EU – keine Union zur Friedenssicherung, sondern eine Kriegsunion
Ein Gastbeitrag der „GewerkschafterInnen gegen Atomenergie und Krieg“
Österreich wird von niemandem bedroht! Laut Umfrage fühlen sich 81% der Österreicher*innen sicher in Österreich, nur 5% fühlen sich unsicher, so Brigadier Walter Feichtinger vom Institut für Friedenssicherung- und Konfliktforschung des Bundesheeres (IFK).
Österreich ist immerwährend neutral. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, 80 bis 90% der Österreicher*innen sind für die Neutralität und wollen keine Kriegsteilnahme Österreichs. Warum verlangt dann das Militär und das Verteidigungsministerium im 2019 erschienenen Bundesheerbericht „Unser Heer 2030“ das Militärbudget Österreichs zu verdreifachen? Warum macht dann Österreich an der EU-Aufrüstung im Zuge des PESCO-Vertrages, dem EU-Militärbündnis, mit?
Die geforderten Milliarden fürs Heer, dienen keineswegs wie behauptet für Katastrophenschutz, Sanierung des Fuhrparks und Kasernen, sondern sie sollen vor allem für Abfangjäger, Schützenpanzer, Auslandseinsätze und EU-Aufrüstung ausgegeben werden. Allein die geplanten 15 Abfangjäger würden ca. 2,25 Milliarden Euro kosten (ca. 150 Millionen Euro pro Stück).
Die Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik wollen zur Sicherung ihrer „Wettbewerbsfähigkeit“, sprich ihrer Profite, in Konkurrenz zu und mit den USA im Rahmen von EU bzw. NATO ihr Wirtschaftsinteressen auch mit militärischen Mitteln durchsetzen. Österreichs Regierende wollen uns an die EU Militarisierung und/oder an die NATO „anschließen“!
Die Neutralität Österreichs steht diesen Plänen im Wege. Deshalb wird von den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft behauptet, dass man Österreichs „Sicherheit“ nur in der sogenannten „Friedensunion EU“ garantieren könne. In Wahrheit rüstet die EU massiv auf und nimmt an Kriegen teil. Das steht Österreichs Neutralität und dem Neutralitätsgesetz total entgegen: Im Folgenden das „Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs“ im Wortlaut:
„(1) Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen.
(2) Österreich wird zur Sicherung dieser Zwecke in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiete nicht zulassen.“
Die Erklärung der immerwährenden Neutralität ist das Ergebnis der Auswirkungen und der Erkenntnisse aus dem II. Weltkrieg, nie wieder in Kriege hineingezogen zu werden, nie wieder an Kriegen teilnehmen zu wollen.
Österreich auf dem Weg in die EU-Kriegsunion?
Seit Jahren wird die Neutralität von unseren Regierenden ausgehöhlt um den Weg entweder in ein neues EU-Militärbündnis bzw. in die von den USA dominierte NATO frei zu bekommen. Sie scheren sich nicht um das Neutralitätsgesetz, für sie endet ihr Demokratieverständnis, wenn es um die Interessen der Konzerne und Militärs geht, die sie vertreten. Die Regierenden haben schon mit dem Beschluss des Kriegsermächtigungsartikels 23f im Jahre 1998 einen glatten Neutralitätsbruch begangen und damit schon damals Kampfeinsätzen auch ohne UNO-Mandat zugestimmt. Sie haben den neuen EU-Vertrag unterschrieben, der 2006 in Kraft trat. Dieser besagt unter anderem, dass es in der EU eine ständige Aufrüstungspflicht geben soll. Ein eigenes EU-Rüstungsamt soll dies durchsetzen sowie die Kriegswaffenindustrie fördern.
PESCO – EU-Aufrüstung für eine EU-Kriegsunion
Österreichs Regierung, der damalige Außenminister Kurz unter Kanzler Kern, hat bereits 2017 den so genannten PESCO-Vertrag für ein militärisches Kerneuropa unterschrieben. Danach verpflichten sich die unterzeichneten Staaten
- das Heeresbudget auf 2% des BIP (Bruttoinlandsprodukt) zu erhöhen, d.h. von derzeit ca. 2,6 Milliarden Euro auf über 7 Milliarden Euro (also von ca. 0,6% auf das Dreifache).
- Zweitens verpflichtet die EU-PESCO uns „wesentliche Unterstützung in Form von Truppen und Material für EU-Auslandseinsätze bereitzustellen“, d.h. Soldaten in globale EU-Krisen- und Kriegsgebiete zu schicken, unsere Steuergelder und das Leben unserer Soldaten für EU-Kriege bereitzustellen.
- Drittens verpflichtet die Europäische Union ihre Mitgliedsstaaten für die EU-Rüstungsunion zu zahlen, d.h. unter anderem für die Erforschung und Entwicklung von Rüstungsgütern dutzende Milliarden Euro bereitzustellen.
Im Übrigen hat bereits der Verteidigungsminister der Übergangsregierung, Starlinger, am 12. November 2019 das erste Projekt eines gemeinsamen Kommandos der Spezialkräfte der vier NATO-Staaten Kroatien, Ungarn, Slowakei, Slowenien und Österreich mitunterzeichnet (R-SOCC) Weiters hat er in Brüssel das erste Projektabkommen des von Österreich geleiteten PESCO-Projekts „CBRN Surveillance as a Service (CBRN SaaS)“ unterzeichnet. Ziel des Projekts ist, den Einsatz unbemannter Bodensysteme und Luftdrohnen zu entwickeln, die mit Sensoren ausgestattet werden, um ABC-Kampfstoffe zeitgerecht zu erkennen.
„PESCO könnte für das Militär der EU einmal so bedeutsam werden, wie der EURO für die Wirtschaft“ schrieb die „Berliner Morgenpost“ (Wie sich Europa für die Zukunft rüstet, 8.11.2017). Doch die überwältigende Mehrheit der Menschen EU-weit will keinen Krieg.
NATO + PESCO
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am 13.11. 2019 die Rolle des deutschen Militärs skizziert. Sie sagte unter anderem:
… „dass wir auch gerade den europäischen Teil der NATO stärker zusammenführen müssen. Dazu gibt es die strukturierte Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigungspolitik in der Europäischen Union, die sogenannte PESCO … Deutschland und Frankreich sind hier an der Spitze der Entwicklung“.
Merkel sagt also, dass für die europäischen Mitgliedsstaaten der NATO das PESCO-Abkommen dazu dient, verstärkt militärisch aufzurüsten, dass PESCO zu einem EU-Teil der NATO ausgebaut werden soll! Österreichs Regierende haben ja PESCO unterzeichnet. Also bedeutet das laut Merkel somit auch einen indirekten NATO-Anschluss Österreichs!
Das ist absolut unvereinbar mit der in unserer Verfassung verankerten immerwährenden Neutralität Österreichs.
Noch mehr Brisanz für Österreich, das PESCO beigetreten ist, bekommt dies seitdem Frankreichs Präsident Macron in einer Rede am 7.2.2020 einen „strategischen Dialog“ über die EU-Atombewaffnung gefordert hat!
NATO – Krieg gegen den „Osten“
Seit 2018 wurde und wird ein zweiter NATO Kommandostab (JSEC) in Ulm aufgebaut, der unter anderem die Bewegung von Truppen und Kriegs-gerät an die NATO-Ostflanke besser und schneller organisieren soll. Bis zu 60.000 Soldaten sollen von dort aus gesteuert werden. Dieses Kommando wird von der Gastnation Deutschland betrieben und soll nur bei Bedarf dem Bündnis unterstellt werden.
Von hier aus soll der nächste Krieg gegen Russland vorbereitet werden. Es geht wieder an die Ostfront! Im Weißbuch der deutschen Bundeswehr heißt es auch: „Russland stellt auf absehbare Zeit eine Herausforderung für die Sicherheit auf unserem Kontinent dar“.
Manöver Defender 2020
Im Frühjahr 2020 proben die USA und ihre europäischen Verbündeten die transatlantische Mobilmachung gegen Russland. Mit insgesamt ca. 37.000 Soldaten ist es die größte „Übung“ dieser Art bisher. 20.000 US-Soldaten kommen aus den USA. Das Manöver findet wieder an der Ostfront statt, d.h. in Polen und dem Baltikum (Estland, Litauen, Lettland). Die Soldaten werden durch Deutschland durchgeschleust, an die Ostflanke der NATO verlegt. Zu den Soldaten kommen zehntausende „Militärfahrzeuge“ – das sind Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, Lastwagen, Jeeps und Materialcontainer. „Die Übung ist eine Machtdemonstration gegenüber Russland…“ (Neue Zürcher Zeitung, 7.10.2019). Hier wird die militärische Infrastruktur für einen Krieg gegen die Atommacht Russland aufgebaut. Russland ist das größte Rohstofflager der Erde.
Neben den USA werden sich 16 weitere NATO-Mitglieder an dem Manöver beteiligen, darunter auch Deutschland. In einem Krieg der NATO gegen Russland würde Deutschland laut Konzeption der Bundeswehr als „Basis für Operationen, rückwärtiges Einsatzgebiet und Drehscheibe der Unterstützung“ dienen. Das neue militärische Hauptquartier (JSEC) in Ulm, zur Organisation schneller Truppenverlegungen, wird seine Rolle als zentrale Schalt-stelle der Mobilmachung gegen Russland proben.
Das alles bedeutet, dass Österreich im Rahmen von EU und/oder NATO mit aufrüsten soll und letztendlich dann an der Seite von EU und/oder NATO wieder in Kriege hineingezogen würde und wir mitmachen soll. Österreich als neutraler Staat soll und muss zu seiner eigenen Sicherheit solche Manöver verurteilen.
Weil das mit der leidvollen Erfahrung der Österreicher*innen aus zwei Weltkriegen und mit der Neutralität Österreichs nicht vereinbar ist, ja gegen das Verfassungsgesetz der Neutralität verstößt, wird von den Regierenden mit der Neutralität im Munde gegen die Neutralität vorgegangen. Manche Kommentatoren in Medien wie z.B. in der Zeitung „Die Presse“, die der Industriellenvereinigung nahesteht, verlangen, dass man wieder über die Neutralität reden, die Neutralität überdenken müsse. Und Philipp Eder (dzt. Leiter der Abteilung Militärstrategie im Verteidigungsministerium, Berufsheer- und EU-Armee-Befürworter und früher die rechte Hand von Ex-Verteidigungsminister Darabos) sagt, dass im Ernstfall die Neutralität aufgehoben sei und wir uns militärisch auch wieder anschließen und über unsere Grenzen hinausgehen sollen: „… wir müssen halt wieder einmal über die Neutralität nachdenken, denn wenn wir sagen – auch richtig: wirtschaftliche Vernetzung, neue Cyberbereich, das ist ja alles über Grenzen hinausgehend, warum soll das denn nicht für die Verteidigung auch gelten.“ (ORF, Ö1, Journal Panorama, 22.10.2019, Sicherheit und Verteidigung neu denken. Zusammenfassung einer Podiumsdiskussion des Instituts für Friedenssicherung und Konfliktforschung des Bundesheeres).
Was bringt Sicherheit?
- nicht der Einsatz des Heeres für die Gewinninteressen der Konzerne erhöht unsere Sicherheit. Im Gegenteil. Das macht unser Land erst recht zur Zielscheibe
- nicht Anschluss an die EU-Kriegsunion via PESCO bzw. die NATO, sondern aktive Neutralitätspolitik bringt uns Sicherheit
Was bedeutet aktive Neutralität?
- diplomatisch, wirtschaftlich, meinungsmäßig sich dem Krieg zu verweigern
- aktiv gegen Kriegstreiber aufzutreten, diese zu benennen und zu verurteilen
- keinesfalls Geld, wirtschaftliche Ressourcen, zivile oder militärische Kräfte zur Verfügung zu stellen
- sich um keinen Preis und in keinem Fall sich selbst propagandistisch, wirtschaftlich oder militärisch an Kriegsvorbereitungen und Kriegen zu beteiligen!
- Daher Österreich raus aus EU-PESCO, NATO-Kooperationen und NATO-„Partnerschaft für den Frieden“
Titelbild/Grafik: kjoe.at