KPÖ oder FPÖ auf Platz 2 „würde einen großen Unterschied machen“

Am 5. Februar finden in Graz Gemeinderatswahlen statt. Die KPÖ verteidigt in Österreichs zweitgrößter Stadt Platz zwei –  als kommunistische Partei europaweit ein Unikum. Unsere Zeitung sprach mit Vizebürgermeisterin Elke Kahr über die anstehenden Wahlen und ihr politisches Resümee.

UZ: Die Wahlen in Graz finden bereits am 5. Februar statt, regulärer Termin wäre November 2017 gewesen. Der KPÖ wird nun vorgeworfen, Neuwahlen provoziert zu haben…

Elke Kahr: Bürgermeister Nagl ist noch jeder Budgetpartner abhandengekommen: 2012 die Grünen, 2014 die FPÖ. Hätten es vor zwei Jahren nicht einen Kompromiss mit der KPÖ gegeben, wäre schon im Frühjahr 2015 neu gewählt worden. Aber die KPÖ konnte viele Verbesserungen, wie beispielsweise Gebühren- und Tarifstopp oder die ermäßigte Jahreskarten durchsetzen, ebenso eine Kürzung der Parteienförderung. Eine Gemeinderatswahl im Frühjahr 2015 hätte eine deutliche Verkürzung der Gemeinderatsperiode um mehr als zwei Jahre bedeutet. Jetzt geht es um einige wenige Monate bei der Vorverlegung der Wahl.

UZ: Wenn es nur um ein paar Monate ging, warum dann die Neuwahlen?

Elke Kahr: Die Wahl wird um einige Monate vorverlegt, weil ÖVP, SPÖ und FPÖ keine Volksbefragung zum Murkraftwerk wollen. Das Murkraftwerk ist ein Projekt, das Graz tiefgreifend verändern würde. Der durch das Kraftwerk nötige Speicherkanal würde 84 Millionen Euro kosten. Das wäre die größte Investitionssumme seit Jahrzehnten. Wir sagen, das Geld wäre anderswo besser aufgehoben. Die KPÖ hat sich immer aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen gegen das Murkraftwerk ausgesprochen. Und wir wollen den Willen von über 10.000 Grazerinnen und Grazern nach einer Volksbefragung respektieren.

UZ: ÖVP und SPÖ monieren, die KPÖ hätte ein bereits ausverhandeltes Budget noch platzen lassen.

Elke Kahr: Nein. Über die von der KPÖ verlangte weitere Senkung der Parteienförderung um 10 Prozent wurde nicht einmal gesprochen. Beim Investitionsbudget war noch sehr vieles unklar – gerade weil durch eine einzige teure Großinvestition der Spielraum für wichtige Vorhaben über Jahre stark eingeschränkt wird. Das Geld wird unserer Stadt bei anderen wichtigen Investitionen fehlen: beim öffentlichen Verkehr, beim Wohnen, bei Bildung, Kultur und in der Pflege. Auch damit werden Arbeitsplätze geschaffen – und zwar dauerhaft. Es gab auch keine Zusage von ÖVP und SPÖ, dass es zu keinen Verschlechterungen für das städtische Personal und die Beschäftigten bei der Holding Graz und den anderen Beteiligungen kommen wird.

UZ: Die KPÖ war in den letzten vier Jahren zweitstärkste Partei im Gemeinderat und hat mit Ihnen die Vizebürgermeisterin und Wohnungsstadträtin gestellt. Welches Resümee ziehen Sie?

Elke Kahr: Die KPÖ ist im Grazer Gemeinderat mit fast 600 Initiativen die aktivste Partei. Darunter waren verkehrspolitische Maßnahmen, die vor allem dem Ausbau des Öffentlichen Verkehrs und günstigeren Öffi-Preisen gegolten haben. Nach langen Jahren ist es endlich gelungen, die Jahreskarte Graz zum Preis der Halbjahreskarte durchzusetzen. Wir haben aber auch die Abschaffung des Mobilitätsschecks für Studierende oder die weitere Erhöhung der Müll- und Kanalgebühren verhindern können.

Wahlplakat der KPÖ Graz für die Gemeinderatswahlen 2012

UZ: Seit 2005 sind Sie Wohnungsstadträtin, medial wird immer wieder ihr atypischer Politstil thematisiert. Wie kann man sich Ihre Arbeit vorstellen?

Elke Kahr: Allein in den letzten vier Jahren waren mehr als 16.000 Menschen persönlich bei mir und haben konkrete Beratung und Unterstützung erfahren. Darüber hinaus bin ich wöchentlich in den Siedlungen unterwegs, schau mir die Probleme von Mieterinnen und Mietern in privaten Wohnhäusern vor Ort an, bin bei Mieterversammlungen, mache monatlich Sprechstunden im Vinzimarkt und anderen Sozialeinrichtungen.
Konkret für die Menschen da zu sein, wenn sie Anliegen und Probleme haben, aber auch sie bei ihren Forderungen aktiv zu  unterstützen, gehört zu meinem politischen Selbstverständnis.

UZ: Zu Beginn des Wahlkampfes hat die KPÖ das Rennen um Platz zwei ausgerufen. Als härteste Konkurrentin gilt die FPÖ. Könnte man das halten dieses zweiten Platzes als ein Wahlziel der KP bezeichnen?

Elke Kahr: Natürlich. Gerade die letzten Jahre haben gezeigt, wie wichtig es ist, dass eine konsequent soziale Partei stark im Gemeinderat vertreten ist. Der Gebührenstopp, die viel billigere Jahreskarte, das Verhindern von Privatisierungen und von Sozialabbau, aber auch, dass auch einmal bei der Parteienförderung oder den Repräsentationsausgaben gekürzt wurde statt bei den Ärmsten, wäre ohne starke KPÖ wohl nicht denkbar.
Außerdem: es würde einen großen Unterschied machen, ob die KPÖ zweitstärkste Partei bleibt – oder ob es die FPÖ wird.

UZ: Die Grazer Freiheitlichen gelten selbst in der FPÖ als Rechtsausleger – wie sind diese zu beurteilen?

Elke Kahr: Die Grundeinstellung der FPÖ zu Fragen der Integration und ihre äußerst rechte Tradition ist ja bekannt. Was aber oft übersehen wird: Die FP ist eine Partei der Konzerne und der Reichern, die in der schwarz-blauen Koalition schon bewiesen hat, dass sie für die Reichen und gegen die Mehrheit der Bevölkerung agiert. Dass dabei auch ein paar Millionen an Schmiergeld abfallen, gehört zum Geschäft.
Die FPÖ hat – zusammen mit ÖVP und SPÖ – im Grazer Gemeinderat auch all unsere Anträge gegen die Abschaffung der Wohnbeihilfe abgelehnt. Weil in Graz tausende Menschen davon betroffen sind, hat die KPÖ zweimal den Antrag gestellt, dass sich der Grazer Gemeinderat gegen die Kürzungen ausspricht und die Landesregierung auffordert, zur alten Regelung der Wohnbeihilfe zurückzukehren.

 

Zur Person:
Elke Kahr
wurde 1961 geboren und im Alter von drei Jahren von der Verkäuferin Edith und dem Schlosser Otto Kahr adoptiert. Sie besuchte die Volksschule Neuhart, die Hauptschule in St. Andrä und danach die Handelsschule in der Grazbachgasse. Bis sie 1985 begann für die Grazer KPÖ zu arbeiten, der sie seit 1983 angehörte, war sie für die Kontrollbank tätig und holte abends die Matura nach. Seit 1993 ist sie Gemeinderätin, seit 1998 Klubobfrau der KPÖ, seit 2005 Wohnungsstadträtin und seit Juni Vizebürgermeisterin in Graz. Von 2003 bis 2004 war sie stellvertretende Bundesvorsitzende der KPÖ.

Fotos: KPÖ Graz; Titelbild: Elke Kahr auf der Demonstration gegen die Abschaffung der Wohnbeihilfe am 12. Oktober 2015 (Hanno Wisiak/KPÖ Graz)

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1 Kommentar

  1. Das ist das alte Politikerspiel zuerst geben und dann wieder einfordern und was die Fpoe will und es durch ziehen wird da werdet ihr nie darauf kommen?

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