„Keiner von uns ist in Sicherheit, bis wir alle in Sicherheit sind“, wendet sich der WHO-Generaldirektor an die Weltgemeinschaft.
Von R. Manoutschehri
Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation warnt in einer Keynote auf dem Virtual Health Forum des World Government Summit am Montag eindringlich vor einem neuen Rekordanstieg bei den weltweiten Covid-19 Fällen: Die Gesamtzahl Neuinfizierter stieg innerhalb von 24 Stunden um 183.020 Personen, wobei der größte Anstieg in Nord- und Südamerika mit 116.000 neue Fällen zu verzeichnen war.
Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte in der Zoom-Konferenz, dass sich die Pandemie – ungeachtet des Rückganges in einigen europäischen Ländern – noch immer beschleunige und wies auf die drei Monate hin, die es dauerte, bis die erste Million Fälle gemeldet wurden, verglichen mit den nur acht Tagen für die letzte Million Fälle. Laut WHO stehen die weltweiten Infektionen davor, die 9 Millionen Marke zu überschreiten – mit mehr als 468.000 Todesfällen.
WHO fordert globale Solidarität
Ghebreyesus mahnte ein, dass mehr globale Solidarität erforderlich sei, um die Coronavirus-Pandemie zu überwinden. Die Lehren aus früheren Pandemien seien nicht gezogen worden. Die Grippepandemie von 1918 sei ein Beispiel dafür, dass sie „schnell vergessen“ wurde, obwohl sie mehr Todesopfer als im Ersten Weltkrieg verursachte. „Die Welt müsse jetzt den Preis für ihre mangelnde Bereitschaft zur Bekämpfung des Virus zahlen.“
„Eine Pandemie kann in jedem Land zu jeder Zeit beginnen und Millionen von Menschen töten, da wir nicht vorbereitet sind. Wir wussten nicht, wann die Nächste auftauchen würde, aber wir wussten, dass der Tribut für das menschliche Leben enorm sein und soziale, politische und wirtschaftliche Instabilität verursachen würde. Keiner von uns wusste damals, was wir jetzt wissen. Die Welt war nicht vorbereitet.“
Deutlich kritisiert Ghebreyesus auch, „die Politisierung der Pandemie hat sie verschärft. COVID-19 sollte nicht aus politischen Gründen verwendet werden. Solche COVID-Politik sollte unter Quarantäne gestellt werden“, meinte der WHO-Direktor wohl auch in Anspielung auf die Ankündigung des US-Präsidenten, keine weiteren Zahlungen mehr an die WHO tätigen zu wollen, weil sie „zu schwach, zu langsam und zu China-zentriert“ wäre. Doch die Welt brauche gerade jetzt dringend nationale Einheit und globale Solidarität.
„Die größte Bedrohung ist nicht das Virus, sondern der Mangel an globaler Solidarität und Führung. Keiner von uns ist in Sicherheit, bis wir alle in Sicherheit sind.“
„Wir können Pandemien nicht mit einer gespaltenen Welt besiegen. Wir wissen, dass die Pandemie viel mehr als eine Gesundheitskrise ist, es ist eine Wirtschaftskrise, eine soziale Krise und in vielen Ländern eine politische Krise. Ihre Auswirkungen werden in den kommenden Jahrzehnten spürbar sein. Diese Pandemie ist eine brutale Erinnerung für politische Entscheidungsträger und Führungskräfte, dass die Zeit für die Vorbereitung auf Notfälle VOR dem Ausbruch von Krisen liegt.“
„Kein Land kann diese Pandemie allein bekämpfen. Die Nationen müssen für gegenseitige Sicherheit zusammenarbeiten. Dies ist eine Lektion, die wir neu lernen müssen. Gemeinsam müssen wir dafür sorgen, dass die Lehren aus dieser Pandemie gezogen werden und die Welt nie wieder unvorbereitet ist. Vorsorge ist keine einmalige Investition – es ist eine fortlaufende Investition. Deshalb hat die WHO Vorsorge zu einer Priorität gemacht. Die Auswirkungen auf Leben und Weltwirtschaft sind ein klares Beispiel dafür, dass >Bereitschaft< keine Kosten kennen darf. Das Kostspieligste ist, nichts zu tun.“
Link zur Video-Konferenz (ab Minute 7 bis Minute 20) WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus am 22. Juni am Virtual Health Forum des World Government Summit in Dubai.