Leo Fernández von Che Sudaka im UZ-Gespräch zum Start ihrer Europatour
Am heutigen Abend startet Che Sudaka ihre Wintertour 2016 durch die Schweiz, Deutschland und Österreich (27.1.: Wien/WUK, 28.1.: Dornbirn/Spielboden; 29.1.: Innsbruck/Weekender). Die Mestizo-Band, deren Gruppenmitglieder ursprünglich aus Argentinien und Kolumbien stammen, begann in den Straßen Barcelonas ihre Musik zu machen und hat es mittlerweile geschafft, zu den größten Festivals der Welt eingeladen zu werden. Unsere Zeitung sprach im Vorfeld ihrer Europatour mit dem argentinischen Sänger Leonardo Gabriel „Leo” Fernández.
UZ: Vor etwa 15 Jahren habt ihr in Barcelona als Straßenmusiker begonnen. In einem Interview sagtest du einmal: Die Straße war eine Schule des Lebens. Wie war die erste Zeit in Spanien? Was konkret habt ihr damals gelernt und prägt euch bis heute?
Leo: Wir kamen im Jahr 2001 in Barcelona an. Auf der einen Seite war es magisch, einen kosmopolitischen Ort zu erreichen, vor allem mit so viel Kunst in den Straßen. Gerade erst angekommen haben wir auch schon in den Straßen und Zügen zu spielen begonnen und so haben wir wir das Leben gewonnen. Auf der anderen Seite hatten wir bis 2005 keine Papiere, wodurch das Leben wie eine Lotterie war. Zum Glück haben wir das gelöst, aber diese Erfahrung war entscheidend für alles, was danach kam. Bis heute ist es für uns nützlich, dass wir so begonnen haben.
UZ: Che Sudaka besteht nun offiziell seit über 13 Jahren. Wer hat euch musikalisch geprägt? Was waren bis jetzt eure persönlichen Highlights?
Leo: Wir vier haben ganz viel Musik gehört, aber wir blieben immer bei populärer Musik, also jener die aus der Seele kommt, so weit entfernt vom Kommerz wie es nur sein kann. Das vermutlich wichtigste Ereignis in unserer Geschichte war 2015, als wir in diesem Jahr in 5 Kontinenten spielen durften (Amerika, Asien, Afrika, Ozeanien und Europa).
UZ: Beim Projekt „La Rockola“ habt ihr 74 unabhängige Bands aus 18 verschiedenen Ländern der Welt auf bisher 4 Sampler gepackt. Welche Idee steckt dahinter? Was ist das besondere daran?
Leo: Die Idee dahinter ist, dass die teilnehmenden Bands wissen, dass es in anderen Teilen der Welt Menschen wie sie gibt, die für die gleichen Träume kämpfen. Einigkeit erzeugt Stärke. Deshalb glauben wir, dass so viel gemeinsame Energie viele gute Dinge für alle bringen wird. Wir wollen zeigen, dass es in dieser Welt keine Grenzen, sondern lediglich Entfernungen gibt. Wenn wir diese Entfernungen verkürzen, ist die Welt eins.
UZ: Im Lied „Que viva la gente“ im Album „10“ (2012) befasst ihr euch mit der Protestbewegung 15-M („Indignados“) in Spanien. Nun scheint der Protest von „Podemos“ kanalisiert worden zu sein, oder täuscht das?
Leo: Die Bewegung 15M war sehr vielfältig, es war eine soziale Bewegung – unpolitisch. Nun ist folgendes passiert: Um die Dinge von innen heraus zu verändern, organisierten sich die Menschen und bildeten zahlreiche unabhängige Parteien. Viele von ihnen haben nun schon gute Ergebnisse erzielt, zum Beispiel „Ahora Madrid“ (dt.: Jetzt Madrid, Anm. UZ), die den Bürgermeister von Madrid stellen, oder „Guanyem“ (heute: Barcelona en Comú, Anm. UZ), die den Bürgermeistersessel in Barcelona gewannen. Langsam wird durch diese Parteien eine spürbare Sozialpolitik umgesetzt. Dies zeigt sich von Tag zu Tag zum Beispiel beim Stopp von Zwangsräumungen. Woher kommt das? Naja, wir wissen es nicht. Die Politik ist ein kontaminierter Boden, aber sicher bringen die neuen Winde neue Varianten zu Tage.
UZ: Die Musik von Che Sudaka ist eine bunte Mischung aus Cumbia, Ska, Punk, Reggae, etc., konstant sind allerdings die sozialkritischen Texte. Ihr nennt das „musica consciente“ und „musica popular“. Was ist eure Mission?
Leo: Unsere Mission ist es, glücklich zu sein und das zu tun, was uns gefällt. Mit dieser Einstellung wollen wir auch unsere Umgebung anstecken. Wir versuchen, immer schöne Momente zu generieren, auf oder abseits der Bühne.
Interview: Michael Wögerer
Foto: Leo von Che Sudaka (Andoni Bilbao, flickr.com, Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0); Titelbild: Melody Smith (live-photos.de)
Siehe auch: „Und plötzlich bleiben sie stehen“ (junge Welt-Interview)
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