitter.com/WoobieTuesday/status/1247959195120316418
Sanders seltsame Schwächen
Genügend kritischere Kommentatoren weisen jedoch weiterhin auf Sanders seltsame Schwächen hin, die den Eindruck erwecken, als hätte er gar nicht gegen Biden gewinnen wollen, obwohl er das hätte tun können. Ein Jared Beck bemerkt zum Beispiel, dass sich dasselbe Schauspiel wie in 2016 wiederholt, wo Bernie als „Hirtenhund“ die Stimmen der korrupten Hillary Clinton und jetzt eben dem korrupten Joe Biden zuführt:
Thank God the Sheepdog's hustle is finally coming to an end. Tried to tell all the Brainless Bernie Bots AGAIN and AGAIN!https://t.co/3HRZvlhUWh
— AI Jared Bot (@ai_jared) April 8, 2020
Auch Jimmy Dore lässt – in einer Replik an Sanders Wahlleiter David Sirota – keine Zweifel daran, dass Sanders Versagen eine Art seltsames Versagen mit System und der Ausgang dieser Vorwahl rückblickend möglicherweise von Anfang an vorherbestimmt war:
A campaign that failed to call out corruption of a senile pathological liar, failed to get policy concessions, failed its supporters, failed to meet the moment. So proud. https://t.co/PeH1uy7eCd
— Jimmy Dore (@jimmy_dore) April 8, 2020
Die Sanders-Corbyn Parallelen
Andere wiederum weisen auf die offensichtlichen Parelleln zwischen Sanders und Corbyn hin – beides Progressive, die beide vor allem von der eigenen Partei zum Scheitern gebracht worden sind:
The Democratic Party establishment did to Bernie Sanders what the Labour Party establishment did to Jeremy Corbyn. Never forgive. Never forget. https://t.co/scani4qdKh
— Frank Owen's Legendary Paintbrush 🟨🟥🥀🇵🇸🇾🇪 (@WarmongerHodges) April 8, 2020
Die herrschende Klasse, die sowohl die Partei der Konservativen als auch die Partei der Demokraten bzw. Labour und auch viele andere niedere Mittel wie Mainstreammedien benutzt, wird nur mit noch größerem Aufwand bezwungen werden können:
Key lesson from from the defeats of Bernie and Jeremy:
The ruling class will use smears, the state, the media, pro-establishment forces in their own parties, labor bureaucrats and everything else they can to stop the working class and oppressed
We can only win by big struggles
— Socialist Action (@SocialistAct) April 8, 2020
Die Biden-Trump Parallelen
Auch die Parallelen zwischen Biden und Trump sind offensichtlich. Man kann sich als US-wahlberechtige Person jetzt zum Beispiel die ironische Frage stellen, welchem angeblichen Vergewaltiger (#IBelieveTaraReade) man/frau die Stimme geben soll:
https://twitter.com/LisaMcCray/status/1247917551549644800
Kurzgesagt: Eine Debatte zwischen Abschaum und Abschaum bahnt sich an:
https://twitter.com/CarolineUserNam/status/1247754120972255233
Laut jüngsten Umfragen führt Biden momentan recht klar, aber das kann sich wegen Bidens massiver Schwächen und Trumps Angriffslustigkeit schnell ändern:
In a Biden vs Trump matchup, Joe Biden wins in 67.5% of our simulations.
28 out of 50 states
315 to 223 electoral votes pic.twitter.com/enjF2PR9WZ
— Plural Vote 📊🗳📈 (@plural_vote) April 8, 2020
Biden vs Trump – Godzilla vs Goat. https://t.co/YpAIBqvAL5
— Malcolm Nance (@MalcolmNance) April 9, 2020
Zentrismus als Problem
Ein weiterer „takeaway“ von sowohl der ‚Demokraten‘-Vorwahl als auch der Labour-Parteiführerwahl ist, dass halbbackener pro-Establishment Zentrismus in zumindest potentiell linksgerichteten und progressiven Parteien ein gewaltiges Problem darstellt und nicht, wie viele vermuten, eine Lösung ist:
Centrism is ditching the only candidate backing universal healthcare during a global pandemic, and asking the Left to back an alleged rapist instead…and thinking you’re the good guy.
— Kerry-Anne Mendoza 🏳️🌈 (@TheMendozaWoman) April 8, 2020
Establishment Democrats and media are yelling at us right now that we MUST be excited about @JoeBiden. Great. No problem. Easy question: About what? Seriously, what policy position are we supposed to get excited about? (Hint: "He's not Trump" is not the correct answer)
— Cenk Uygur (@cenkuygur) April 8, 2020
Das Generationenproblem
Auch ein gewaltiges Generationenproblem hat sich wieder einmal bemerkbar gemacht, da viele Ältere noch den lügenden Mainstreammedien glauben, deshalb schlechter informiert sind und somit konstant die politisch schlechteren Entscheidungen treffen – und das leider auch zu Ungunsten der jüngeren und im Schnitt sehr viel besser informierten Generationen:
About 70% of Democratic voters under 45 voted for @BernieSanders. We own the future of the Democratic Party! So, the question now is whether the old guard is going to build a bridge to that future or if they are going to fight us all the way. Their choice. We know where we stand.
— Cenk Uygur (@cenkuygur) April 8, 2020
#NeverBiden und Nieder mit der Demokratischen Partei (#DemExit)
Die vermutlich schwerwiegenendste Konsequenz der Aufgabe von Sanders ist, dass die Demokratische Partei so wie wir sie jetzt kennen bald nicht mehr existieren wird. Zu viele progressive Wähler, die von der Clinton vs. Trump Farce 2016 schon genug hatten, werden sich eine noch schlimmere Biden vs. Trump Farce 2020 einfach nicht mehr bieten lassen und entweder a) unabhängig/grün wählen, b) zuhause bleiben, oder c) Trump aus Protest und als Denkzettel für das korrupte DNC wählen wenn nicht noch ein größeres Wunder passiert. Auch mit massiven Austritten aus der bloß nominalen Demokraten-Partei muss jetzt gerechnet werden:
https://twitter.com/RantsByDesign/status/1247931966437154817
* * *
2/2 It is time to destroy Dem Party & build a People’s Party. A party that operates diff than what we have known political parties to be. A party of, by, & for our movements, which have always been more critical than any one candidate anyway.
Start here: https://t.co/2WNuXIn8xT
— Kaitlin Sopoci-Belknap 🦡 (@kaitlin_sb) April 8, 2020
* * *
NOW THAT BERNIE IS FREE AND CLEAR, CAN WE BURN DOWN THE DEMOCRATIC PARTY, PLEASE???
— Lumpy Louise 🍎🥄🔑 The US are the Baddies (@LumpyLouish) April 8, 2020
Sofern Team Biden jetzt nicht eine idealerweise jüngere, weibliche, nicht-weiße und vor allem progressive Vizepräsidentschaftskandidatin aus dem Hut zaubert, mit der sich die vor den Kopf gestoßenen progressiven und jüngeren Generationen identifizieren können, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das DNC mit Joe Biden am Steuer einen massiven Unfall bauen wird, aus dem Trump nur als Gewinner hervorgehen kann:
* * *
Half my mentions is Biden diehards trying to vote-shame & vote-scold Bernie supporters into blindly backing their candidate; the other half is Bernie diehards grandly proclaiming they'll never vote for Biden.
Trump & co must be laughing their backsides off.
We may be f**ked.
— Mehdi Hasan (@mehdirhasan) April 8, 2020
Wechsel zu Unabhängigen und Grünen
Es gibt jetzt noch Überlegungen, dass Sanders dem DNC ein Ultimatum stellen und bei Nichterfüllung als Unabhängiger weitermachen könnte, womit eine Niederlage für das DNC gewiss wäre:
.@BernieSanders should give the DNC an ultimatum.
If they agree to support Medicare For All, he will tell his supporters to vote for Joe Biden. If they refuse to support Medicare For All, he will run as an independent.
Then we'll see how much the DNC really wants to beat Trump. https://t.co/ZKAJxHjhLr
— Frank Owen's Legendary Paintbrush 🟨🟥🥀🇵🇸🇾🇪 (@WarmongerHodges) April 8, 2020
Ich stimme diesbezüglich jedoch mit der unabhängigen australischen Journalistin Caitlin Johnstone überein, dass – auch in Anbetracht von Sanders bisheriger Unwilligkeit, Bidens Schwachstellen zu attackieren – eine solche Möglichkeit eigentlich ausgeschlossen werden kann:
Will not happen. Sanders will not help the Green Party, will not run as an independent, will not be involved in any third party campaign in any way. Sanders campaigned as far to the left as possible within the mainstream and was sabotaged; his run ends there. https://t.co/jYC8PB7sjt
— Caitlin Johnstone (@caitoz) April 8, 2020
Was die Wähler selbst betrifft, so können und werden einige wohl von den Demokraten zu dritten Parteien wechseln, aber ohne eine Führungsfigur wie Sanders wird das zumindest für die Präsidentenwahl 2020 nicht den gewünschten Effekt haben. Vielmehr wird sich das korrupte Demokratenestablishment wieder Sündenböcke wie Ralph Nader oder Jill Stein oder – klarerweise – „die Russen“ suchen und eine große Anzahl schlecht informierter Menschen wird dieser Propaganda glauben, wenn die korrupten und unfähigen Demokraten auch die nächste Wahl wieder einmal an Trump verlieren sollten:
#DemExit2020!!!
If you are registered Dem, it's time to change to Green, Independent, or otherwise leave the party! If you are voting blue no matter who, fair warning, my goal is now to destroy Joe Biden's chances at winning the election, so unfollow if that pisses you off.
— Goody Weaver Cavorting In Camazotz (@goodyweaver) April 8, 2020
Objektiv(iert) betrachtet haben dritte progressive Parteien wie die US-Grünen mittlerweile jedoch eindeutig das beste Wahlprogramm, sodass die Wahl für Menschen mit Prinzipien momentan eine sehr klare ist:
If we can get to to 5%, Green Party gets federal funding for future elections.
If we get to 15%, Green Party gets a podium at the debates in the general.
If we get to 20%, the DNC is pushed to adopt Medicare-for-all and Green New Deal.
There is no wasted vote here. pic.twitter.com/WqCIED0Rt1
— Stephanie Ⓥoltolin (@SAVoltolin) April 9, 2020
Konklusion
Egal in welches politische Lager man auch schaut, das alte weiße Männer-Problem bleibt allgegenwärtig: Im Falle Bidens oder Trumps klammern sich alte weiße Männer an eine sterbende und nicht überlebensfähige Gesellschafts- und Weltordnung. Im Falle Sanders oder Corbyns lassen alte weiße Männer auf unfassbare Art und Weise Chancen verstreichen, die nicht überlebensfähige Gesellschafts- und Weltordnung zum Besseren zu verändern. So oder so müssen jüngere und kampfeswilligere Menschen an die Macht, die einerseits von den Älteren gelernt aber andererseits deren offensichtliche Fehler – vor allem zu große Nachsicht und Freundlichkeit gegenüber den degenerierten politischen Gegnern und Feinden – abgelegt haben. Wir brauchen jetzt weniger progressive Gutmenschen oder liebe Opas wie Sanders und Corbyn, sondern vielmehr jüngere Progressive mit Killerinstinkten, die Chancen nicht mehr so wie Sanders und Corbyn vorbeigehen lassen sondern gnadenlos zuschlagen, wenn sich entsprechende Möglichkeiten bieten.
Gregor Flock ist unabhängiger systematischer Philosoph (univie.academia.edu/GregorFlock), Zivilgesellschaftler (Global Civil Society Network), politischer Analyst (medium.com/@GregorFlock). Twittert unter @GFlock_GCSN.