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Alexander Van der Bellen wird der 9. Bundespräsident der Zweiten Republik.

Kommentar zum Ausgang der Bundespräsidentschaftswahlen
Von Stefan Kastél

Der Tag der Bundespräsidenten-Wahl war ein gefühltes Luftanhalten über mehrere Stunden, das sich in vielen nervösen und angestrengten Gesichtern widerspiegelte. Unabhängig davon welche Bedeutung man dem Amt des Bundespräsidenten oder dieser ganzen Wahl in den letzten Monaten beigemessen hatte, kam wahrscheinlich der Politikverdrossenste nicht umhin zu bemerken, dass eine gewisse Energie in der Luft lag.  Dann, kurz nach 17 Uhr. Die erste Hochrechnung flimmert über diverse Bildschirme. Ein deutlicher Vorsprung und Freude für den einen, während sich sein Kontrahent um Diplomatie bemühte, die insbesondere bei den letzten Live-Duellen zu bröckeln begann.

Ein Bekannter schrieb währenddessen auf Facebook „Die Wahl ist geschlagen, jetzt hört auf zu streiten.“ In diesem Satz steckt sehr viel. Das Befrieden nach Innen, obwohl es wichtige Dinge zu besprechen gäbe. Das nicht Wahrhabenwollen von Differenzen in unserem Land. Als wäre Politik und die damit verbundenen Themen und Wahlen etwas Kurzweiliges, das man schnellstmöglich bei Seite schieben möge sobald die Aktualität nicht mehr gegeben ist.

Diese Wahl hat gezeigt, dass Politik immer aktuell ist. Die vielen „VdB mehr denn je“ und „Norbert Hofer X“ Profilbilder werden wieder verschwinden, bevor wir „Verfassungsgerichtshof“ aussprechen können. Wir werden wieder in unseren eigenen Blasen weiterleben und die Gegenseite tunlichst meiden. Oder auch nicht. Denn was wir aus dieser Wahl lernen sollten ist, dass an der Spaltung innerhalb der Gesellschaft gearbeitet werden muss.

Während des gesamten letzten Jahres wurde viel gestritten. Bestimmte Themen wurden mit Emotionen angereichert, nur um daraus politisches Kleingeld zu schlagen. Natürlich war das in der Vergangenheit nicht wesentlich anders. Jedoch hat sich besonders in den letzten Monaten eine starke Tendenz zur Überdramatisierung bemerkbar gemacht.  

Von rechtspopulistischen bis rechtsextremen Parteien darf man sich dabei in Zukunft auch keine Lösungen oder Entspannung erwarten. Denn noch immer geht es um Macht. Und mit versöhnlichen Worten würde weder Marine Le Pen, noch Heinz-Christian Strache oder Norbert Hofer einen Blumentopf gewinnen.

Alexander Van der Bellen mag knapp gewonnen haben. Und es ist eben dieses „knapp“, das nun der dringende Anlass sein soll, nicht nur für regierende Persönlichkeiten, sondern ganz besonders für die Zivilgesellschaft, an den verbindenden Elementen in diesem Land zu arbeiten. Ja, es gibt Meinungsverschiedenheiten und unterschiedlichste Vorstellungen darüber wie man unser Zusammenleben gestalten kann. Doch bei allen Unterschiedlichkeiten, die es gibt, muss eines klar bleiben: Eine Politik, die Herabwürdigung und das Ausspielen bestimmter Bevölkerungsgruppen zum politischen Tagesgeschäft macht, darf sich nicht weiter ausbreiten. In diesem Sinne gehört es auch zu den Pflichten jedes Einzelnen, diesen Entwicklungen entgegenzuwirken.

Als Abschluss würde ich jetzt irgendeine Floskel mit dem Überbau „Die Zukunft wird zeigen“ einbauen. Das tue ich aber nicht und wünsche einfach eine angenehme Woche. Es war schon anstrengend genug.

Foto: Alexander Van der Bellen (Franz Johann Morgenbesser, flickr.com; Lizenz: CC BY-SA 2.0); Titelbild: Kaunertal (pixabay.com; public domain)

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