Rund 1.000 Menschen gingen gestern bei der Demonstration gegen den Ball der deutschnationalen Burschenschaften in Graz auf die Straße. Kleinere Blockaden nach der Demo; mehrere Festnahmen.
Erstmals kam es gestern zu größeren Protesten gegen den Burschenschafterball im Grazer Congress. Gegen 18.00 Uhr setzte sich die Demonstration vom Südtirolerplatz aus in Bewegung. Die Route führte durch die Grazer Innenstadt Richtung Hauptplatz, wo in unmittelbarer Nähe zum Congress die Abschlusskundgebung abgehalten wurde.
Nach Angaben der Demoveranstalter Offensive gegen Rechts Steiermark (OGR) nahmen am Protest 1.500 DemonstrantInnen teil. Die Polizei sprach von 900 TeilnehmerInnen. Neutralen Beobachtern zufolge dürfte sich die Zahl auf etwa 1.000 belaufen. Die antifaschistische Demonstration durch die Grazer Innenstadt war lautstark, verlief friedlich und blieb ohne Zwischenfälle. Mehrere PassantInnen schlossen sich während des Protestmarsches an.
Mehrere Festnahmen
Nach Auflösung der Demonstration durch die OGR kurz nach 19.00 Uhr bildeten Gruppen von DemonstrantInnen rund um das von der Polizei verhängte Platzverbot auf drei bis vier Kreuzungen Sitzblockaden. Autonome Gruppen versuchten zudem, die Zufahrt zum Congress via Neutorgasse durch umgekippte Mülltonnen, Verkehrsschilder und andere Gegenstände zu versperren, wovon ein paar in Brand gesetzt wurden. Dort kam es zu Auseinandersetzungen zwischen DemonstrantInnen und Exekutive. Um 20.00 Uhr waren die Blockaden bis auf zwei Stellen von der Polizei teils vehementer aufgelöst oder abgedrängt worden. Die Polizei sperrte ab diesem Zeitpunkt den Bereich zwischen Kalchberggasse und Tegetthoffbrücke für den Verkehr. Zuvor war es Taxis punktuell möglich gewesen, bis auf wenige Meter zum Congress zu fahren, die BallbesucherInnen mussten jedoch Verzögerungen in Kauf nehmen.
Nach einer Auseinandersetzung zwischen einem Burschenschafter, der zu Fuß zum Ball gelangen wollte, und einem Demonstranten wurde letzterer von der Exekutive abgeführt. Berichten zufolge gab es bis zu elf weitere Festnahmen, diese allerdings aufgrund von Verwaltungsdelikten.
Die Polizei reagierte auf die Demonstration mit einem Großaufgebot und war den Blockierenden zeitweise zahlenmäßig sogar überlegen. Ein Polizeihubschrauber kreiste stundenlang über der Innenstadt, um das Geschehen zu überwachen.
Nicht nur DemonstrantInnen hielten sich rund um das polizeiliche Platzverbot auf. Zu sehen war auch eine Handvoll Burschenschafter in Alltagskleidung, die das Geschehen rund um die Blockaden mit einer Kamera aufzeichneten.
Die Demo – ein Stimmungsbild
Vor der Schlusskundgebung zogen die DemonstrantInnen zu Parolen wie „Hoch die internationale Solidarität“ und „Arbeitsplätze statt Ausländerhetze“ durch die Straßen der Grazer Innenstadt. Eine Demonstrantin wollte mit ihrem Protest „ein Zeichen gegen Faschismus setzen“. PassantInnen zeichneten die Demonstration teilweise mit ihren Smartphones auf. „Wer bezahlt das?“, fragte eine ältere Dame und deutete auf die stark präsente Exekutive. Ihre Begleitung darauf kopfschüttelnd: „Warum müssen die [Anm.: Burschenschafter] unbedingt in der Stadt ihren Ball veranstalten? Mit dem Namen Akademikerball verunglimpfen sie eine ganze Personengruppe.“ Bei zwei Beamten nachgefragt, ob die Demo bis zu jenem Zeitpunkt friedlich verlaufen sei, kam mit sarkastischem Unterton ein „Von unserer Seite schon.“
„Großer Erfolg“
In einer ersten offiziellen Aussendung bezeichnete die OGR die Demonstration unter dem Motto „Fasching statt Faschismus“ als „großen Erfolg“. Auch wurde betont, dass von der OGR keinerlei Eskalation ausgegangen sei. Zu Beginn und am Ende der Demo bekräftigten RednerInnen die Intention, gegen „Rassismus, Sexismus und ein menschenverachtendes Elitedenken“ auftreten zu wollen. VertreterInnen aus Wien luden zur dortigen Demo am 30. Jänner. Schon jetzt wurde seitens der OGR angekündigt, auch im kommenden Jahr gegen den Grazer Akademikerball demonstrieren zu wollen.
Fotos: Unsere Zeitung (Galerie folgt) / Logo: Offensive gegen Rechts Steiermark (fb)