Österreich 2015: plötzlich entdecken alle die Frauenrechte für sich. Der Grund: angeblich fliehen ausschließlich gesunde Burschen.
Asylkalender, 10. Dezember 2015.
Österreich 2015: das ist ein Staat, in dem die FPÖ wiederholt gegen ein Frauenhaus wettert und Frauenhäuser dann gegen Flüchtlinge ausspielt. Das ist ein Staat, in dem ein Macho-Sänger meint, „wenn man als Manderl noch auf Weiberl steht“, gäbe es Schwierigkeiten. Das ist ein Staat, in dem Frauen 22,4 Prozent weniger verdienen als Männer. Das ist ein Staat, in dem dennoch alle plötzlich für Frauenrechte glühen. Vor allem dann, wenn in großer Zahl Männer aus Nahost hierzulande Asyl beantragen.
Schnell entsteht der Eindruck, es seien vor allem gesunde, kräftige Burschen, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben bei uns stranden. Da kommt die Frage auf: „Warum kommen nur junge Männer nach Österreich?!“
Das Adverb nur „drückt eine Ausschließlichkeit aus“, wie es im Duden heißt. So wird suggeriert, dass weder Frauen noch Kinder fliehen. Ein Blick auf die allerneuesten verfügbaren Zahlen des Innenministeriums widerlegt das. Richtig ist: seit Jänner 2015 stellten immer männliche Personen die Mehrheit an AsylwerberInnen. Von 6.393 AntragstellerInnen im Mai waren 5.304 (82,97%) männlich. Seither ist ihr Anteil immer noch hoch und mehrheitlich, aber eben nie ausschließlich. Langsam nehmen die weiblichen Anträge sogar zu. Im Oktober lag das Verhältnis bei 7.978 (68,38%) zu 3.690 (31,62%). Minderjährige sind auch reichlich dabei.
Jene, die sich tatsächlich ohne ihre Familien oder Frauen nach Europa durchschlagen, tun das nicht aus Jux oder Feigheit, wie manche meinen. Sie geben immer wieder an, wie schwierig die Entscheidung war. Letztlich zogen sie es vor, die gefährliche, beschwerliche und ungewisse Flucht zunächst allein zu wagen. Andere konnten gerade genug Schleppergeld für sich allein zusammenkratzen. Wer seine Angehörigen nicht zurückließ oder unterwegs verlor, hofft, sie bald nachholen zu können.
Text und Grafik: Zoran Sergievski
Photo by G. Kraftschik under CC-BY
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