Der Senderschelm der Stunde, Medienmokierer des Monats, Kommunikationskabarettist und comandante en jefe aller Glotzenguerrilleros heróicos, the funny German Jan Böhmermann hat diese Woche Fernsehgeschichte geschrieben. Darüber sind auch in deutschen Medien – alternativen wie etablierten – sinnvolle Zeilen verfasst worden. Im Vordergrund der Kritik stand der Gesamtzusammenhang des Fingerzeigs.
Da hielt man einen einstündigen Vortrag von Yanis Varoufakis dem bei Jauch verkürzten Ausschnitt weniger Sekunden entgegen. Jenes Land, welches Europa in 31 Jahren bei zwei Gelegenheiten verwüstete (wie der Nebelgrenadier richtig anmerkt), empört sich spießig über einen Mittelfinger aus jenem Land, zu dessen Knechtung es heute beiträgt.
Gewaltdebatte
Dieser Knechtung widersetzten sich am Mittwoch über 20.000 Menschen in Frankfurt. Streifenwagen, Glasscheiben, Mistkübel gingen zu Bruch oder fingen Feuer. Das Gerücht über den vermeintlichen Angriff auf ein Asylwerberwohnheim machte die Runde. Es stellte sich wieder die Frage, wie sinnig es ist, einen kleinen Krämerladen oder ein großes Kaufhaus zu demolieren. Im Bundestag vereinigte sich die Parlamentsmehrheit gegen die Linkspartei. Deren Abgeordnete Heike Hänsel kritisierte die Heuchelei in der Gewaltdebatte. Zuspruch erhielt sie von Jakob Augstein: „Was ist mehr wert: Das Leben eines griechischen Rentners? Oder ein deutscher Streifenwagen?“ Doch Augstein gehört zu jenen Salonlinken, die sich vermutlich noch nie Pfefferspray aus den Augen spülten. Der ehemalige Kapitän der Titanic fasste diese Haltung gut zusammen: der Deutsche mag Krawalle, aber bitte nicht in seinem Vorgarten. Frei nach Lenin gilt dies auch für Flüchtlinge, Kleinkinder, große Hunde, Moslems und Solarkraft.
Staatsgewalt
Gegen Moslems ging es auch bei uns. Am Donnerstag wurde ein junger Dschihadist am Flughafen Schwechat festgenommen. Während er sich geläutert gab, warb Außenminister Sebastian Kurz für eine militärische Intervention gegen den IS. Welcher Jurist braucht schon die Neutralität? Der Teenager sitzt mittlerweile in der Josefstadt ein. Ihm drohen schwerere Haftbedingungen als anderen Erstverurteilten. Deren Alltag versuchte die ORF-Dokureihe Am Schauplatz zu ergründen. Dort gab es kumpelhafte AufseherInnen und einen abgebrannten Bankräuber zu sehen. Mit ihm hielt man sich zu lang auf, die Abläufe im Knast selbst blieben unterbelichtet – wie die Erinnerung an Ernst Kirchweger und der Freitagvormittag.
Naturgewalt
Islamophobie und partielle Sonnenfinsternis boten der taz und der Titanic Anlass, PEGIDA köstlich auf’s Korn zu nehmen. Das astronomische Ereignis an sich sorgte für Begeisterung und einen erhöhten Tidenhub, aber auch manche Panikmeldung war im Umlauf. Da hielt es ausgerechnet Michael Jeannée für nötig, die Astrologie gegen das naturwissenschaftliche Schwergewicht Werner Gruber zu verteidigen. Apropos Hetze: die Heute schoss mit dem Foto zu diesem Artikel den Vogel ab. Boykottieren Sie dieses Drecksblatt jetzt!
Foto: ‚Ausgebrannter Einsatzwagen der Polizei (18. März 2015)‘ vom Frankfurter Jonas M Luster auf Wikipedia.