Venezuela: Ultrarechter Putschversuch niedergeschlagen

diosdado_evidenciasMassaker und Diktatur á la Pinochet verhindert – Am 12. Februar sollte die „Operation Jericho“ beginnen

Ein Kommentar von Carlos Troger

Am Abend des 12. Februar gab Venezuelas Präsident Nicolás Maduro dazu erste Informationen bekannt, unter anderem über die Festnahme von sieben beteiligten Offizieren der Luftwaffe. Die Untersuchungen und die Auswertung der Aussagen der Putschisten schreiten voran. Die bisher aufgedeckten und bekannt gewordenen Details und Fakten erlauben Aussagen über das ganze Ausmaß der terroristischen Verschwörung gegen die venezolanische Verfassungsordnung und Demokratie.

Kurzes Intro:

Am 11. bis 13. April 2002 hatte eine rechte Putschjunta knappe 47 Stunden lang den Präsidentenpalast unter Kontrolle, bis der mediengestützte zivil-militärische Staatsstreich vom Volk und verfassungstreuen Militärkräften unblutig niedergeschlagen wurde. (1)
Der entführte Präsident Hugo Chávez kehrte zurück in sein Amt und rief zur allseitigen Respektierung der Verfassung, zu Versöhnung und Dialog auf.

Vergeblich. Bereits 7 Monate später folgte der nächste Versuch mit der Paralysierung der Erdölindustrie. Die Kette der Destabilisierungsaktionen und Putschvorbereitungen hörten bis zum heutigen Tage nicht auf; erst im März 2014 konnte ein weiterer reaktionärer Putschversuch unter dem Namen „Operation Blau“ aufgedeckt und verhindert werden.

„Operation Jericho“- was bisher kar geworden ist:

venezuela_putsch1. Schritt: „Operation Jericho“ sollte am 12. Februar mit großen Demonstrationen der Opposition in Caracas und anderen Städten beginnen. Anstatt der erwarteten Massen fanden sich in Caracas aber nur einige 1.000 Leute ein, unter ihnen „streetfighter“, die Brände legend und die Ordnungskräfte provozierend und attakierend die mediale Show produzierten – für nationale und internationale Medien, die außerordentlich zahlreich und bestens vorbereitet vor Ort waren. Das fand selbst in Österreich sein Echo (2).

DIE WEITEREN SCHRITTE WURDEN DURCHKREUZT

Wie sich aus den Aussagen von geständigen Putschisten und Komplizen sowie aus zahlreichen vorgefundenen Dokumenten und nachvollzogenen internen Kommunikationen und Beziehungsnetzen darbot, wäre es folgendermaßen weitergegangen:

2. Schritt: Nach dieser geplant massiven Demonstration mit gewalttätigen Auseinandersetzungen wäre ein von drei prominenten Oppositionspolitikern unterfertigter „Aufruf an die Venezolaner zu einem Nationalen Abkommen zur Transition“ massiv auf nationalen und internationalen Kanälen verbreitet worden. In diesem Papier werden (durch die Blume) erste Maßnahmen angekündigt. Ein durch und durch neoliberales Programm. Beispielsweise: der Wiederanschluss Venezuelas an die internationalen Finanzinstitutionen (die Rückkehr zur Diktatur von IWF und Weltbank); die Neubesetzung der Spitze des staatlichen Erdölkonzerns PdVSA und deren „Entpolitisierung“ (statt der Vergesellschaftung der Einnahmen die Rückkehr zu den Verhältnissen vor 1999, d.h. die Aneignung der Gewinne durch die nationale Oberschicht und die Transnationalen); Reprivatisierung der verstaatlichten Schlüsselsektoren des Staates (Wasser, Strom, Bildung, Schwerindustrie etc); drastische Kürzung von Sozialprogrammen; Einfrieren von Löhnen, Gehältern und Pensionen; Entlassungen etc.. Die Publikation des Aufrufes wäre das Startsignal für die weitere Operation gewesen.

3. Schritt: Ein Attentat auf Präsident Maduro während einer öffentlichen Veranstaltung. Militärflugzeuge des Typs „Embraer Super Tucano“, die im Ausland gekauft worden und für die Operation ausgestattet worden waren, hätten wichtige Regierungsgebäude als taktische Ziele von der Luft aus angegriffen – mitten im dichtbesiedelten Zentrum von Caracas! Mit auf der Liste der anzugreifenden Objekte stand der lateinamerikanische TV-Kanal TeleSur. All dies ist aus den vorgefundenen Materialien ersichtlich.

Während dessen wäre eine bereits aufgezeichnete Videoaufnahme von 8:32 Min. Dauer national und international verbreitet worden, in der 3 Zivilisten und 3 Offiziere, mit Kopfschützern und in Uniformen, eine Erklärung über den angeblichen Aufstand der Bolivarischen Streitkräfte gegen die legitime Regierung des Präsidenten Nicolás Maduro verlesen. Alles sei unter Kontrolle.

Über die Akteure, soweit bisher bekannt geworden:

Informationen über verdächtige Aktivitäten von Putschisten waren, allem Anschein nach, von einfachen Soldaten an die entsprechenden Stellen weitergeleitet worden. Der Geheimdienst und die zuständigen Sicherheitskräfte agierten verantwortungsvoll.

Der militärische Arm der Verschwörung rekrutiert sich aus einer Reihe von Luftwaffenoffizieren, unter ihnen ein aktiver und zwei Brigadegeneräle im Ruhestand. Ein Teil konnte festgenommen werden, andere sind flüchtig oder haben sich ins Ausland abgesetzt.

Den zivilen Arm stellen Wirtschaftsleute und die politische Opposition, von der zwar nicht alle direkt involviert (z.B. der Oberbürgermeister von Caracas!), aber sehr wohl informiert waren, und die dominierenden Medienkonsortien der Rechten. Sie alle verleugnen nun ihre Beteiligung, beschuldigen die Regierung der „Übertreibung“ und versuchen, diesen terroristischen Attentatsversuch auf die Demokratie ins Lächerliche zu ziehen. Als ob erst mit dem gelungenen der Beweis erbracht wäre! Anstatt das Desaster zu verhindern!

Die Kräfte hinter den Kulissen:

Die ausländischen Interessen, die in der langen Geschichte von subtilen und brutalen Einmischungen, Destabilisierungen und Putschen in Lateinamerika animierend, finanzierend, anleitend und beschützend tätig waren, sind kein Geheimnis. Es sei hier nur auf die „posthum“ veröffentlichten Dokumente zu Chile 1973 verwiesen. Dem Establishment in den USA ist Lateinamerika nach wie vor „ihr Hinterhof“, der auf Linie gebracht werden muß. Das zeigen nicht zuletzt die „smarten“ regime-changes in Honduras (2009) und Paraguay (2012).

Die permanenten Verwicklungen dieser Kräfte in regierungsfeindliche Aktivitäten in Venezuela sind ausführlich dokumentiert. Die „Operation Jericho“ ist ohne dieser „Unterstützung“ undenkbar.

Könnte es sein, dass der regime-change in Venezuela höchste Priorität hat, weil sich das Land und seine Menschen noch immer nicht den Interessen Washingtons und der Transnationalen unterworfen haben und darüber hinaus dort die größten Erdölreserven der Welt zu erbeuten sind?

Die Unterstützung für Venezuela und für ihren demokratisch gewählten Präsidenten Maduro und seine Regierung ist weltweit: sie reicht von der Bewegung der Blockfreien (134 Länder dieser Erde), sämtlichen lateinamerikanisch-karibischen staatlichen Organisationen und Bündnissen sowie zahlreichen Ländern dieser Erde – nicht zuletzt China und Russland – bis zu zahllosen sozialen Organisationen, Basisinitiativen und demokratisch gesinnten Menschen. Sie alle verurteilen die imperiale Missachtung der Souveränität Venezuelas und anderer Länder und Völker und verlangen eine Politik für den Frieden und die Stabilität in der Region und der Welt.

Warum tut das Österreich nicht? Warum tut das die EU nicht?

 

(1) Siehe auch den Film „The Revolution will not be Televised“ (dt. Ein Staatsstreich von innen), Kim Bartley & Donnacha O Briain, 2002

(2) Schlagzeilen 13-02-23015: „Gewalttätige Proteste zum Jahrestag der Unruhen in Venezuela“ in Die Presse, identisch in der Wiener Zeitung; kleine Variation dazu in Der Standard, der zusätzlich die Aufdeckung des Putsches kurz – in banalisierender Form – anführt; etc. Seitdem herrscht absolutes Stillschweigen – zumindest bis zum 18-02-2015.

Fotos: telesurtv.net

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