Phrasen und Puppen
Ein Wahlkampf ist laut der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung die Gesamtheit der bei „Wahlen auf Bundes-, Landes-, kommunaler oder europäischer Ebene zu ergreifenden programmatischen, parteiorganisatorischen und publizistisch-kommunikativen Maßnahmen von Parteien und/oder Kandidaten, mit denen Wählerinnen und Wähler informiert und in ihrer Stimmabgabe beeinflusst werden sollen.“ Wahlkämpfe entfalten sich also ausschließlich in Öffentlichkeiten. Sie sind mediatisierte Ereignisse und seit jeher begehrter Gegenstand wissenschaftlicher Analyse, zum Beispiel hier.
Wenn JournalistInnen nicht von Anfang an schlecht recherchierte Haltungsnoten vergeben, deuten sie gebrochene Wahlversprechen als opportunistischen Verrat. Umso erfrischender, dass im Wahljahr 2015 ausgerechnet eine unbedeutende Bundeswahl in den Fokus des Mainstream-Fernsehens rückt. Armin Wolf moderierte erstmals zur Primetime die Elefantenrunde zur ÖH-Wahl. Abgesehen von lustigen Eingangsstatements und sogar für ihn ungewohnt sarkastischen Spitzen war Wolf ein unfairer Moderator. Es entsteht der Eindruck, dass Listen mit Parlamentsanbindung – v.a. die AG, die JUNOS und der VSSTÖ – deutlich vom ZIB-Anchor bevorzugt wurden. Inhaltlich hat Sasan Djalali von der FEST den Abend in einem Posting gut zusammengefasst. Lucia Grabetz – an sich eine sympathische und intelligente Person – kam als verbalradikale Sprechpuppe daher. Überläufer Niko Swatek brillierte durch liberale Phrasen. Und Jens Eippers größte Leistung bestand darin, mit einer Beinorthese am Podium auszuharren. Den Spruch des Abends brachte Philipp Jocham von der LISTE: „Wir wollen eine Zugangsbeschränkung für Kärntner an den Unis, denn die nehmen unseren Deutschen die Plätze weg. Uns ist lieber ein schlecht ausgebildeter Deutscher an einem Skalpell als ein Kärntner in einer Bank.“ Einig waren sich alle in der Ausgrenzung des RFS. Spitzenkandidat Felix Mayrbäurl wird nicht müde, in Interviews den liberalen Feministen zu geben, hat aber eine ernsthafte Leseschwäche und einen Genderfetisch.
Während die ÖH gut abgedeckt wird, sind BurgenländerInnen medial kaum existent. Das liegt daran, dass sie heuer am selben Tag (31. Mai) wie die SteirerInnen wählen. Das aktuelle DATUM begleitet den blauen Hinterbänkler Mario Kunasek im Wahlkampf. Da kommt raus, wie der Klubchef – übrigens Publizistik-Student in Wien – fünf Reportern „für das zahlreiche Erscheinen“ dankt, ein Regionalblatt gegen Geld genehme Berichte bietet und Kunasek mit Kollegen tumbe Partymusik hört. Dem schamlosen Süden, der heimischen Asylpolitik halten K.I.Z. die richtigen Worte entgegen:
„Der Lynchmob ist krank vor Neid / auf das 5-Sterne-Hotel im Asylantenheim (…) Denkt ihr, die Flüchtlinge sind in Partyboote gestiegen, / mit dem großen Traum, im Park mit Drogen zu dealen? / Keine Nazis ihr seid brave Deutsche, / die sich nicht infizieren lassen mit der Affenseuche. / K.I.Z.-Selbstmordattentäter / Ich sprenge eure Demo und es regnet Hackepeter!“
Grafik: Österreichische HochschülerInnenschaft
Beitragsbild: screenshot (TVthek)