Die Zukunft dieses Landes wird männlich, autoritär und hart gegenüber ökonomisch Schwachen sollte es nach dem 15. Oktober zu einer Regierung aus ÖVP und FPÖ kommen.
Dies zeigt auch ein Blick nach Oberösterreich, wo seit dem 23. Oktober 2015 eine schwarz-blaue Landesregierung an der Macht ist (vgl. „Schwarz-blaue Pinselstriche“, 14.2.2016).
Stefan Kastél und Maximilian Belschner haben sich im Detail angesehen, was auf uns zukommt, wenn Kurz und Strache Österreich regieren:
Soziales & Frauen
Eine der ersten Handlungen der oberösterreichischen Landesregierung war die Kürzung der Mindestsicherung für schutzsuchende Menschen und österreichische Familien. Im Sommer 2016 wurde beschlossen, dass subsidiär Schutzberechtigte nur mehr 560 Euro (vorher rund 920 Euro) erhalten. Autochthone Familien erfuhren gleichzeitig eine Deckelung von rund 1.500 Euro.Diese Deckelung ist seit dem 6.10.2017 in Kraft.
Bereits Anfang 2016 meinte der Verfassungsjurist Theo Öllinger dazu:
„Bei der Mindestsicherung geht es um die Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens“ Nicht nur Asylberechtigte, sondern auch die autochthone Bevölkerung ist von diesen Kürzungen betroffen. Österreichischen Familien wird aktuell beim zweiten Kind die Mindestsicherung um 60 Prozent und ab dem dritten Kind komplett gestrichen“.
Diese Kürzungsforderungen finden sich im Übrigen im aktuellen ÖVP-Programm wieder. Des Weiteren sollen bis zu 50 Prozent der Mindestsicherung durch Sachleistungen ersetzt werden. Der Bezieher/die Bezieherin der BMS (Bedarfsorientierte Mindestsicherung) wird dadurch für teilunmündig erklärt.
Bundesweites Aufhorchen gab es übrigens auch als klar wurde, dass die neue Landesregierung rein männlich aufgestellt sein sollte. Nach der Wahl hatte die ÖVP einen Regierungssitz verloren. Max Hiegelsberger (Agrarlandesrat), Michael Strugl (Wirtschaftslandesrat) und Doris Hummer (Landesrätin für Bildung, Frauen und Jugend), galten als Kandidaten für die „Abschussliste“. Es kam zur Kampfabstimmung, nach der Hummer ihren Platz räumen musste.
Manfred Haimbuchner (FPÖ) kommentierte dieses Vorgehen mit den Worten:
„Ich habe kein Frauenproblem, auch die FPÖ hat kein Frauenproblem. Wir können uns da sicher noch besser aufstellen. Eine geschlechterspezifische Diskussion werden wir aber auch in Zukunft nicht führen“.
Natürlich hat die aktuelle ÖVP schon weibliche Kandidaten präsentiert. Allerdings ist die Frage nach der Führung in konservativen bis rechten Parteien immer geklärt. Schlüsselpositionen werden selten bis nie mit Frauen besetzt.
Bildung
Einen weiteren Widerspruch zu den Menschenrechten im schwarz-blauen Übereinkommen, ortete das Bildungsministerium bereits im Oktober 2015, als verlangt wurde, „dass nicht nur während des Unterrichts, sondern auch in den Pausen und auf dem gesamten Schulareal Deutsch gesprochen wird“.
Der Bildungssprecher der Grünen, Harald Walser, bezeichnete diese Forderung als „dumm und bösartig“. Sie stünde im Widerspruch zur Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und zu Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes. Außerdem widerspräche dieses Verbot den bereits vorhandenen, linguistischen und didaktischen Erkenntnissen über den erfolgreichen Spracherwerb. Um die deutsche Sprache zu erlernen, benötigt man ein solides Fundament der Muttersprache.
Ende März 2017 rief die FPÖ eine „Meldestelle für parteipolitische Beeinflussung an Schulen“ ins Leben. Nach einem Extremismus-Vortrag an einer Linzer Schule, in dem auch die deutschnationalen Burschenschaften und deren Seilschaften in die FPÖ thematisiert wurden, schaltete sich ein Funktionär der Partei und sorgte für den Abbruch der Veranstaltung.
Klima, Energie & Infrastruktur
Manfred Haimbuchner (FPÖ) glaubt nicht an den menschengemachten Klimawandel. Damit vertritt er die bundesweite Parteilinie und über die Grenzen hinweg die Gesamtmeinung aller anderen ultrarechten Parteien.
Für die ÖVP wird am aussichtsreichen Platz 7 der Bundesliste Rudolf Taschner kandidieren. Dieser ist in den letzten Jahren immer wieder durch Kommentare aufgefallen, in denen er den anthropogenen Klimawandel leugnet. So bezeichnete er die öffentliche Debatte darüber als „CO2 Alarmismus“, „Klimawandelwahn“ und „Scheinproblem“. Ausgerechnet einer, der den eindeutigen Konsens über den anthropogenen Klimawandel leugnet, soll Wissenschaftssprecher werden.
ÖVP und FPÖ gelten als starke Befürworter der althergebrachten Industrie. Laut Programm der beiden Parteien gilt nach wie vor die Devise der verstärkten Berücksichtigung auf Industrie, wobei Förderungen für erneuerbare Energien nur mehr „zeitlich begrenzt als Markteinführungsanreiz“ gewährt werden sollen.
Noch vor acht Jahren hatte Oberösterreich als erste Region Europas die Energiewende beschlossen. Auf Initiative des damaligen und erst kürzlich ausgeschiedenen Landesrates Rudi Anschober (Grüne), sollte es ein zentraler Punkt der oberösterreichischen Politik sein, bis 2030 auf erneuerbare Energieträger umgestiegen zu sein.
Steuern
In ihrer Steuerpolitik gleichen sich Schwarz und Blau fast auf den Buchstaben. Beinahe gleichzeitig forderten Sebastian Kurz und Norbert Hofer die Senkung der Abgabenquote von 43% auf 40% im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Diese Forderung hat es in beide Parteiprogramme geschafft, ohne den Wählern zu verraten, welche Steuern gesenkt werden sollten (besonders bei der FPÖ, die ÖVP hat das mittlerweile präzisiert) und wie die entfallenen Einnahmen ersetzt werden sollen.
Beide Parteien berufen sich auf „Bürokratieabbau und Senkung der Sozialausgaben“. Was eine Senkung der Sozialausgaben beinhaltet, wurde unter dem Punkt „Soziales & Frauen“ schon abgeklärt. „Bürokratieabbau“ hingegen beinhaltet die Senkung von Förderungen, die Zusammenlegung von Behörden und Organisationen und Entlassung öffentlicher Angestellter. Eine Senkung der Förderungen, welche hauptsächlich für kleine und mittlere Unternehmen sowie Initiativen für Gemeinden bereitgestellt werden, wird diese Unternehmen verstärkt dem Wettbewerbsdruck aussetzen, Stellenabbau und sinkende Gewinne für einheimische Unternehmen werden die Folgen sein. Diese Forderung steht allein schon in krassem Gegensatz zur ÖVP Forderung, Österreich wieder „wettbewerbsfähig zu machen“.
Der Bürokratieabbau wird niemals die erforderlichen 14 Milliarden Euro einbringen, die die Steuersenkungspläne von ÖVP und FPÖ erfordern. Um zu zeigen, wie realitätsfremd die Behauptung ist, man könne mit einer Verwaltungsreform und Bürokratieabbau Steuersenkungen in dieser Größenordnung, hier einige Vergleichszahlen: Das Budget 2017 umfasste 77,4 Milliarden Euro, davon waren 2,35 für Militärische Angelegenheiten und Sport, 9,3 Milliarden für das gesamte (!) Wirtschafts-, Infrastruktur und Umweltressort, 8,68 Milliarden für Bildung und 6,9 Milliarden für Familien ausgewiesen. Wohlgemerkt, diese Zahlen beinhalten nicht allein den Verwaltungsaufwand, sondern auch Investitionen seitens des Bundes in Schulen, Krankenhäuser oder öffentliche Verkehrsmittel. Ebenfalls beinhaltet sind Transferleistungen wie Familien- oder Studienbeihilfe. Eine Kürzung dieser Transferleistung wiederum senkt den Konsum der betroffenen Personen, was wiederum die Wirtschaft schwächt. Kurz gesagt: eine Steuersenkung um 14 Milliarden ist unrealistisch.
Doch selbst die Versprechungen dieser Senkung würden sich nicht bewahrheiten. FPÖ und ÖVP behaupten, eine Senkung der Abgabenquote mache Geld frei für Investitionen und Konsum und würde die Wirtschaft ankurbeln. In einem früheren Artikel hat Maximilian Belschner ausreichend dargelegt, dass ein solcher Effekt schlicht nicht stattfinden würde. Große Gewinner der FPÖ und ÖVP Steuerpläne wären Besserverdiener, aber vor allem Vermögende und reiche Erben. Warum? Weil Besserverdiener, auf Grund der progressiven Natur unseres Lohnsteuersystems (=steigende Steuersätze bei steigendem Einkommen), den Löwenanteil der Besteuerung tragen. Wer am meisten Steuern zahlt, kann auch am meisten entlastet werden. Außerdem wollen ÖVP und FPÖ Erbschafts- Vermögens, Finanztransaktions-, und Kapitalertragssteuer unangetastet lassen. Zum massiven Nachteil von ArbeiterInnen oder Angestellten.
Noch ein paar Worte zu den vermögensbezogenen Steuern (Erbschaft, Vermögen, Finanztransaktion, Kapitalertrag). Österreich leidet unter der zweitgrößten Vermögensungleichheit in den entwickelten Ländern. Nur die USA sind noch ungleicher. Wirtschaftswissenschaftler sind sich einig: Hohe Vermögenskonzentration (ein anderer Ausdruck für Vermögensungleichheit) in den Händen weniger schadet der Demokratie, dem sozialen Zusammenhalt, dem Wirtschaftswachstum, der Innovation und senken die Chancengleichheit innerhalb einer Gesellschaft. Die Tatsache, dass die Menschen heutzutage weniger Kinder bekommen, konzentriert die Milliardenvermögen, die an künftige Generationen weitergegeben werden, noch stärker. Es wird eine völlig neue Gesellschaftsschicht entstehen, die der Erben, die nicht arbeiten müssen und nur von ihrem ererbten Vermögen leben können.
Vor allem eine Erbschaftssteuer wirkt dieser Dynamik entgegen. Würde es FPÖ wirklich um Leistungsgerechtigkeit und Fairness gehen, müssten sie genau dieses (für die Erben) leistungslose Einkommen besteuern. Dass sie das nicht tun ist ein Indiz dafür, dass sie Vermögensumverteilung in eine Richtung bevorzugen: von unten nach oben.
Fazit
FPÖ und ÖVP werben im aktuellen Wahlkampf immer wieder für ökonomisch schwächere Gesellschaftsschichten. Mehr Geld für Pflege, mehr Geld für Pensionen, mehr netto vom brutto, mehr Förderungen für leistbares Wohnen. Tatsache bleibt, dass die Wahlprogramme dieser beiden Parteien krass im Widerspruch zu geäußerten Statements bei unzähligen Wahlkampfduellen stehen.
Das schwarz-blaue Programm richtet sich an Besserverdienende und alle jene, die es sich ohnehin selber richten können. Sollten diese beiden Parteien tatsächlich koalieren, wird der Sozialstaat massiv angegriffen werden. Etliche Kürzungen werden die breite Masse, die ganz “normalen” Österreicher treffen.
Titelbild: Max Pixel (public domain)